1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hunger statt Abhängigkeit in Nordkorea

23. September 2005

Rund ein Viertel der Menschen in Nordkorea leidet an Hunger. Dennoch will die Regierung in Pjöngjang künftig keine ausländischen Lebensmittelhilfen mehr einführen.

Keine Hilfe mehr für die KleinenBild: AP

Nordkorea will bis zum Ende des Jahres die humanitären Hilfen, die es von den Vereinten Nationen (UN) erhält, einstellen. Der stellvertretende Außenminister des isolierten Landes, Choe Su Hon, hat UN-Generalsekretär Kofi Annan den Entschluss Ende September in New York mitgeteilt. Die Lebensmittelsituation habe sich entspannt, so der Außenminister: Die Ernte von Kartoffeln, Weizen und Gerste sei in diesem Jahr gut ausgefallen, weshalb das Land besser für sich selbst sorgen könne.

Entwicklungshilfe statt humanitäre Hilfe

Den USA warf der Außenminister vor, zu versuchen, die Angelegenheit politisch auszuschlachten und mit Menschenrechtsfragen zu verbinden. Ein Sprecher des US-Außenministeriums wies die Vorwürfe scharf zurück. Choe sagte, Nordkorea werde die internationale Gemeinschaft aber weiter um Entwicklungshilfe bitten. Dabei geht es im Wesentlichen um Hilfen, die das Land zur Selbsthilfe befähigen sollen, etwa zum Ausbau der Infrastruktur. Bei humanitären Hilfen handelt es sich vorwiegend um Lebensmittel- sowie Medizin-Lieferungen. Außenminister Choe zufolge habe UN-Generalsekretär Annan mit Verständnis auf sein Ersuchen reagiert.

Vertreter der größten internationalen Hilfsorganisation im Land, dem UN-Welternährungsprogramm (WFP) sehen diesen Schritt Pjöngjangs kritisch. Das Programm versorgt rund 6,5 Millionen der 22,5 Millionen Nordkoreaner, die von Hunger bedroht sind. Die Behörde hatte jüngst berichtet, dass sich die Versorgungslage in Nordkorea zwar verbessert habe, allerdings noch internationale Hilfe gebraucht werde. Nordkorea sollte in diesem Jahr 100.000 Tonnen Reis vom WFP, 500.000 Tonnen Reis aus Südkorea und 150.000 Reis aus China bekommen. Das Land ist seit rund zehn Jahren auf Lebensmittelhilfe für seine Bevölkerung angewiesen. Es erholt sich nur langsam von der großen Hungersnot Mitte bis Ende der 1990er Jahre, in deren Verlauf bis zu zwei Millionen Menschen starben.

Kultur der Abhängigkeiten?

Nach Angaben von WFP-Sprecher Gerald Bourke wolle Pjöngjang vermeiden, "dass sich in Nordkorea eine Kultur der Abhängigkeit von ausländischen Lebensmitteln entwickele". Seine Organisation berate zurzeit mit den Geberländern über Nordkoreas Haltung. Aus Sicht des WFP besteht in Nordkorea nach wie vor ein "substanzielles Defizit" an Lebensmitteln, Unter- und Fehlernährung sei "immer noch ein großes Problem", so Bourke.

Die kommunistische Führung des Landes hat in den vergangenen Monaten auch die Möglichkeit der internationalen Organisationen eingeschränkt, die Verteilung der Hilfsgüter vor Ort zu überwachen. WFP-Mitarbeiter - ebenso wie Vertreter anderer internationaler Hilfsorganisationen in Nordkorea - dürfen mittlerweile seltener als vor einem Jahr Kontrollbesuche machen.

Auch deutsche Organisationen betroffen

Auch die Welthungerhilfe hat sich besorgt über die Absage Nordkoreas an internationale humanitäre Hilfe geäußert. "Wir würden es sehr bedauern, wenn wir unsere Arbeit einstellen müssten", sagte die Sprecherin des Hilfswerks, Marion Aberle. Die Welthungerhilfe ist seit acht Jahren in dem kommunistisch regierten Land tätig. Derzeit werde mit den Partnern in Nordkorea und mit den Geldgebern verhandelt, bisher gebe es jedoch nur mündliche Aussagen Pjöngjangs. (ina)

Bild: AP
Hilfslieferungen für NordkoreaBild: AP
Absage an internationale HilfsorganisationenBild: AP
Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen