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Industriestaaten müssen umsteuern

Jens Thurau11. Juni 2013

Eine um bis zu 5,3 Grad höhere Durchschnittstemperatur bis 2100 - ein Horrorszenario. Aber dazu kommt es, so die Internationale Energieagentur IEA, wenn die Staaten nicht endlich Treibhausgase abbauen.

DEU/Deutschland/Brandenburg/Spremberg; 01.12.2012, Kraftwerk Schwarze Pumpe; Die Sonne geht am 01. Dezember 2012 hinter dem Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe unter. In dem vom schwedischen Energieunternehmen Vattenfall betriebenen Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe wird Kohle aus dem Lausitzer Braunkohlerevier verstromt**Foto: Andreas Franke**
Kraftwerk Schwarze PumpeBild: picture-alliance/Andreas Frank

Es ist eine Mischung aus Horrorszenario und Mutmacher, die der Chefvolkswirt der Internationalen Energieagentur IEA im vornehmen Eichensaal des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin vorträgt: Höflich lobt der Türke Fatih Birol die deutsche Energiewende und die europäische Klimapolitik. "Europa ist Architekt und intellektueller Führer des weltweiten Klimaschutzes", so spricht er. Dann aber kommt er zur Sache: Wenn die Staatengemeinschaft nicht endlich energische Schritte gegen den Klimawandel unternimt, könnte die Durchschnittstemperatur bis 2100 um 5,3 Grad steigen. Wissenschaftler halten einen Temperaturanstieg von etwa zwei Grad für gerade noch beherrschbar. Mehr als fünf Grad hätten einen dramatischen Anstieg des Meeresspiegels und verheerende Dürren und Stürme zur Folge.

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Neue Energie-Landkarte

In den siebziger Jahren als Folge des Ölpreisschocks von führenden Industriestaaten gegründet, ist es Aufgabe der IEA, sich über Entwicklungen auf dem Energiesektor Gedanken zu machen, Ressourcen einzuschätzen, über Öl- und Gaspreistrends nachzudenken. Und der Energiesektor ist weltweit für zwei Drittel des Treibhausgasausstoßes verantwortlich. Deshalb lautet die Überschrift des Berichts, den die Agentur nun vorlegt: "Redrawing the energy-climate map", ein "Neuentwurf" also der Energie-und Klimalandkarte der Welt.

"Der internationale Klimaschutz wird immer weniger wahrgenommen und wichtig, obwohl die Wissenschaftler immer eindringlicher warnen", fasst Birol die gegenwärtige Lage zusammen. Weltweit steigen die Emissionen an - trotz aller Bemühungen der Klimakonferenzen unter dem Dach der Vereinten Nationen, die Ende des Jahres in Warschau weitergeführt werden. "Spätestens 2015, auf der Konferenz in Paris, muss ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll her, das dann 2020 in Kraft treten könnte", so der IEA-Chefvolkswirt.

Effizienter heizen und kühlen

Wenig Hoffnung setzt Birol auf das Fracking, die Fördermethode für Gas und Öl aus tiefen Gesteinsschichten, die in den USA zu einem Gasboom geführt hat. Gas ist klimafreundlicher als Kohle. Zwar hätten die USA ihren Ausstoß an Treibhausgasen durch das Frackinggas senken können, in anderen Ländern sei aber dadurch die Kohle billiger geworden, was zu höheren Emissionen führe - vor allem in China und Indien. "Gas allein kann uns nicht auf den Zwei-Grad-Pfad bringen", fasst Birol zusammen.

IEA-Chefökonom Fatih BirolBild: AP

Was aber dann? Birol glaubt, dass der Energiesektor seinen Ausstoß schon bis 2020 um acht Prozent senken könnte - durch effizientere Heizungen und Klimaanlagen, und durch weniger Methanausstoß bei der Öl- und Gaförderung. Methan wirkt um ein Vielfaches klimaschädlicher als Kohlendioxid. "Aber es wäre für die Energieunternehmen ein Leichtes, den Ausstoß durch bessere Anlagen schnell um ein die Hälfte zu senken. Man muss es nur wollen."

Nicht mehr hören kann Birol den Vorwand, zu viel Umweltschutz schade der Wirtschaft. Gerade Deutschland zeige, dass Klimaschutz und Wirtschaftswachstum kein Gegensatz sein müssten. "Wir sind wirklich auf einem guten Weg", nahm Wirtschaftsstaatsekretär Bernhard Heitzer das IEA-Lob freudig entgegen. Dabei waren auch im Klimaschutzvorreiterland Deutschland die Emissionen zuletzt leicht gestiegen - weil die Energieversorger wieder verstärkt auf die billige Kohle setzen, so das Umweltbundesamt.

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