Masken gibt es auf der großen Leinwand eigentlich schon so lange, wie es das Kino gibt. Das ist wohl kein Zufall: Mit Masken lässt sich allerlei verdecken. Und die Täuschung ist ja auch ein Fundament des Kinos.
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Alles Maskerade? Das Kino und die Masken
Ob Mund-, Nasen- oder Augenschutz - die Filmgeschichte ist voller Heldinnen und Helden, die ihr Antlitz verdecken. Meist tauchen diese im Genrekino auf - doch es gibt auch Ausnahmen mit ernstem Anliegen.
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Berühmteste Filmmaske: Zorro
Vor über 100 Jahren betrat er die Welt der Unterhaltungsliteratur, vor genau einem Jahrhundert die Filmleinwand: Zorro. Wie in so vielen früheren und späteren Heldengeschichten dient die Maske dazu, die wahre Identität des Protagonisten zu verschleiern. Dabei ist Zorro ein positiv besetzter Charakter. Er tut Gutes im Zeichen der Anonymität: hier Antonio Banderas in einer Verfilmung von 1998.
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Legendärer Held: Tyrone Power
Als einer der berühmtesten Zorro-Darsteller in der langen Geschichte der Zorro-Verfilmungen gilt noch heute Tyrone Power. Er trug die berühmte schwarze Maske 1940 in der Verfilmung "Im Zeichen des Zorro". Charakteristisch: Die Maske verdeckt nur die obere Gesichtshälfte und lässt die Augen des Helden trotzdem strahlen.
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Masken gegen Gas: "Kameradschaft"
Auch wenn Masken in der Filmgeschichte überwiegend im Unterhaltungskino getragen werden - es gibt auch Ausnahmen. Ein frühes Beispiel ist der Film "Kameradschaft" (1931) des österreichischen Regisseurs Georg Wilhelm Pabst. Das Drama zeigt seine Protagonisten zehn Jahre nach dem Ersten Weltkrieg im Einsatz während eines Grubenunglücks: ein Appell an deutsch-französische Freundschaft.
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Triumph des Humanismus: "Der Elefantenmensch"
Selten hat das amerikanische Kino einen solch bewegenden, humanistisch geprägten Film hervorgebracht. "Der Elefantenmensch" von Regisseur David Lynch, der 1980 noch ganz am Anfang seiner Karriere stand, erzählt die authentische Geschichte des körperlich schwer versehrten John Merrick, der seine Behinderung mit einer Maske verdeckt: Ein Leinentuch mit nur einem Loch aus Schutz vor Hänseleien.
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Superheldenmythos: "Batman" und Co.
Eine andere Rolle spielen die Maskierungen moderner Comic- und Filmfiguren späterer Zeiten. Eine der populärsten: Batman, der wie Zorro nur die obere Gesichtshälfte verdeckt. Auch hier gilt: In der Anonymität tun Figuren wie Zorro oder Batman viel Gutes. Die Helden (hier George Clooney neben Chris O’Donnell als Robin) wollen unerkannt bleiben, nicht mit ihren guten Taten protzen.
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Die Frau hinter der Maske: "Catwoman"
Ebenso alt wie Batman, aber wahrscheinlich weniger bekannt, ist die Figur der Catwoman. Auch sie verbirgt hinter der Maske ihre wahre Identität - um dann auszuleben, was sie sich schutzlos nicht traut. Catwoman war einst eine Gegenspielerin von Batman, wandelte sich in späteren Comics und Verfilmungen (hier Halle Barry) aber zu einer positiv besetzten Figur.
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Mantel- und Degenfilme: "Der Mann mit der eisernen Maske"
Eines der klassischen Filmgenres, in dem Helden und Antihelden hinter Masken schlüpfen, ist der Mantel- und Degenfilm, der sich an Alexandre Dumas' "Die drei Musketiere“ anlehnt. Eine Variante bot der Roman "Le Vicomte de Bragelonne", ebenfalls von Dumas, der in der Kinoversion von 1998 "Der Mann mit der eisernen Maske" hieß. Hier blickt Superstar Leonardo DiCaprio nachdenklich auf seine Maske.
