1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Hunderte Verletzte bei Protesten in Beirut

19. Januar 2020

Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Beirut sind fast 400 Menschen verletzt worden. Präsident Aoun setzt nun auf Armee und Sicherheitsapparat, um die Ruhe wiederherzustellen.

Libanon Krise l Proteste und Unruhen gegen Korruption und Misswirtschaft
Bild: picture-alliance/AA/H. Chbaro

Der Libanon hat den gewalttätigsten Tag seit Beginn der Proteste vor drei Monaten erlebt: Wie aus Zahlen des libanesischen Roten Kreuzes und der Zivilschutzbehörde hervorging, mussten am Samstag mindestens 377 Menschen medizinisch versorgt werden.

Präsident Michel Aoun wies die Minister für Verteidigung und Inneres an, für ein Ende der Unruhen und für Sicherheit zu sorgen. Die Öffentlichkeit und Privateigentum müssten geschützt werden, teilte das Büro des Präsidenten mit. In einem Tweet rief Aoun zugleich dazu auf, friedliche Demonstranten zu schützen.

Das Land wird seit Mitte Oktober von Protesten gegen Korruption und Misswirtschaft erschüttert. Die Wut der Bevölkerung hat in den vergangenen Wochen noch zugenommen, weil sich ihre wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert und es mehr als zwei Monate nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Saad Hariri noch immer keine neue Regierung gibt.

Präsident Michel Aoun (l.) mit dem designierten Premierminister Hassan Diab im DezemberBild: picture-alliance/AP Photo/H. Malla

Die Zusammenstöße am Samstag begannen, als einige Dutzend Demonstranten Mitglieder der Bereitschaftspolizei angriffen, die sich hinter Absperrungen und Stacheldraht vor dem Parlament postiert hatten. Demonstranten, einige von ihnen vermummt, bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen, Blumentöpfen, Straßenschildern und anderen Gegenständen. Andere Demonstranten versuchten, eine Polizeiabsperrung vor dem Regierungssitz zu durchbrechen.

Bild: picture-alliance / Xinhua/B. Jawich

Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die Angreifer vor. Wie ein AFP-Reporter berichtete, feuerten die Sicherheitskräfte auch Gummigeschosse ab. In vornehmen Straßen der Beiruter Innenstadt hingen dicke Rauch- und Tränengasschwaden in der Luft, immer wieder waren die Sirenen von Rettungswagen zu hören. Demonstranten zertrümmerten Schaufensterscheiben und riefen "Revolution, Revolution". Geldautomaten, Verkaufsstände sowie Müll brannten. Gefällte Bäume blockierten die Straßen.

Bild: picture-alliance/Xinhua/B. Jawich

Human Rights Watch sprach von "brutaler" Polizeigewalt gegen "größtenteils friedliche Demonstranten". Der stellvertretende Leiter der Nahost-Abteilung der Menschenrechtsorganisation, Michael Page, sagte, die Polizisten hätten Tränengas- und Gummigeschosse auf Kopf- und Augenhöhe der Demonstranten abgefeuert und auch "Menschen in Krankenhäusern und Moscheen angegriffen".

Bild: picture-alliance/AP Photo/H. Ammar

Laut der staatlichen Nachrichtenagentur ANI wurden rund 30 Menschen vorübergehend festgenommen. Hariri, der Ende Oktober unter dem Druck der Proteste zurückgetreten war, sprach von "verdächtigen und verrückten" Vorgängen in Beirut und machte "Eindringlinge" für die Gewalt verantwortlich. Aktivisten riefen zu neuen Protesten auf.

Bild: Reuters/M. Azakir

Hariris designierter Nachfolger Hassan Diab hat es bislang nicht geschafft, ein Kabinett zu bilden. Regierungsbildungen im Libanon dauern wegen des komplexen politischen Systems oft monatelang.

stu/qu (afp, rtr)

 

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen