Hrubesch: "Wir konnten Eins-gegen-Eins"
3. Juli 2013DW: Wie wurde in den 80ern Fußball gespielt?
Horst Hrubesch: Genauso wie heute, auf dem gleichen Platz. Sicherlich einige Regeln sind verändert worden, aber ich denke, es wurde guter Fußball gespielt. Man sieht es ja auch an den Spielern. Wenn man in die Zeiten zurückgeht, ob es ein Beckenbauer, Overath, Netzer war oder wie sie alle hießen. Dazu kamen nachher dann Rummenigge, Kaltz, Magath, Keegan, die in der Zeit dabei waren. Das waren viele Top-Fußballer, die es sicherlich heute auch wieder gibt. Ich denke, dass der Unterschied nicht so groß ist. Ich glaube sogar, dass die Spieler von früher auch heute spielen könnten.
In jedem Fall sah der Fußball damals anders aus. Was waren die Unterschiede?
Ja, die Unterschiede… Es hat seitdem einige Regeländerungen gegeben, zum Beispiel beim Abseits. Dazu kam, dass wir früher nur einen einzigen Spielball im Stadion hatten. Der Torwart durfte den Ball bei einem Rückpass in die Hand nehmen. Das ist natürlich heute nicht mehr so. Auf der anderen Seite wird immer gesagt, heute sei alles schneller. Ob es alles besser ist, weiß ich nicht, aber es ist sicherlich interessant. Was hat sich verändert? Ich denke mal, die Trainingslehre ist anders geworden. Man hat also, wenn man das heute vergleichen würde, früher total verkehrt trainiert.
Inwiefern denn?
Zum Beispiel das extreme Training, was da früher immer gegeben wurde, ob das die Medizinbälle waren oder dies und jenes war. Es wurde viel Wert auf Krafttraining gelegt. Heute hat sich die Sportmedizin in dieses Geschäft mit reingearbeitet, so dass wir da letztendlich mehr oder weniger unter wissenschaftlichen Aspekten trainieren. Es sind Psychologen mit dazu gekommen, das war ja alles zu unserer Zeit nicht.
Und was waren das für Spieler, in den 80ern? Was standen da für Typen auf dem Platz?
Also, die Grundlage des Fußballspiels, da bleibe ich dabei, ist ja heute nichts anderes. Wenn ich Eins-gegen-Eins spielen kann, dann bin ich der Gewinner. Und das ist der entscheidende Faktor. Wir waren in der Lage, Eins-gegen-Eins zu spielen. Wenn ich jetzt mal von Hamburg ausgehe, ob es jetzt ein Ivan Buljan war, Ditmar Jakobs, Jimmy Hartwig, Peter Nogly, Peter Hidien und wie sie alle heißen, die konnten alle im Eins-gegen-Eins ihre Duelle gewinnen. Sie haben wenige Duelle verloren. Und das ist entscheidend: Je mehr du im Ballbesitz bist, umso mehr Möglichkeiten hast du, selbst ein Spiel zu bestimmen. Das ist ja der entscheidende Faktor.
Aber waren die Fußballer damals positionstreuer?
Nein, wir haben aus den Positionen heraus gespielt, aber es war flexibel. Mit Ernst Happel waren wir sicherlich eine der Mannschaften, die damals sehr modern gespielt haben. Wir hatten eine Grundaufstellung, aus der Grundaufstellung heraus haben wir dann gespielt. Es wurde übergeben, übernommen, auf den Außenpositionen sowieso, dass der hintere nach vorne gegangen ist, auch im Mittelfeld. Selbst wenn man Manni Kaltz nimmt, der mehr Rechtsaußen gespielt hat, als rechter Verteidiger. Das gleiche war mit Caspar Memering auf der linken Seite, mit dem Bernd Wehmeyer, der auch vorne gespielt hat. Der Felix Magath hat sich überall aufgehalten, Kevin Keegan hat zu meiner Zeit auch sehr variabel gespielt. Wenn ich da die Hamburger Zeit nehme, muss ich sagen, war das einfach perfekt gespielt, zu der Zeit.
Horst Hrubesch arbeitet seit Jahren erfolgreich als Nachwuchstrainer für den Deutschen Fußballbund (DFB). 2008 gewann er mit der U19 die EM, 2009 wurde er mit der U21 erneut Europameister. Als Spieler machte Hrubesch 21 Länderspiele. Er holte 1980 mit der deutschen Nationalelf den Europameistertitel und wurde 1982 Vizeweltmeister. In der Bundesliga stürmte das "Kopfballungeheuer" für Essen, Hamburg und Dortmund. In 224 Bundesligapartien schoss er 136 Tore. Mit dem HSV wurde er 1979, 1982 und 1983 Deutscher Meister und gewann 1983 den Europapokal der Landesmeister.
Das Gespräch führte Kamilla Jarzina