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"Die Folgen werden erheblich sein"

Helena Kaschel
14. September 2018

Die erwartete Verwüstung durch den Sturm "Florence" könnte die US-Ostküste über Jahre beeinträchtigen, sagt Tobias Geiger. Im DW-Interview erklärt der Klimafolgenforscher, wie der Klimawandel Hurrikans beeinflusst.

USA Hurrikan Florence
Bild: Getty Images/C. Somodevilla

Überschwemmungen, Böen, Stromausfälle: Ausläufer des tropischen Wirbelsturms "Florence" haben die US-Ostküste erreicht. Zwar hat das Nationale Hurrikan-Zentrum den Sturm wegen seiner geringen Windgeschwindigkeiten inzwischen zu einem Tropensturm abgestuft, Entwarnung gibt die Behörde aber nicht: In North Carolina ist demnach "eine lebensbedrohliche Sturmflut bereits im Gange". Auch im benachbarten Bundesstaat South Carolina drohten starke Überschwemmungen. Auf der anderen Seite des Globus bewegt sich unterdessen der Taifun "Mangkhut" mit einer Geschwindigkeit von bis zu 255 Stundenkilometern auf die Philippinen zu. Rund fünf Millionen Menschen wurden aufgefordert, Schutz zu suchen.

DW: Herr Geiger, 2017 richteten die Hurrikans "Harvey", "Irma" und "Maria" massive Schäden an, allein in Puerto Rico kamen rund 3000 Menschen direkt oder indirekt durch "Maria" ums Leben. Haben wir es in diesem Jahr wieder mit einer besonders aktiven Hurrikan-Saison zu tun?

Tobias Geiger: Die Aktivität einer Saison wird nicht nur gemessen an der Anzahl der Stürme, die wirklich auf Land getroffen sind, sondern auch daran, wie viel tropische Wirbelsturmenergie insgesamt über den Ozean generiert wurde. Schon jetzt wurde da mehr Energie in der nördlichen Hemisphäre erzeugt als im ganzen Jahr 2017. Dieses Maß der Gesamtenergie sollte man aber nicht überbewerten, es gibt hier keinen Trend. Entscheidend ist viel mehr, dass wir bei den wenigen ganz besonders starken tropischen Wirbelstürmen eine Zunahme erwarten. Und das sind die, die wirklich gefährlich werden können. Wie hier 2018 die Entwicklung ausschaut, ist noch völlig offen. 

Hurrikan Florence vor US-Küste

02:30

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Im Atlantik scheinen für die nächsten Wochen jetzt stärkere Scherwinde zu dominieren, daher bleibt es nach dem Sturm "Florence" möglicherweise eher ruhig, sobald die aktuelle Aktivität abgeklungen ist. Mehr weiß man noch nicht.

"Florence" hat in den vergangenen Tagen einen unglaublichen Raum in der Berichterstattung eingenommen. Gleichzeitig ist "Mangkhut" vor den Philippinen ein extrem starker Sturm im Vergleich zu "Florence". Es ist interessant zu sehen, wie der Fokus durch die geografische Nähe auf den USA und dem Atlantik liegt und dadurch Ereignisse aus dem Blick geraten, die in einem anderen Teil der Welt passieren und teilweise dramatischer sind.

Sie beschäftigen sich mit den wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels und von Extremwetter-Phänomenen. Können Sie eine Prognose abgeben, wie teuer die aktuelle Hurrikan-Saison wird?

Auch das muss man noch abwarten, es bleiben ja noch zwei Monate. 2017 haben tropische Wirbelstürme 280 Milliarden US-Dollar an Schäden verursacht - ein Rekord! Ob der 2018 erreicht wird, da bin ich noch skeptisch. "Florence" ist ein gefährlicher Sturm, obwohl er nicht so stark ist. Seine Stärke hat sich in den vergangenen Tagen in Größe verwandelt: "Florence" ist eher schwach, aber riesig. Der Sturm bewegt sich sehr langsam vor der Küste, aber genau das ist das Problem: Durch das Verharren an einer Stelle verstärken sich dort die Schäden.

