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Humboldt Forum: Ort des Weltverstehens

Gero Schließ
2. November 2016

Was haben Küchenabfälle mit dem Humboldtstrom zu tun? Die Antwort gibt es im Humboldt-Forum, verspricht Intendant MacGregor. Drei Jahre vor der Eröffnung im Berliner Schloss stellte er das Konzept des Kulturzentrums vor.

Berlin Baustelle vom Stadtschloss
Bild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene

 "Wer die Welt verstehen will, geht ins Humboldt Forum", gab sich Neil MacGregor, einer der Gründungsintendanten des ambitionierten Projekts, selbstbewusst, als er am Mittwoch zusammen mit seinen beiden Kollegen Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, und dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp das mit Spannung erwartete Konzept für das neue Kulturzentrum vorstellte. "Die Museumssammlungen dienen als Basis für ein Verständnis der Verflechtungen der Welt und ermöglichen es uns – dem humboldtschen Geist entsprechend – die Welt als Ganzes zu denken und zu verstehen", so MacGregor.

Ende 2019 soll das Humboldt Forum im wiederaufgebauten Berliner Schloss seine Pforten öffnen, einen Vorgeschmack gibt es jetzt schon mit einer ersten Ausstellung. Sie ist in in der sogenannten "Humboldt-Box" untergebracht, einem provisorischen Bau, der direkt neben der Baustelle des Stadtschlosses errichtet wurde. Besucher könnten sich hier als Nachfolger des Forschungsreisenden Alexander von Humboldt (1769-1859) verstehen und dank der reichen Berliner Sammlungen auf Weltreise begeben, kündigte MacGregor an.

Exponate erzählen Geschichten

Totenbündel aus Peru. Ein Grabbeigabe in der Form einer menschlichen KörpersBild: DW/G. Schliess

Sein Plan für das Humboldt Forum ist auf den ersten Blick verblüffend einfach und knüpft an seine Ausstellungsphilosophie an, die er als Direktor des British Museum erfolgreich exerzierte und wegen der er als hochgelobter Ausstellungsguru nach Berlin abgeworben wurde: Er will "die ganze Welt in Objekten denken" und vom Einzelobjekt ausgehend Geschichten erzählen, die Kultur, Wissenschaft und Bildung miteinander verknüpfen. "Interdisziplinäres Denken" heißt das in der Museumssprache und ist nicht ganz neu. 

MacGregor hat dieses Konzept auch in der Einzelausstellung "Extreme! Natur und Kultur am Humboldtstrom" umgesetzt. Gezeigt werden soll, wie eng verzahnt Natur und Kultur sind. Die Besucher werden nach Peru entführt und erfahren mehr über die kalte Meeresströmung vor der Westküste des Kontinents, die wissenschaftlich erstmals von Alexander von Humboldt Anfang des 19. Jahrhunderts beschrieben wurde. In der Mitte des Raumes steht ein sogenanntes "Totenbündel" in Form einer menschlichen Gestalt. Es ist rund 900 Jahre alt, eine Grabbeigabe, die die Inka mit Mais, Coca-Blättern und Stachelaustern füllten. Wegen der extremen Trockenheit an der peruanischen Küste ist das Exponat gut erhalten. Ein Film klärt darüber auf, warum das Phänomen El Niño für das extreme Klima der Region verantwortlich ist und was das mit dem Humboldtstrom zu tun hat. 

Gründungsintendant Neil MacGregor bei der Vorstellung seines AusstellungskonzeptsBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Die Schau solle anhand von zahlreichen archäologischen Objekten aus der Pflanzen- und Tierwelt einen weiten Bogen von den wissenschaftlichen Sammlungen des 19. Jahrhunderts bis zur heutigen Klima- und Umweltforschung spannen, erklärte MacGregor. Weitere Ausstellungen im kommenden Jahr werden sich mit dem Thema Kindheit, dem Schutz von Kindern und mit Gold beschäftigen. 

Kunst der Welt als künftiges Herzstück

Das Herzstück des Humboldt Forums soll allerdings zukünftig die "Kunst der Welt" bilden, die bisher in den ethnologischen Sammlungen in Berlin-Dahlem gezeigt wird. Kulturstaatsministerin Monika Grütters verwies darauf, wie wichtig es sei, dabei die Herkunft der Exponate aus Afrika und Asien zweifelsfrei zu klären. Im Vergleich zur Provenienzforschung bei der Nazi-Raubkunst gebe es da noch Nachholbedarf. Außerdem solle es mit den Herkunftsländern einen "Dialog auf Augenhöhe" geben.

Kein gewöhnliches Museum

Das Humboldt-Forum, darüber sind sich Intendanz und Staatsministerin einig, soll kein gewöhnliches Museum sein, sondern ein einzigartiges Zentrum für Kunst, Kultur, Wissenschaft und Bildung. Grütters sprach von einem "ebenso inspirierten wie inspirierenden" Konzept: "Es verspricht ein Geschichts- und Kulturpanorama, das uns die Welt neu verstehen lässt."  

Kulturstaatsministerin Grütters: Wir bleiben im Zeit- und KostenplanBild: picture-alliance/dpa

Erste Änderungen zum Ursprungskonzept sind schon geplant: So soll beispielsweise eine Humboldt-Akademie an die Stelle der bisher geplanten Kunstbibliothek treten. Es geht also verstärkt um Vermittlung von Bildung und Wissenschaft - getreu dem Leitsatz der Brüder Wilhelm und Alexander Humboldt: "erfreuen und belehren". Mit dieser Planänderung reagiert Mac Gregor auch auf das veränderte Konzept des Landes Berlin, das in der Beletage des Humboldt Forums statt des ursprünglich geplanten Sprachen-Schwerpunkts eine bunte Berlin-Schau zeigen will. Und noch etwas ändert sich gegenüber der ursprünglichen Planung: Dem Thema Religionen soll mehr Raum gegeben werden. Damit, so Grütters, reagiere man auf die Angst, die Terroristen und religiöser Fundamentalismus verbreiteten.

Trotz dieser Nutzungsänderungen versichert die Kulturstaatsministerin: Es bleibt beim Zeitplan und bei den veranschlagten 590 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Schlosses und die Inbetriebnahme. Sie und MacGregor sind sich auch darüber einig, dass Besucher zukünftig keinen Eintritt zahlen sollen.  

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