Die Luftfahrtbranche boomt - auch dank der guten Weltkonjunktur. Auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtmesse (ILA) in Berlin zeigen Hersteller und Zulieferer Neuigkeiten.
Anzeige
Die ILA ist die drittgrößte Luftfahrtschau in Europa, nach der Messe im französischen Le Bourget und dem britischen Farnborough. Weil sie an deren Bedeutung nicht heranreicht, präsentiert sie sich eher als "Leitmesse für Innovationen". Unbemannt und autonom - das ist nicht nur Trend beim Fahren, sondern auch in der Luft. So präsentieren Ingenieure etwa Flugtaxis wie den "City Airbus" (s. Artikelbild), der senkrecht starten und landen kann und später auch einmal autonom fliegen soll.
Die Branche schaut also in die Zukunft, hat aber in der Gegenwart mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das liegt vor allem am starken Wachstum. Immer mehr Menschen wollen fliegen, und das möglichst günstig. Das zwingt die Fluggesellschaften dazu, ihre Kosten zu drücken. Diesen Druck geben sie weiter an die Hersteller. Und diese fordern entsprechend günstige Bedingungen von ihren Zulieferern ein.
Schnelle Auslieferung gefragt
Gleichzeitig sollen die Flugzeuge wegen der hohen Nachfrage möglichst schnell geliefert werden. Das hat in der jüngeren Vergangenheit zu einigen Problemen mit den Triebwerken geführt. So hatten neuartige Dichtungen in Flugzeugen des Typs Airbus A320neo, die seit Dezember ausgeliefert worden waren, zu Triebwerksausfällen beim Start oder im Flug geführt hatten. Zum Teil wurden deshalb Flüge verboten.
Beim A320neo haben Fluggesellschaften die Wahl zwischen dem Getriebefan-Antrieb von Pratt & Whitney und dem Leap-Triebwerk von CFM. CFM ist ein Gemeinschaftsunternehmen von General Electric aus den USA und dem französischen Safran-Konzern. "Diese Hersteller haben ihre Probleme allmählich im Griff", sagt Stefan Schöppner, Luftfahrtexperte der Commerzbank. Die neuen Triebwerke sollen helfen, effizient und sparsam zu fliegen.
Volle Auftragsbücher
Die Auftragsbücher von Airbus und Boeing sind so voll, dass sie mit der Auslieferung kaum nachkommen. Noch brauchen sie auch nicht die Konkurrenz aus China zu fürchten, meint Eric Heymann, Branchenexperte der Deutschen Bank. Die Commercial Aircraft Corporation of China Ltd. (COMAC) dürfte zwar regional in Asien einige Kunden gewinnen, doch westliche Fluggäste vertrauten eher auf die etablierten Hersteller - eben Airbus und Boeing.
Die würden in Zukunft einen Teil ihrer Aufträge in Asien an die Chinesen abgeben. Doch reiche der verbleibende Teil, damit auch sie weiter wachsen könnten. Dabei werden die großen Modelle zunehmend unwichtig, weil sie sich als Passagiermaschinen schlecht verkaufen: Boeing hat bereits 2016 entschieden, den Jumbo 747 mittelfristig auslaufen zu lassen. Bei Airbus wird der A380 wegen der neuen Aufträge der Fluggesellschaft Emirates weiter gebaut, läuft jedoch eher auf Sparflamme.
Bundeswehr ist größter Aussteller
Auf der ILA ist die Bundeswehr der größte Aussteller - ein Hinweis auch auf die Bedeutung der militärischen Luftfahrt. Die ist zwar im Vergleich zur zivilen Luftfahrt geringer, dennoch stehen einige wichtige Fragen an: Bei der Bundeswehr etwa muss dringend über die Beschaffung neuer Hubschrauber entschieden werden. Immer noch sei dort der CH53 des US-Herstellers Sikorsky im Einsatz, der sei aber "steinalt", sagt Heinrich Großbongardt von Expairtise, einem Kommunikationsunternehmen für die Luftfahrtindustrie.
Auch die Frage der Nachfolge des Eurofighters werde man wahrscheinlich in den politischen Gesprächen am Rande der Messe klären. Frankreich ist Partnerland in diesem Jahr, doch wer in Europa könnte sich da noch beteiligen? "Da werden die Karten vielleicht neu gemischt", erwartet Großbongardt. Die ILA gilt als sehr politische Messe, Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet die Schau persönlich.
A380: Keine Zukunft für den Super-Airbus
Seit 2007 ist die A380 des europäischen Flugzeugbauers Airbus im Einsatz. Doch nun steht fest: In drei Jahren läuft die Produktion aus. Zu gering ist mittlerweile das Interesse der Airlines an dem Riesenflieger.
