1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

"Hunger bedrohlicher als Corona"

15. Mai 2020

Hilfsorganisationen warnen: Die Corona-Krise trifft mit voller Wucht die Menschen in Entwicklungsländern - auch jene, die sich gar nicht mit dem Virus infizieren. Besonders gefährdet sind Kinder.

Jemen | Kind mit Mundschutz trägt Hilfsgüter in Taez
In der jemenitischen Stadt Taiz nimmt ein Junge Lebensmittelhilfe entgegen (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/A. Al-Basha

"Wir müssen damit rechnen, dass die Zahl der Hungernden auf über eine Milliarde steigen wird", warnte der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Mathias Mogge. Als Folge der Pandemie würden langfristig deutlich mehr Mittel zur Bekämpfung von Hunger, Armut und fehlender Bildung benötigt.

Die Verdienstmöglichkeiten der Schwächsten fielen mit einem Schlag weg, wenn etwa Tagelöhner und Wanderarbeiter wegen der Corona-Beschränkungen nicht mehr arbeiten könnten. "Für sie ist die Gefahr, an Hunger zu sterben, bedrohlicher als das Virus selbst", sagte Mogge bei der Vorstellung des diesjährigen "Kompass 2020". Der Bericht zur Entwicklungshilfe wurde von der Welthungerhilfe und Terres des Hommes gemeinsam verfasst.

Aushungern als Kriegswaffe

Beide Organisationen pochen darauf, dass Deutschland seinen internationalen Verpflichtungen schnellstmöglich nachkommt. Mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens müssten für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben werden.

Eine Krankenschwester mit einer Patientin im kenianischen Waithaka nahe der Hauptstadt NairobiBild: Getty Images/AFP/T. Karumba


Einen Schwerpunkt legt die seit 1993 jährlich erscheinende "Kompass"-Analyse auf die Lage in Konflikt- und Krisengebieten. Hier müsse die UN-Sicherheitsratsresolution zur Ächtung des Aushungerns als Kriegswaffe aus dem Jahr 2018 wirksam umgesetzt werden. Explizit geht der Bericht auf die prekäre Lage im afrikanischen Mali und im Südsudan ein.

UN: 66 Millionen Kinder von Armut bedroht

Birte Kötter, Vorstandssprecherin von Terre des Hommes, erklärte, im Zuge der Corona-Pandemie bestehe die Gefahr, dass vor allem Kinder auf Dauer zu Verlierern würden. Deren Schutz und Förderung werde in der Entwicklungszusammenarbeit zu wenig beachtet. So flössen nur elf Prozent der Mittel in Bildung, obwohl Bildungsförderung die Kinderarmut verringere, sagte Kötter. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen könnten durch die Corona-Krise weitere 66 Millionen Kinder von extremer Armut bedroht sein.


Medizinisches Personal in einer Klinik in Guineas Hauptstadt ConakryBild: Getty Images/AFP/C. Binani

Hinzu kommt ein starker Anstieg von Gewalt gegen Minderjährige. Die Organisation World Vision nennt als Beispiel Bangladesch, wo Eltern ihre Kinder seit Beginn der Pandemie häufiger schlügen. Dort habe es 40 Prozent mehr Anrufe beim Kinder-Not-Telefon gegeben. Ein Grund sei die Schließung von Schulen und anderen sozialen Einrichtungen. "Das Zuhause ist nicht für alle Kinder ein sicherer Ort und durch Kontaktsperren sind viele Familienmitglieder mit gewalttätigen Menschen isoliert", sagte World-Vision-Direktorin Dana Buzducea.

"Wenn wir uns engagieren, ziehen andere mit"

Der Deutsche Bundestag debattierte ebenfalls über die humanitären Folgen der Pandemie. Außenminister Heiko Maas sagte, der Bedarf zur Bekämpfung der Krise weltweit habe sich binnen weniger Wochen vervielfacht. Deutschland solle sich noch mehr einsetzen - aus moralischer Verpflichtung und als Vorbild weltweit. "Wenn wir uns engagieren, werden andere Geber mitziehen", erklärte Maas.

Auch Vertreter der Opposition verlangten entschiedene Maßnahmen, um die Schwächsten zu unterstützen. "Wir müssen bei der humanitären Hilfe klotzen und nicht kleckern", sagte die Grünen-Politikerin Margarete Bause.


jj/uh (dpa, epd, kna)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen