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Hunderttausende demonstrieren in Kiew

2. Dezember 2013

In der Ukraine haben Hunderttausende für den Sturz von Präsident Janukowitsch demonstriert. Es war die größte Kundgebung im Land seit 2004. In kleinererm Maßstab gingen die Proteste am Montag weiter.

Demonstranten errichten am Unabhängigkeitsplatz in Kiew Barrikaden (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Kiew: Zugang zu Regierungssitz blockiert

01:37

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Überschattet von schweren Krawallen haben hunderttausende Befürworter einer EU-Annäherung in Kiew den Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch gefordert. Bei Zusammenstößen zwischen Polizisten und Randalierern im Regierungsviertel wurden am Sonntag mindestens 150 Menschen verletzt, wie die Behörden mitteilten. Dagegen blieb es bei der Großkundgebung auf dem Unabhängigkeitsplatz, dem Maidan, im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt friedlich.

Hunderttausende treibt es auf die Straße

Der regierungskritische Fernsehsender 5. Kanal sprach von etwa 700.000 Demonstranten, andere Quellen gaben die Zahl der Kundgebungsteilnehmer mit deutlich mehr als 200.000 an. Sicher ist in jedem Fall: Es war die mit Abstand größte Kundgebung in der Ukraine seit der prowestlichen Orangenen Revolution 2004 um die derzeit inhaftierte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko.

Kiew: Zugang zu Regierungssitz blockiert

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Am Montag forderten bei erneuten Protesten Tausende Oppositionsanhänger im Regierungsviertel in Kiew den Rücktritt von Ministerpräsident Nikolai Asarow. Ein Amtsverzicht des engen Vertrauten von Staatschef Viktor Janukowitsch wäre ein "erster wichtiger Schritt", sagte Arseni Jazenjuk von der Vaterlandspartei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. Hunderte Demonstranten halten weiter die Gewerkschaftszentrale und das Rathaus besetzt. Die Polizei rief die Oppositionsanhänger auf, die Gebäude unverzüglich zu räumen.

Beobachter sprachen von deutlich weniger Demonstranten als am Sonntag. Nach den Massenprotesten harrten etwa 5000 Menschen in der Nacht zum Montag im Zentrum von Kiew aus. Sie errichteten auf dem Unabhängigkeitsplatz zahlreiche Zelte und auch Barrikaden. Bei leichtem Regen und plus vier Grad Celsius wärmten sich viele an kleineren Feuern.

Die Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko hatte die neuen Proteste vor dem Regierungssitz angekündigt. "Wir müssen das ganze Land mobilisieren und dürfen nicht die Initiative verlieren", sagte Klitschko. "Unser Ziel ist der vollständige Regierungswechsel in der Ukraine", sagte der Chef der Partei Udar. Der Anführer der rechtspopulistischen Partei Swoboda, Oleg Tjagnibok, rief zu einem landesweiten Generalstreik auf.

Der Innenminister bedauert den Polizei-Einsatz

Die Demonstranten riefen am Sonntag in Sprechchören immer wieder "Revolution" und schwenkten Fahnen der Europäischen Union als Forderung nach einem Westkurs ihres Landes. Auf Plakaten gaben sie zudem der Regierung die Schuld an einem brutalen Polizeieinsatz gegen EU-Anhänger am Samstag in Kiew. Dabei waren zahlreiche Menschen verletzt worden. Innenminister Witali Sachartschenko entschuldigte sich inzwischen für das Vorgehen der Sondereinheit "Berkut". Polizeichef Waleri Korjak bot seinen Rücktritt an.

Präsident Janukowitsch versicherte, alles für eine schnelle Annäherung an die EU zu tun. Es gehe aber darum, wirtschaftliche Verluste zu vermeiden, rechtfertigte er seinen bisherigen Kurs. Der ukrainische Präsident hatte nach starkem Druck des Nachbarlands Russland die Unterschrift unter ein weitreichendes Abkommen über engere Zusammenarbeit und freien Handel mit der Europäischen Union verweigert.

Der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko spricht in Kiew zu den DemonstrantenBild: SERGEI SUPINSKY/AFP/Getty Images

Westerwelle mahnt Versammlungsfreiheit an

Der scheidende Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte derweil die Ukraine auf, "die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten und die friedlich Demonstrierenden vor jeder Art von Einschüchterung und Gewalt zu schützen". Auch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen rief Regierung und Demonstranten im zweitgrößten Flächenstaat Europas zur Absage an Gewalt auf. "Ich appelliere an alle Parteien, unter allen Umständen auf Gewalt zu verzichten", heißt es in einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Es sei "das Recht des Volkes, überall seine Ansicht in demokratischer Weise auszudrücken", betonte er.

Die Außenminister von Polen und Schweden, Radek Sikorski und Carl Bildt, betonten, die EU sei weiter zu einem Assoziierungsabkommen mit der Ukraine bereit. "Aber angesichts des Fehlens jeglicher Beweise für Wirtschaftsreformen werden wir uns nicht an einem bedeutungslosen Bieterkrieg über die Zukunft der Ukraine beteiligen", heißt es in einer Mitteilung.

haz/det/kle (dpa, rtr, afp)

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