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Schutz vor neugierigen Blicken: "Das Phantom der Oper"
Ebenfalls aus der Feder eines französischen Autors stammt die literarische Vorlage "Le Fantôme de l'Opéra". Auch sie wurde immer wieder verfilmt. Hier ist das Motiv des Helden, die Maske als Schutz zu tragen: Wie bei David Lynchs "Der Elefantenmensch" aus Angst vor dem Spott der Umwelt. Das Gesicht des Helden (hier Gerard Butler neben Regisseur Joel Schumacher) ist entstellt.
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Schutz vor dem Monster: "Das Schweigen der Lämmer"
Umgekehrt verhält es sich in den Verfilmungen nach der Romanreihe von Thomas Harris. Hier gilt es, die Umwelt, sprich andere Menschen, zu schützen. Wahrhaft furchterregend fiel die Filmversion von Regisseur Jonathan Demme im Jahre 1988 aus, in der Anthony Hopkins als Hannibal Lector die Zuschauer nachhaltig schockte.
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Populär: Horror-Masken in "Scream" und Co.
Überhaupt der Schrecken: Masken tauchen vor allem im Horrorfilmgenre immer wieder auf. Ihre Übeltäter tragen Masken, aber nicht wie Hannibal Lector zwangsweise, wenn sie von Polizei und Justiz festgesetzt werden, sondern um ihre Opfer zu erschrecken. Besonders erfolgreich war 1996 "Scream", der das Publikum weltweit schockierte - und zahlreiche Nachfolgefilme inspirierte (wie hier "Scream 2").
Eine ganz andere Rolle spielt die Maske in Stanley Kubricks letztem Film "Eyes Wide Shut". In einer der zentralen Szenen des Films verstecken sich die Protagonisten hinter venezianischen Masken (hier ein Produktionsbild), um bei einer mysteriösen Orgie ihren erotischen Phantasien freien Lauf zu lassen: die Maske als Utensil der Reizsteigerung.
Bild: imago images/Landmark Media
Die Gangstermaske: "Victoria"
Klassisches Utensil ist die Maske im Gangsterfilm. Dort schützt sie vor Verfolgung und Enttarnung. Meist lässt die Maske nur einen oder zwei Schlitze für die Augen frei. Der in einer einzigen Einstellung gedrehte deutsche Film "Victoria" (2015) von Regisseur Sebastian Schipper war zwar kein klassischer Gangsterfilm, bot dem Zuschauer aber eine rasant inszenierte Maskenszene in einer Tiefgarage.
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Genremix: "V wie Vendetta"
Eine effektvolle Mischung mehrerer Genres bot 2005 der Film "V for Vendetta". Der Held "V" verbirgt sein Gesicht hinter einer Grinse-Maske, die sich an ein Vorbild aus dem frühen 17. Jahrhundert orientiert. Der katholische Fanatiker Guy Fawkes wollte 1605 das englische Parlament in die Luft sprengen. Dessen stilisiertes Konterfei griff später ein Comic auf, auf dem der Film basiert.
Auch hier wieder eine Comicvorlage: Zu magischen Wunderkräften verhilft eine mysteriöse Maske dem von Jim Carrey gespielten schüchternen Bankangestellten im Film "The Mask" von 1994. Hier verhilft die Maske dem zuvor vom Pech verfolgten Helden zu einem gänzlich anderen Auftreten - und Aussehen. Ein herrlicher Spaß, in dem die Maske lediglich als Auslöser einer irrwitzigen Filmreise dient.
Ein überragender Erfolg war schließlich 2019 der mit dem Goldenen Löwen von Venedig und zwei Oscars ausgezeichneten "Joker". Streng genommen ist das, was Hauptdarsteller Joaquin Phoenix hier präsentiert, natürlich keine Maske: Es ist Maskerade auf der Haut. Und auch Sinn und Zweck dieser Maskerade sind nicht ganz so eindeutig zu interpretieren wie all die Masken in der Filmgeschichte zuvor.
