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Politik

Déby: "Afrikas Krisen kommen von außen"

Sébastien Millard | Christine Harjes
13. Oktober 2016

Idriss Déby, Präsident des Tschad, verurteilt im DW-Interview Interventionen der internationalen Gemeinschaft in Afrika. Europa habe mit dem Tod Gaddafis Chaos in Afrika ausgelöst und müsse die Verantwortung übernehmen.

Burundi Gewalt ARCHIVBILD
Ausschreitungen in Burundi (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/D. Kurokawa

"Gaddafi ist tot und man hat Libyen bewaffneten Gruppen überlassen. Afrika muss heute die Konsequenzen aus diesem Chaos tragen", klagt Idriss Déby im Interview mit der DW. Jetzt müsse Europa die Verantwortung dafür übernehmen, dass heute ehemals friedliche Länder von der nigerianischen Terrororganisation Boko Haram terrorisiert würden, sagt Déby. Die Waffen stammten aus Libyen; Boko-Haram-Kämpfer seien dort auch nach dem Tod Gaddafis ausgebildet worden.

Déby spricht mit seiner Kritik die internationale Militärintervention 2011 in Libyen an, bei der Gaddafi getötet wurde. Frankreich spielte bei dem Einsatz eine führende Rolle. Heute müsse Afrika die Konsequenzen aus der Intervention tragen. "Aber der afrikanische Kontinent hat nie darum gebeten, gegen Libyen zu kämpfen", sagt Déby. Der tschadische Präsident ist zurzeit auch Vorsitzender der Afrikanischen Union und war am Mittwoch zu Besuch bei Angela Merkel in Berlin.

Rückhalt für Burundis umstrittenen Präsidenten

Der tschadische Präsident Idriss Déby zu Gast bei Bundeskanzlerin Angela MerkelBild: picture-alliance/AP Photo/M. Schreiber

Einmischung durch die internationale Gemeinschaft verurteilt Déby auch im Fall Burundi. Seit Präsident Pierre Nkurunziza dort seine umstrittene dritte Amtszeit angetreten hat, bewegt sich das zentralafrikanische Land am Rand des Bürgerkriegs.

Schuld sei die internationale Gemeinschaft, sagt Déby. "Die Krisen in Afrika kommen oft von außen und nicht aus Afrika selbst." Hätte man die Burunder sich selbst überlassen, wäre die Krise nicht entstanden, glaubt Déby.

Im Interview mit der DW verteidigt er die dritte Amtszeit des burundischen Präsidenten als verfassungsgemäß. Schließlich sei Nkurunziza bei seinem ersten Mandat nicht nach dem allgemeinen Wahlrecht gewählt worden. Deshalb habe er erst ein verfassungsgemäßes Mandat hinter sich, wodurch ihm ein weiteres Mandat zustehe, so die Argumentation Débys. Laut der burundischen Verfassung darf der Präsident für zwei Mandate im Amt bleiben.

Demokratie im eigenen Rhythmus

Déby selbst gilt als autoritärer Herrscher. Er putschte sich vor 26 Jahren im Tschad an die Macht. Seitdem hat der Ex-Militär einen effizienten Überwachungsapparat aufgebaut. Seit Monaten gehen Oppositionelle im Tschad gegen Débys Regierung auf die Straße. Immer wieder kommt es zu Streiks.

Studenten demonstrieren in N'Djamena, der Hauptstadt des TschadBild: DW/D. Blaise

Déby geht hart gegen seine Gegner vor. Zurzeit beschäftigt sich eine Untersuchungskommission im Land mit dem Verschwinden von mehr als 20 Soldaten. Sie werden seit der Präsidentschaftswahl im April 2016 vermisst. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International vermuten, dass sie gegen Déby stimmen wollten.

Auf die Situation in der Heimat angesprochen, wiegelt Déby ab: "Der Tschad ist ein Hafen des Friedens in einem stürmischen Ozean." In einer Demokratie seien Streiks und Demonstrationen völlig normal, erklärt der Staatspräsident. Dabei dürfe Europa nicht zu ungeduldig mit den jungen Demokratien in Afrika sein. "Man muss uns die Zeit lassen, in unserem eigenen Rhythmus voranzukommen", sagt Déby. Und dann fügt er optimistisch hinzu: "Wir sind schon weit gekommen. Wir haben Euch eingeholt und sind jetzt in der Demokratie auf dem gleichen Stand." Krisen entstünden nur aus einem Mangel an Dialog. In seinem eigenen Land sieht er diesen Mangel an Dialog offensichtlich nicht.

Demonstranten protestieren dagegen, dass Merkel den tschadischen Präsidenten in Berlin empfängtBild: Aabdelkerim Yacoub Koundougoum

Lob für Deutschlands Flüchtlingspolitik

Während Menschenrechtsaktivisten den Besuch des tschadischen Präsidenten bei Angela Merkel scharf kritisierten, schätzt das Ausland ihn als Partner im Kampf gegen den Terror, denn der Tschad gilt in der unruhigen Region Zentralafrika als vergleichsweise stabil.

Déby selbst hebt die Kooperation zwischen Deutschland und seinem Land positiv hervor. "Deutschland hat seinen Platz im Tschad und in Afrika", sagt Déby. Er lobt auch Deutschlands Umgang mit den Flüchtlingen. Deutschland habe mit der Aufnahme der Flüchtlinge eine große Solidarität und ein menschliches Gesicht gezeigt. Der Tschad gehört zu den wichtigsten Transitländern für afrikanische Flüchtlinge. Um die Migration zu bremsen, brauche Afrika Unterstützung. Die Wirtschaft müsse gefördert und Arbeitsplätze auf dem Kontinent geschaffen werden, fordert Déby.

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