Es gibt ein "Gesetz des Urinierens", zu dieser Erkenntnis sind Forscher im Zoo Atlanta gekommen, nachdem sie die Tiere eine Weile beobachtet haben. Jetzt gab´s dafür sogar den Ig-Nobelpreis.
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Forschung zum Lachen und Nachdenken
Seit 25 Jahren verleiht die ehrwürdige Harvard-Universität Ig-Nobelpreise für die kuriosesten Forschungen. Eine Auszeichnung gab's etwa für das "Gesetz des Urinierens"...
Bild: Reuters/G. Ertl
Ein "unwürdiger" Preis für echte Forschung
Der Ig-Nobel-Preis ist ein Wortspiel mit dem Begriff "ignoble" auf deutsch: "unwürdig." Dieses Jahr gab es ihn für solche Fragen: An welcher Stelle des Körpers tut ein Insektenstich am meisten weh? Kann der marokkanische Sultan Mulai Ismail zwischen 1697 und 1727 wirklich 888 Kinder gezeugt haben? Die Auszeichnungen sollen "das Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren"
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21 Sekunden Pinkelpause, für alle Arten?
Eine Frage, die Mensch und Tier seit Generationen umtreibt, hat ein Team um die Amerikanerin Patricia Yang gelöst: Wie lange dauert es zu urinieren? Die Antwort, allgemeingültig für Mensch und Tier lautet: 21 Sekunden bei einer möglichen Abweichung von plus/minus 13 Sekunden.
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Das Erdmagnetfeld weist den Weg
Hunde richten sich bei der Verrichtung ihres großen Geschäfts nach dem Erdmagnetfeld aus. Tschechische Forscher hatten für diese bahnbrechende Entdeckung 70 Hunde aus 37 verschiedenen Hunderassen beobachtet, während sich die Tiere erleichterten. Die bevorzugte Richtung: entlang der Nord-Süd Achse des Erdmagnetfeldes. Dafür gab es den Preis für Biologie 2014.
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Ist Gähnen ansteckend?
Würdig für den Psychologie-Preis 2011 wurde das Gähnen der Köhlerschildkröte aus Südamerika befunden: Kognitive Biologen der Universität Wien waren der Frage nachgegangen, ob es unter Artgenossen ansteckend ist. Das Ergebnis: Nein. Die Studie wurde publiziert in Current Zoology.
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Kaum Reibungsverluste
Die Gewinner in der Kathegorie Physik von 2014 kamen von der Kitasato Universität in Japan. Sie hatten sich mit dem Reibungskoeffizienten von Bananenschalen auf Linoleumfußböden befasst. Dabei kam heraus, dass follikuläres Polysaccharid-Gel in der Bananenschale in der Tat eine schmierende Wirkung entfaltet - autsch!
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Führen Katzenbisse zu Depression?
Den Preis in der Kategorie "öffentliche Gesundheit" erhielt 2014 ein Forscherteam, das Patientendaten ausgewertet hatte und zu dem Ergebnis gekommen war, dass es einen signifikant höheren Anteil von Depressionen bei Frauen gab, die zuvor wegen Katzenbissen behandelt worden waren. Die Empfehlung: Vorsorgeuntersuchungen für diese Zielgruppe.
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Lösungen gegen Flugzeugentführer
Der Preis für Sicherheitsingenieurwesen ging 2013 an den Erfinder eines vollautomatischen Flugzeugentführer-Entsorgungssystems. Der Entführer fällt dabei in eine Bodenluke, wird durch eine Verpackungsmaschine eingewickelt und an einem Fallschirm durch eine Bodenöffnung aus dem Flugzeug geworfen. Dann muss die GSG-9 den Flieger nicht mehr stürmen - wie hier 1977 bei der "Landshut" in Mogadischu.
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Jesus im Gehirn
Jesus auf einer Scheibe Toastbrot oder in einer Tortilla - solche Meldungen gibt es immer wieder. Ein Neurologen-Team war der Frage nachgegangen, welche Hirnregionen besonders angesprochen werden, wenn Gesichter dort erkannt werden, wo sie üblicherweise nicht sind. Sie fanden dabei ein ganzes Netzwerk von Hirnbereichen, zuständig für Gesichtserkennung. Dafür gab es den Preis 2014 für Neurologie.
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Mistkäfer schauen in die Sterne
2013 gab es einen gemeinsamen Preis für Biologie und Astronomie. Ein international besetztes Forscherteam hatte herausgefunden, dass Mistkäfer sich in besonders dunklen Nächten - wenn der Mond nicht am Himmel steht - am Leuchten der Milchstraße orientieren. Ist der Himmel klar und die Sterne blinken, schaffen sie es, schnurgerade zu laufen. Ist er bedeckt, verlieren sie die Orientierung.
