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Hunde können COVID-19 erschnüffeln

22. Mai 2020

In einer finnischen Studie haben Hunde gelernt, den markanten Geruch der COVID-19-Infektion zu erkennen. So könnten die Tiere in Zukunft Infizierte in Pflegeheimen oder an Flughäfen ausmachen.

BG Hunde sollen Corona Erkrankung aufspüren
Bild: picture-alliance/abaca/R. Lafargue

Für die Pilotstudie der Universität von Helsinki wurden die als medizinische Diagnosehelfer ausgebildeten Hunde auf die bislang noch unbekannte Geruchssignatur des neuartigen COVID-19-Erregers trainiert. Mit erstaunlichem Erfolg: Bereits nach wenigen Wochen konnten die ersten Hunde die Urinproben von COVID-19-Patienten treffsicher von Urinproben gesunder Personen unterscheiden.

"Wir haben schon viel Erfahrung im Training von Hunden für die Erkennung von Krankheiten", so Anna Hielm-Björkman, Dozentin für klinische Forschung an Haustieren an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Helsinki. "Aber es war fantastisch zu sehen, wie schnell sie den neuen Geruch erkennen gelernt haben." Bereits nach kurzer Zeit identifizierten die Tiere den Urin von SARS-CoV-2-Infizierten fast so zuverlässig wie ein gängiger PCR-Test. 

Wichtige Erkenntnisse für andere Teams

Die sehr schnellen und vielversprechenden Erkenntnisse aus Finnland sind auch für die anderen Forscherteams etwa in Großbritannien und Frankreich wichtig, die gerade Schnüffelhunden die Erkennung von COVID-19 antrainieren.

Die Kollegen vom Deutschen Assistenzhundzentrum profitieren ebenfalls von den finnischen Ergebnissen: "Keiner konnte uns mit Sicherheit sagen, ob das Training mit dem aggressiven Erreger gefährlich oder ungefährlich für Mensch und Hund ist. Wir wollten zunächst mehr Informationen sammeln, bevor wir mit dem Training beginnen, weil uns die deutschen Virologen davon abgeraten haben - schließlich weiß man bisher noch so wenig über das Virus", erklärt Luca Barrett vom Deutschen Assistenzhundzentrum.

Auch in Frankreich werden Hunde auf den neuartigen COVD-19-Erreger trainiertBild: picture-alliance/abaca/R. Lafargue

Die finnischen Wissenschaftler bereiten jetzt eine randomisierte, doppelblinde Studie vor, bei der die Hunde eine größere Zahl von Patientenproben beschnüffeln werden. Erst dann sollen die Dufttests in die klinische Praxis übernommen werden.

Woher kommt der charakteristische Geruch?

Unklar ist bislang, welche Substanzen im Urin den offenbar charakteristischen COVID-19-Geruch erzeugen. Da das neuartige SARS CoV-2 nicht nur die Lunge angreift, sondern auch Schäden an Blutgefäßen, Nieren und anderen Organen bewirkt, verändert sich mutmaßlich auch der Uringeruch der Patienten, was die Hunde mit ihren hochsensiblen Geruchsorganen sofort bemerken.

Bestimmte Krankheiten scheinen eine spezifische Geruchssignatur zu haben, die darauf trainierte Hunde mit erstaunlicher Genauigkeit erschnüffeln können, so Barrett. "Brustkrebs zum Beispiel können die Hunde laut einer Studie mit einer Wahrscheinlichkeit von 93 Prozent erkennen. Außerdem Lungenkrebs mit einer Wahrscheinlichkeit von 97 Prozent."

Aber auch Hautkrebs, Darmkrebs, Eierstockkrebs oder Prostatakrebs könnten Hunde sehr zuverlässig identifizieren. "Gerade in den letzten Jahren ist da die Trefferquote enorm angestiegen, die in den Anfangszeiten des Trainings noch nicht so gut war", sagt Barrett.

Trefferquote entscheidend

Neben Krebs können die Hunde auch Parkinson erkennen. Ein Parkinson-Patient riecht anders, sogar schon Jahre, bevor er die Krankheit hat. "So kam man darauf, Hunde quasi als Parkinson-Frühwarnsystem auszubilden", erzählt Luca Barrett.

Luca Barrett hat das Deutsche Assistenzhundzentrum mitgegründetBild: Deutsches Assistenzhunde-Zentrum T.A.R.S.Q., Luca Barrett

Auch für Malaria werden Hunde ausgebildet, allerdings sei die Trefferquote noch nicht zufriedenstellend. Bislang erkennen die Hunde 7 von 10 Infizierten, das reiche noch nicht.

