Ifo-Index: Hoffnungsschimmer in den Unternehmen
25. Mai 2020Die im März beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus trafen die Wirtschaft mit voller Wucht: Geschäfte, Hotels und Restaurants mussten schließen, Fabriken machten dicht, Veranstaltungen wurden abgesagt. In Folge fiel das Bruttoinlandsprodukt von Januar bis März um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal.
"Das war der stärkste Rückgang seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und der zweitstärkste Rückgang seit der deutschen Vereinigung", teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit und bestätigte damit eine erste Schätzung von Mitte Mai. Vor allem der Rückgang des privaten Konsums um 3,2 Prozent zum Vorquartal und ein Schrumpfen der Ausrüstungsinvestitionen um 6,9 Prozent sorgten für die drastische Talfahrt der Konjunktur.
Auch der Außenhandel brach wegen der Virus-Krise ein und bremste die Wirtschaft kräftig. Die Exporte sanken um 3,1 Prozent und die Importe gingen um 1,6 Prozent zurück. Vor allem die Bauinvestitionen konnten der Konjunktur im ersten Quartal noch anschieben und legten um 4,1 Prozent zum Ende 2019 zu. Allerdings spürt die Baubranche inzwischen auch die Folgen der Virus-Krise und hat ihre Erwartungen für 2020 jüngst deutlich gekappt.
Da die strikten Eindämmungsmaßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie erst Mitte März anfingen, dürfte der Lockdown die Wirtschaft im laufenden zweiten Quartal noch viel stärker bremsen als zu Jahresanfang. Die Bundesregierung erwartet 2020 die schwerste Rezession der Nachkriegszeit: Das Bruttoinlandsprodukt soll um 6,3 Prozent einbrechen. Damit könnte Deutschland aber noch glimpflicher davon kommen als andere Schwergewichte in der Euro-Zone wie Frankreich und Italien.
Licht am Ende des Tunnels
So drastisch die Zahlen sind, in den deutschen Chefetagen hellt sich die Stimmung im Mai wieder etwas auf. Bund und Länder haben inzwischen erste Lockerungen der strikten Eindämmungsmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie eingeleitet. "Die ersten Lockerungen sorgen für einen Hoffnungsschimmer", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Stimmung habe sich nach den "katastrophalen Vormonaten etwas erholt".
Noch im April war das wichtigste Barometer für die deutsche Konjunktur - der Ifo-Geschäftsklimaindex - auf ein Rekordtief gesunken, im Mai stieg er auf 79,5 Zähler (von 74,2 Punkten im April). Das teilte das Münchner Ifo-Institut am Montag mit.
Im Verarbeitenden Gewerbe legte das Barometer deutlich zu - allerdings nur wegen der stark verbesserten Erwartungen. "Von Optimismus sind die Industriefirmen aber noch weit entfernt", betonte Fuest. "Die aktuelle Lage stuften sie nochmals erheblich schlechter ein." Im Dienstleistungssektor ging es nach dem Rekordtief im April ebenfalls merklich nach oben. "Dennoch überwiegt bei den Unternehmen noch immer der Pessimismus", erklärte der Ifo-Präsident. Auch im Handel und am Bau hellte sich die Stimmung auf.
Experten sehen "Lebenszeichen", mehr nicht
"Die Unternehmen zeigen wieder Lebenszeichen, doch von Vitalität kann keine Rede sein", meint dazu Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. "Die deutsche Wirtschaft wird nicht so schnell auf den Wachstumspfad einschwenken, auf dem sie sich in den vergangenen Jahren befand." Es werde noch lange Zeit dauern, ehe die deutsche Volkswirtschaft wieder einigermaßen gut getaktet läuft, glaubt Gitzel.
DekaBank-Experte Andreas Scheuerle sieht die Wirtschaft noch nicht über den Berg. "Es bleibt nämlich die Unsicherheit, ob Corona in einer zweiten Welle zurückkommt."
Auch Uwe Burkert, Chef-Volkswirt der LBBW, meint, für Optimismus sei es viel zu früh. "Ich erinnere nur an die Verheerungen am Arbeitsmarkt. Aber wenigstens haben wir jetzt erst einmal eine Art stabile Seitenlage erreicht, in der die Maßnahmen zur Wiederbelebung der Konjunktur greifen dürften."
Das Ifo-Geschäftsklima basiert auf rund 9000 monatlichen Meldungen von Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors, des Handels und des Bauhauptgewerbes. Die Unternehmen werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate mitzuteilen. Sie können ihre Lage mit "gut", "befriedigend" oder "schlecht" und ihre Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monaten als "günstiger", "gleich bleibend" oder "ungünstiger" kennzeichnen.
iw/hb (rtr,dpa)