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Drohne untersucht Wal-Atem
Den Ingenieurspreis 2010 erhielten die amerikanischen Konstrukteure einer speziellen Drohne für Walbeobachtungen. Sie kamen auf die Idee, dicht über schwimmenden Walen zu fliegen, und den Gehalt krankheitserregender Bakterien in der Atemluft zu ermitteln. Dabei kam dann später dieses schöne Bild heraus.
Bild: NOAA, Vancouver Aquarium.
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Ein Team vom Georgia Institute of Technology in Atlanta ist im dem Ig-Nobelpreis in der Sparte Physik ausgezeichnet worden. Die Forscher hatten herausgefunden, dass fast alle Säugetiere ihre Blase innerhalb von 21 Sekunden - oder bis zu 13 Sekunden schneller oder langsamer - leeren.
Die Wissenschaftler hatten sich viel Zeit genommen, und Tiere im Zoo von Atlanta, USA, beim Pinkeln beobachtet. Ja genau: beim Wasserlassen, Urinieren, Erleichtern - wie auch immer, jedenfalls höchst indiskret. Das dennoch überraschende Ergebnis der Forscher: Egal ob Elefant, Kuh oder Katze, sie alle pieseln immer etwa rund 21 Sekunden. Etwa sechs Mal am Tag. Dies gilt für alle Tiere, die schwerer sind als drei Kilogramm.
"Gesetz des Urinierens"
Diese Erkenntnis haben die Forscher auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und das "Gesetz des Urinierens" in den "Proceedings" der Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS) der USA veröffentlicht. Dazu gibt es sogar ein Video.
Was tatsächlich überraschend daran ist - die Größe der Tiere und die ihres Harntrakts spielen dabei gar keine Rolle. Die Blase eines Elefanten umfasst zum Beispiel 18 Liter - 3600 Mal mehr als die einer Katze, die gerade einmal fünf Milliliter Fassungsvermögen hat.
Eine Erklärung, vermuten die Wissenschaftler, könnte unter anderem die Länge der Harnröhre sein, und die Schwerkraft, die beim Entleeren auf die Blase der Tiere wirkt. Denn kleinere Tiere - etwa Nager oder Fledermäuse - bilden erst gar keinen Urinstrahl. Bei ihnen reicht es nur zum Tröpfeln.
Ganz zum Spaß war diese Beobachtung aber nicht: Denn die Studie könnte etwa bei der Diagnose von Blasenprobleme bei Tieren helfen, oder beim Entwickeln von bionischen Wasserleitungssystemen, zum Beispiel für die Industrie, die auf tierischen Vorbildern beruhen.
Jubiläumsveranstaltung an der Harvard-Universität
Insgesamt wurden in Boston zehn wissenschaftliche Arbeiten, die "erst zum Lachen und dann zum Denken anregen", in der Nacht zum Freitag an der US-Eliteuniversität Harvard mit den "Ig-Nobelpreisen" ausgezeichnet. Zu der traditionell schrillen Gala mit mehr als 1000 Zuschauern, die bereits zum 25. Mal stattfand, reisten wie in jedem Jahr auch echte Nobelpreisträger an. Unter dem Jubel des Papierflieger-werfenden Publikums verliehen sie Blumentöpfe als Preise an die Wissenschaftler aus aller Welt.
Wissenschaftler um Bruno Grossi von der Universität von Chile wurden mit dem Biologie-Preis geehrt, weil sie Hühnern eine Art Saugglocke ans Hinterteil befestigt und entdeckt hatten, dass diese sich dann ähnlich wie Dinosaurier fortbewegen. Ein Ig-Nobelpreis für Medizin ging an mehrere Forscher unter anderem aus Japan und der Slowakei, die sich mit Auswirkungen und Nutzen von intensivem Küssen beschäftigt haben. "Wie Ihr Euch sicher vorstellen könnt, war das ziemlich harte Arbeit", sagte Wissenschaftlerin Jaroslava Durdiaková in ihrer Dankesrede.
In der Sparte Literatur wurden Forscher um Mark Dingemanse vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik im niederländischen Nijmegen geehrt. Die Experten wurden für ihre Entdeckung ausgezeichnet, dass das Wort "huh?" (hä?) scheinbar in allen Sprachen der Welt vorkommt - und auch dafür, dass sie nicht wissen, warum das so ist.
Die Wissenschaftler Elisabeth Oberzaucher und Karl Grammer von der Universität Wien bekamen den Mathematik-Preis für den Versuch auszurechnen, ob der marokkanische Sultan Mulai Ismail zwischen 1697 und 1727 wirklich 888 Kinder gezeugt haben kann, wie es in Überlieferungen heißt.