Bild: Singapore Airlines
Der Riese
Die A380 sieht schon imposant aus und stellt fast jeden Konkurrenten auf dem Flugfeld in den Schatten. Bei einer Länge von 72,7 Metern hat die Maschine eine Spannweite von 79,8 m, ihre Höhe beträgt 24,1 m. Auf ihren beiden Decks befördet beispielsweise die Airline Emirates in der "Drei-Klassen-Version 'Extra-weiträumig'" 489 und in der "Zwei-Klassen-Version 'weiträumig'" bis zu 615 Passagiere.
Bild: Master Films/P. Pigeyre
Das erste Exemplar
Singapore Airlines war die erste Fluggesellschaft, die eine A380 in Dienst stellte. Hier sind die stolzen Besitzer auf dem Flugfeld in Toulouse versammelt, um den großen Tag dokumentieren zu lassen. Am 15. Oktober 2007 galt noch: Die Zukunft der Passagierfliegerei liegt in der Masse. Mittlerweile hat Singapore den Premierenflieger außer Dienst gestellt.
Bild: Airbus
Am Anfang einer Ära?
Bei den Passagieren kommt der Riesenflieger gut an. Die nehmen gern in Kauf, dass das Boarding so vieler Fluggäste manchmal eben etwas länger dauert. Die Infrastruktur der meisten Flughäfen ist mit der A380 allerdings überfordert. Daher fliegt die Maschine am häufigsten zwischen den großen Airports: London, Frankfurt, New York, Singapur.
Bild: Master Films/P. Pigeyre
Die erste Landung
Landung nach 3:54 Stunden Flugzeit: Am 27. April 2005 fand der erste offizielle Flug des Giganten statt. Das Konzept mit vier Triebwerken schien damals alternativlos. Inzwischen ist klar: Auch mit nur zwei Turbinen unter den Flügeln kann man solche Riesen sicher und billiger fliegen. Airbus hatte zweistrahlige Neo-Version angedacht, sich wegen Milliardenkosten aber dagegen entschieden.
Bild: em company/P. Masclet
Explosion von Turbine Nummer Vier
Am 30.September 2017 kam es über Grönland zu einem spektakulären Zwischenfall bei einer A380 der Air France: Auf dem Flug nach Los Angeles brach eine Welle in der äußeren Steuerbord-Turbine, der erste Fan löste sich und stürzte zu Boden. Die Piloten konnten die Maschine aber sicher notlanden. Insgesamt hat die A380 aber einen guten Ruf - sie gilt als sicheres Flugzeug.
Bild: Imago/E-Press Photo.com
Von der kleinen Schwester abgehängt
Das Hauptargument, mit dem Airbus sein Flaggschiff beworben hatte, die große Passagier-Kapazität nämlich, zog aber nicht mehr. Im Gegenteil: Der Kurzstreckenflieger A320 ist der wirkliche Verkaufsschlager des pan-europäischen Flugzeugbauers. Von dem Typ, dessen zweite Auflage "A320neo" aktuell gebaut wird, fliegen bereits 4257 Maschinen, außerdem liegen noch 6526 Bestellungen vor.
Bild: Reuters/Regis Duvignau
Ein besorgniserregender Trend
Natürlich verkaufen sich kleinere Maschinen wegen der größeren Nachfrage besser als Großraumflieger wie die A380 - hier der Rohbau des ersten Exemplars. Trotzdem gaben die sinkenden Absatzzahlen schon länger Grund zur Besorgnis: 2016 wurden 28 Maschinen ausgeliefert, 2017 gerade mal 15, und im vergangenen Jahr waren es nur noch 12. Für 2019 rechnet Airbus mit nur noch acht Auslieferungen.
Bild: Airbus
Eine Herkules-Aufgabe
Nicht nur der Wettbewerb mit dem anderen großen Flugzeugbauer unserer Tage, dem US-Unternehmen Boeing, fordert Airbus. Auch die eigene Konzernstruktur stellt jeden Tag hohe Anforderungen. So werden die Einzelteile der Flugzeuge in Frankreich, Deutschland, Spanien, Großbritannien, China und den USA montiert. Deshalb ist auch ein Fluggigant wie die A380 schon mal auf einer Landstraße unterwegs.
Bild: em company/H. Goussé
Die Hoffnung liegt im Osten
Auf einen Turn-Around bei den Verkaufszahlen hofft Airbus wegen des Wachstums in China. Der China-Chef des Flugzeugbauers, Eric Chen, rechnete im September 2017 vor, dass chinesische Airlines in den nächsten zwanzig Jahren mehr als 1,1 Billionen Dollar für neue Flugzeuge ausgeben würden. Offenbar aber nicht für die A380.
Bild: em company/P. Masclet
Aufbruch in die Zukunft
Nicht nur Airbus machen die großen Maschinen Sorgen: Boeing etwa baut jährlich noch sechs Exemplare seines Jumbo-Jets - als Frachtmaschinen. Der einstige Airbus-Verkaufschef John Leahy war sich zum Abschied 2017 sicher: "Der Passagierverkehr wird sich verdoppeln." Das Problem sah er eher am Boden: "Wir können nicht so viele Flughäfen bauen!" Richten sollen es nun neue Maschinen wie die A350.