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Politik

Idlib: Zone der Hoffnung

Udo Bauer
14. Oktober 2018

Am Montag könnte die entmilitarisierte Pufferzone im syrischen Idlib Gestalt annehmen. Wenn sich Damaskus und die Rebellen an die Vereinbarungen halten. Die zentralen Fragen im Überblick.

Syrien Abzug der schweren Waffen aus Idlib
Bild: picture-alliance/dpa/AA/G. Balci

Um welches Gebiet geht es?

Es geht um einen Streifen von 15 bis 20 Kilometern Breite in der letzten noch verbliebenen Rebellenhochburg Idlib. In dieser Zone kontrollierten bis vor wenigen Tagen verschiedene Anti-Assad-Milizen strategisch wichtige Straßen. Sie betrieben dort Artilleriestellungen, aus denen die syrische Armee beschossen wurde. Der Entmilitarisierungsplan sieht vor, dass in einem ersten Schritt diese schweren Geschütze zurückgezogen werden, was überraschend gut gelungen ist. Am 15. Oktober sollen, dem Plan zufolge, auch die letzten Rebellen den Streifen verlassen haben.

Was soll mit der Pufferzone erreicht werden?

In erster Linie soll ein Großangriff der syrischen Armee auf die Provinz Idlib verhindert werden. Dort leben drei Millionen Zivilisten. Tausende würden sterben oder müssten flüchten, wenn Assads Truppen die Stadt erobern, wie das zum Beispiel in Homs und Aleppo geschehen ist. Die UNO befürchtet eine humanitäre Katastrophe. Und falls die Assad-Armee trotz der aktuellen Vereinbarung angreift, könnten Zivilisten in die Pufferzone fliehen und dort humanitär versorgt werden.

Abzug: Ein Geschütz auf dem Weg aus der PufferzoneBild: picture-alliance/dpa/AA/G. Balci

Machen denn alle Milizen mit?

Das wird sich zeigen. Der Abzug der schweren Waffen jedenfalls hat größtenteils gut funktioniert. Ob auch die Kämpfer flächendeckend verschwinden, ist noch unklar. Denn durch einige islamistische Gruppen geht ein Riss: Für viele radikale ehemalige IS- oder Al-Kaida-Kämpfer ist ein Rückzug schlicht Verrat. Die meisten anderen Rebellen aber sehen im Abzug aus der Pufferzone eine Chance, sich anderswo neu zu gruppieren und für eine mögliche spätere Abwehrschlacht einzugraben. Nach Ablauf der Frist um Mitternacht gibt es aber Hinweise, dass noch nicht alle Dschihadistenkämpfer den Bereich der geplanten Pufferzone verlassen haben. 

Wer hatte die Idee dazu?

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der russische Präsident Wladimir Putin. Mitte September hatten die beiden eine entsprechende Vereinbarung getroffen. Sie stehen zwar auf unterschiedlichen Seiten, aber beide eint, dass sie kein Interesse an einer Großoffensive haben. Erdogan befürchtet, dass dann hunderttausende Syrer in die nahe Türkei flüchten und Putin scheut die militärischen Risiken für seine Soldaten. Außerdem will er die neu entdeckte Freundschaft zur Türkei nicht aufs Spiel stellen. Türkische und russische Soldaten sollen auch später gemeinsam die Pufferzone überwachen.

Was hat Assad von einer Entmilitarisierung?

Gar nichts. Der Diktator würde wohl am liebsten sofort Idlib dem Erdboden gleich machen und die letzten Rebellen ausschalten. Aber er ist auf seinen russischen Waffenbruder angewiesen. Ohne Putins Truppen wäre Assad heute nicht mehr an der Macht. Also tut er zähneknirschend, was Putin will. Er hat aber auch klar gemacht, dass er die Pufferzone nur für befristet hält.

Unterstützt Deutschland die Pufferzone?

Absolut. Denn es gibt keine bessere Alternative. Die Bundesregierung unterstützt jede Art von Waffenstillstand und Entmilitarisierung in Konfliktgebieten. Auch wenn es nur Momentaufnahmen sind. Denn nur so verschafft man sich Platz und Zeit für weiter gehende politische Initiativen. Darüber hinaus hat Deutschland mehrere Millionen Euro für die humanitäre Versorgung der Bewohner von Idlib in Aussicht gestellt. Nur ein militärisches Eingreifen in den Konflikt hat Außenminister Maas bisher als "unrealistisch" bezeichnet.

Gibt es denn bald eine politische Lösung für Syrien?

Allzu bald wohl nicht. Dazu ist die Lage noch zu verfahren. Putin will, dass Assad an der Macht bleibt, weil er nur so Russlands Einfluss in der Region garantiert sieht. Der Westen will Assad am liebsten loswerden, weiß aber nicht wie. Russland und die Europäer haben aber auch etwas gemeinsam: Sie wollen so schnell wie möglich ein Ende des Krieges. Moskau wachsen die Kosten des Auslandseinsatzes allmählich über den Kopf; Europäer und Türken wollen ein Ende des Flüchtlingsstroms aus Syrien. Deshalb drängt Angela Merkel auf ein Gipfeltreffen. Sie will, dass sich Russland, die Türkei, Frankreich und Deutschland noch im Oktober zusammensetzen und Friedensperspektiven ausloten.

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