"Florence" wird über die nächsten zwei Tage unglaublich viel Wasser in die Flüsse und die Küste hochschieben. Es gibt große Gebiete, die potenziell von Niederschlägen und Sturmfluten betroffen sind. In einigen ist schon innerhalb von einem halben Tag über einen halben Meter Regen gefallen. Das heißt, die Folgen werden erheblich sein und diese Region noch Monate, wenn nicht Jahre beschäftigen. Ich denke, dass die Schadensabschätzungen in den nächsten Monaten in die Höhe schnellen werden und dass wieder einige Dutzend Milliarden Dollar Schaden anfallen könnten, aber Genaues kann man noch nicht sagen.

Besonders starke Hurrikans werden in Zukunft häufiger entstehen, prognostiziert Klimafolgenforscher Tobias GeigerBild: privat

Welche Umweltfaktoren begünstigen tropische Wirbelstürme?

Es gibt drei Faktoren, die erfüllt sein müssen. Wir brauchen hohe Temperaturen im Meer, das ist normalerweise in großen Teilen der Tropen im Sommer erfüllt. Dann brauchen wir schwache Scherwinde, das heißt möglichst wenig unterschiedliche Windrichtungen oder Windgeschwindigkeiten auf unterschiedlichen Höhen in der Atmosphäre. Erst bei geringen Scherwinden kann ein tropischer Wirbelsturm überhaupt entstehen, sonst wird er von diesen in Stücke gerissen. Außerdem muss genügend Feuchtigkeit in der Atmosphäre vorhanden sein, damit die ursprüngliche Gewitteraktivität entstehen kann, die sich dann immer weiter verstärken. Und natürlich wirkt auf diese Faktoren der Klimawandel.

Inwiefern?

Zum einen steigen die Meerestemperaturen durch den Klimawandel. Wenn diese hoch genug sind, können Stürme über noch größere Strecken Energie aufbauen und Schäden anrichten. Gleichzeitig vergrößert sich auch das Gebiet, wo die Temperaturen ausreichend für eine Entstehung tropischer Wirbelstürme sind. Es gibt so manche Gebiete, die jetzt gerade an der Grenze zu diesen Temperaturen sind. Das heißt, dass auch weit bis in den Nordatlantik hinaus möglicherweise solche Stürme auftauchen können, die auch Gebiete betreffen, die bisher wenig oder nie betroffen waren.

Bezüglich der Scherwinde ist man sich noch gar nicht ganz sicher, wie sie sich unter Klimawandel entwickeln, da gibt es noch konkurrierende Thesen. Das ist ein Unsicherheitsfaktor. Insgesamt erwarten wir mit dem Klimawandel nicht unbedingt mehr, aber mehr besonders starke Stürme.

Im philippinischen Manila haben Slum-Bewohner ihre Dächer mit Reifen beschwert, um sich vor "Mangkhut" zu schützenBild: Getty Images/AFP/N. Celis

Nach einer im Juni im Fachmagazin "Nature" veröffentlichten US-amerikanischen Studie werden tropische Wirbelstürme immer langsamer, was mit mehr Regen- und Sturmschäden einhergeht. Welche langfristigen Trends erwarten uns noch?

Grundsätzlich werden stärkere Hurrikane in Zukunft größeren Schaden anrichten. Der andere wichtige Faktor für die Schäden ist, wie sich der Wohlstand entwickelt. Die Menschen bauen mehr und teurere Häuser eventuell auch in sehr verwundbaren Gebieten. In North Carolina gibt es zum Beispiel eine Ignoranz gegenüber dem Klimawandel an sich und dem steigenden Meeresspiegel. Da führt man einfach Bauprojekte auf vorgelagerten Inseln durch, die in den nächsten Jahrzehnten häufiger durch solche Ereignisse betroffen sind.

Wir haben die stärkeren Stürme, wir haben den Anstieg des Meeresspiegels und wir haben die Leichtsinnigkeit oder kurzfristige ökonomische Interessen, die dazu führen, dass wir unsere Häuser direkt an der Küste oder in den verwundbaren Gebieten bauen - all das zusammen führt natürlich zu einer Zunahme von Schäden. 

Tobias Geiger erforscht am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung die Bedeutung des Klimawandels für die Entwicklung von Extremwetter-Phänomenen und deren wirtschaftliche Folgen.

Das Gespräch führte Helena Kaschel.

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