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Politik

Seehofer: "Wir wollen Salvini ehrlich helfen"

Bernd Riegert Helsinki
18. Juli 2019

Beim Treffen der EU-Innenminister ist noch nicht geklärt worden, welche Staaten regelmäßig Gerettete aus dem Mittelmeer aufnehmen sollen, sagte Innenminister Horst Seehofer im DW-Interview. Ein Dutzend könnte dabei sein.

Horst Seehofer Porträt Interview
Bild: DW/B. Riegert

Deutsche Welle: Herr Seehofer, Sie haben mit den EU-Innenministern beim Treffen hier in Helsinki einen sogenannten "kontrollierten Notfallmechanismus" zur Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer im Grundsatz verabredet. Trotzdem wurde eine endgültige Entscheidung, wie der genau funktionieren soll in den September verschoben. Warum sind Sie heute noch nicht weiter gekommen?

Horst Seehofer: Weil die Positionen sehr kontrovers sind in Europa. Wir werden die Migrationsproblematik nur dann lösen, wenn ein großer Teil der Mitgliedsstaaten mitwirkt bei der Bewältigung der Probleme - insbesondere bei der Seenotrettung. Da war es heute noch nicht möglich, die widerstreitenden Interessen zusammenzuführen, aber wir haben einen beachtlichen Schritt vorwärts gemacht, indem wir vereinbart haben, dass es ab Montag in Paris weitergeht. Und dann kommt die finale Runde mit Entscheidung Anfang September in Malta. Das ist vereinbart mit Italien und Malta. Auch die Franzosen stehen an unserer Seite. Deshalb glaube ich, dass wir die Lösung Anfang September bekommen.

Migranten auf dem deutschen NGO-Schiff "Alan Kurdi" im Hafen von Valetta, Malta, Anfang JuliBild: Reuters/D. Zammit Lupi

Gibt es denn jetzt eine "Koalition der Willigen", also Staaten, die bereit wären, Menschen im Falle einer Einigung auf eine Notfall-Lösung regelmäßig aufzunehmen?

Ja, ich glaube, dass wir eine beachtliche Zahl von Staaten zusammenbekommen. Das Neue wäre übrigens, dass wir nicht abwarten bis alle Staaten zustimmen, sondern es muss eine vorzeigbare Größenordnung sein. Ich würde mal schätzen - nach der heutigen Diskussion - dass wir eine Chance haben, mindestens ein Dutzend der Mitgliedsstaaten dafür zu gewinnen.

Viele der Menschen, die heute im Mittelmeer gerettet werden, haben keinen Anspruch darauf, nach derzeitigen EU-Regeln, Asyl in der EU zu bekommen. Wie wollen Sie diese Menschen behandeln? Sollen die in Italien bleiben? Wollen Sie die nach Deutschland holen oder wie soll dieser Notfall-Mechanismus funktionieren?

Da sind wir übereinstimmend der Auffassung, dass diese Menschen schnellstmöglichst wieder in ihre Herkunftsstaaten zurück geschickt werden müssen. Wir überlegen jetzt und arbeiten an einem Mechanismus, der dies gewährleistet. Und zwar muss die Rückführung sowohl von den Anlandungshäfen als auch von den Mitgliedsstaaten Europas innerhalb weniger Wochen gewährleistet sein.

Was halten die Deutschen von der EU-Politik zur Seenotrettung im Mittelmeer?

Wie wollen Sie vermeiden, dass eine Seenotrettung mit dem neuen "Notfall-Mechanismus" noch mehr Menschen dazu bringt, sich auf den Weg zu machen?

Dagegen gibt es ja Mechanismen, die heute schon wirksam sind, nämlich die Rückführung aus Libyen zurück in die Herkunftsländer. Bei den Zahlen, die ich kenne, ist das bei etwa 40.000 Menschen gelungen. Wir haben die Küstenwache Libyens vor der Küste Libyens, um diese unkontrollierten Absetzungen zu unterbinden. Die italienische Regierung hat in diesen Tagen erklärt, sie werde die libysche Küstenwache noch stärker unterstützen. Wir als Europäer müssen auch das deutliche Signal aussenden, dass jemand ohne Schutzbedarf in Europa auch keinen Aufenthalt bekommt. Und auch die Nichtregierungsorganisationen haben eine Verantwortung, illegale Migration nicht indirekt zu befördern.

Haben Sie den Eindruck, dass Italien sich konstruktiv verhält?

Ja, ich haben den Kollegen Matteo Salvini gestern und heute sehr am Argument ausgerichtet erlebt. Wir hatten ja auch bilaterale Gespräche, und die waren sehr von der Sache getragen. Wobei ich Verständnis habe, wenn Malta und Italien der Auffassung sind, sie können nicht für ganz Europa die Migrationsthematik schultern. Also müssen wir sie unterstützen. Nur dann wird das in Europa funktionieren. Wir haben Salvini deutlich gemacht, dass wir ihm ehrlich helfen wollen. Er hat auch Anliegen, die berechtigt sind, nämlich, dass innerhalb weniger Wochen entschieden wird, wer schutzbedürftig ist. Denn, wenn das Monate dauert, verfestigt sich der Aufenthaltsstatus. Das waren sehr konstruktive Gespräche, auch mit anderen Mitgliedsstaaten.

Horst Seehofer (70) ist seit März 2018 Bundesinnenminister und anderem für Migration zuständig. Der CSU-Politiker vereinbarte vor einem Jahr einen "Migrations-Pakt" mit dem rechtspopulistischen Innenminister Italiens, Matteo Salvini, der bislang aber noch kein konkretes Ergebnis hat. 

Das Gespräch führte Bernd Riegert.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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