Vortäuschen, was nicht da ist. Identitäten verdecken. Den Zuschauer an der Nase herumführen - ob aus guten oder bösen Motiven. Die Geschichte der Maske im Kino ist noch nicht geschrieben. Vielleicht geschieht das ja demnächst: Wenn Masken aufgrund der Corona-Pandemie zum dauerhaften Begleiter der Menschen werden. Und möglicherweise tauchen ja demnächst auch die Darsteller auf dem einen oder anderen Filmset mit Maske auf. Netflix hat soeben die erste Corona-Serie angekündigt.
Ein Rückblick auf die Maske in der Filmgeschichte lohnt bereits heute. Schon zu Stummfilmzeiten gab es maskierte Filmhelden. Am Anfang der Kinogeschichte feierten insbesondere Genrefilmegroße Erfolge. Das Publikum sollte verblüfft und gebannt werden: Horror- und Kriminalszenen, auch Komödien, bei denen die Helden sich maskierten, waren gefragt.
Masken verbargen die guten Filmhelden - aus unterschiedlichen Gründen
Die Maske als Versteck, als Tarnung, als Täuschung. Das hatte Erfolg: "Im Zeichen des Zorro" entstand 1920, "Das Phantom der Oper" fünf Jahre später. Da genügte in der Stummfilm-Ära Action, Handlung und Gestik - auch wenn letztere dann hinter der Maske verschwand. Im Grunde genommen hat sich das bis heute nicht geändert. Die Motive ähneln sich noch im neuen Kino-Jahrtausend. Oft ist es der positiv besetzte Held, der aus Bescheidenheit - oder aber, weil er einen Makel im Gesicht trägt - zur Maske greift, um dann wahre Heldentaten zu begehen.
Oder aber der (Anti-)Held führt Böses im Schilde und maskiert sich aus Schutz vor Entdeckung. Der Banküberfall ohne Maske - kaum denkbar. Auch wenn es dann schon zu spät ist und der Täter eingebuchtet, kann eine Maske immer noch helfen. Dann allerdings aus anderen Gründen. Sie spielt für die "Guten" eine lebensrettende Rolle spielen, siehe Hannibal Lector: Die Maske als Beißschutz.
Insbesondere im Horrorgenre spielt die Maske eine wichtige Rolle
Ob Zorro oder Batman, ob Catwoman (Frauen tragen in Filmen übrigens seltener eine Maske) oder die Fechtkünstler der Mantel- und Degenfilm-Ära: Sie alle wollen, zumindest zeitweise, nicht erkannt werden. Das trifft auch auf die vielen üblen und bestialisch mordenden Täter im Horrorgenre zu. Sie wollen erschrecken und töten - die Maske ist hier alles andere als Lebensschutz.
Masken, wie wir sie in diesen Tagen tragen, zum Schutz vor negativen Effekten, ob Krankheit (Corona) oder Umwelt (Klimaschutz), spielen in der Filmgeschichte dagegen eine untergeordnete Rolle. Doch es gibt auch solche Filme, in denen Masken den Menschen Schutz zum Überleben gewähren. In "Kameradschaft" von 1931 schützt die Maske die Menschen vor tödlichem Gas an der Front während des Ersten Weltkriegs.
Auch in einigen humanistischen Filmen spielen Masken eine wichtige Rolle
In Filmen wie "Der Elefantenmensch" von David Lynch oder in Peter Bogdanovichs zu Herzen gehendem Drama "Die Maske" (1985) schützen Masken entstellte Menschen vor zu großer Neugier und Aufmerksamkeit der Mitmenschen. Am unheimlichsten gerät in diesen Tagen aber wohl das Wiedersehen mit Steven Soderberghs Film "Contagion", der schon vor einem knappen Jahrzehnt auf der Kinoleinwand eindrucksvoll eine Pandemie beschrieb, mit all ihren Auswirkungen. Auch dort spielen Masken eine wichtige Rolle.