Eine hohe Trefferquote sei natürlich auch für die Trainings mit dem aggressiven SARS-CoV-2-Erreger zwingend notwendig, so Barret: "Wir hoffen, dass die Trefferquote bei Corona bei den fertig ausgebildeten Hunden deutlich höher liegt, schließlich wäre es sehr gefährlich, wenn COVID-19 nicht erkannt würde."

Geschulte Spürnasen

Hunde haben im Vergleich zu Menschen ein etwa eine Million Mal besseres Riechvermögen. Der Mensch hat rund fünf Millionen Riechzellen, der Dackel 125 Millionen und der Schäferhund 220 Millionen. 

Pro Minute atmen Hunde in kurzen Atemzügen bis zu 300 Mal ein, so werden ihre Riechzellen ständig mit neuen Geruchspartikeln versorgt. Außerdem nimmt die Hundenase rechts und links differenziert wahr, dadurch können Hunde sogar räumlich riechen und entsprechend eine Fährte verfolgen.

Fit und gesund - Therapietiere

26:01

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Bei den Trainings werden die Hunde - bevorzugt Labrador-Retriever, Retriever im Allgemeinen, aber auch Cockerspaniel oder Schäferhundrassen - jeweils auf einen Geruch trainiert. Das können Drogen und Sprengstoff, oder eben auch die Geruchssignatur einer speziellen Krankheit sein. Ein Hund kann also nicht mehrere Arten von Krebs erkennen. 

Trainiert werden die Tiere mit Behältern, die beispielsweise Atem- oder auch Schweißproben enthalten. Sobald sie den gesuchten Geruch identifiziert haben, hören die Hunde einen Klick und bekommen ein Leckerli. Nach diesem Belohnungsprinzip werden sie zuverlässig auf den einen Geruch trainiert.

Großes Potential, große Skepsis

Nicht nur Drogen- und Sprengstoffspürhunde sind bereits im Einsatz, auch die ausgebildeten medizinischen Geruchspürhunde werden bereits in Krankenhäusern eingesetzt. Sie suchen beispielsweise die Körper von Patienten mit Verdacht auf Hautkrebs nach der Krankheit ab. Natürlich nur mit deren Zustimmung. So helfen die Hunde mit dem guten Riecher bei der Diagnosefindung und der Früherkennung.

Allerdings gibt es bislang nur sehr wenige medizinische Geruchspürhunde. Fast immer arbeiten die engagierten Hundebesitzer ehrenamtlich, die ausgebildeten Spürnasen leben in einem ganz normalen Haushalt. Die Skepsis, vor allem bei klassischen Medizinern und Krankenkassen, ist groß. Obwohl auf den ersten Hinweis durch den Hund ohnehin weitere medizinische Tests folgen müssen und sich etwa durch eine Krebsfrüherkennung viel Zeit und Folgekosten sparen ließen. 

Einsatzmöglichkeiten im Kampf gegen Corona

Sollten sich die jetzt zunächst in Finnland gemachten Erfahrungen bestätigen, könnten sich die Spürhunde mit ihrem extrem empfindlichen Geruchssinn als große Hilfe im Kampf gegen das neuartige Coronavirus erweisen.

Auch an Fluhäfen könnten Corona-Spürhunde zum Einsatz kommenBild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Luca Barrett vom Deutschen Assistenzhundzentrum kann sich gut vorstellen, dass Corona-Spürhunde an Hotspots mit hoher Ansteckungsgefahr eingesetzt werden, also etwa bei Einlasskontrollen für Fußballspiele und andere Großveranstaltungen.

Oder auch bei der Einreise an Flughäfen. "Wenn die Hunde die Schlange abgehen, können sie erkennen, ob jemand 'gesund' ist und einreisen kann. Sollte eine Person nach COVID-19 riechen, kann der Hundeführer diese Person dann stattdessen zu einem Corona-Testzentrum schicken", so Barrett. Denn natürlich braucht es nach dem ersten Erschnüffeln immer noch einen zweiten Test zur Bestätigung.

Laut Barrett könnten Hunde auch für die Suche des Virus auf Oberflächen eingesetzt werden. Bevor beispielsweise Passagiere in ein Flugzeug steigen, könnte zunächst der Vierbeiner checken, ob die Maschine COVID-frei ist. Ähnliches sei für Arztpraxen, Alten- oder Pflegeheime geplant, die wegen Corona-Fällen geräumt werden mussten. Bevor diese wieder genutzt werden, könnte ein Spürhund prüfen, ob die Umgebung "sauber" ist.

 

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