Vor 75 Jahren begann der jüdische Aufstand im Warschauer Ghetto. Ein ungleicher Kampf, aber ein Widerstandsakt von hoher Symbolkraft. Viele Kino- und Fernsehfilme fanden Bilder für das menschliche Drama.
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Der Warschauer Ghetto-Aufstand im Film
Nicht nur in Literatur und Kunst hat das historische Ereignis seine Spuren hinterlassen. Der jüdische Aufstand im Warschauer Ghetto gegen die Nazi-Schergen war immer wieder ein Thema für Filmemacher und Regisseure.
Bild: TOBIS STUDIOCANAL
"Der Pianist" (2002)
"Der Pianist – mein wunderbares Überleben" heißt das Buch zum dreifach oscarprämierten Film des Meisterregisseurs Roman Polanski. Er schildert die ergreifende Lebensgeschichte des polnisch-jüdischen Pianisten Władysław Szpilman, der dank der Hilfe eines deutschen Offiziers überlebt. Polanski, dessen Mutter im KZ Auschwitz umkam, verarbeitete im Film seine eigene Geschichte.
Bild: imago stock&people
Filmkulisse: Jüdisches Ghetto
Die Dreharbeiten für den Film "Der Pianist" fanden in Berlin-Babelsberg statt. Hollywood-Regisseur Roman Polanski hatte die Kulisse für die Szenen im Warschauer Ghetto nach historischer Vorlage nachbauen lassen. Die Nazis hatten die jüdischen Bewohner der Stadt 1940 zusammengetrieben und interniert. Polanski hat als Kind Ähnliches erlebt -allerdings im Krakauer Ghetto.
Bild: TOBIS STUDIOCANAL
"A Film Memoir" (2011)
Laurent Bouzereaus Film ist eine Dokumentation über das Leben des französisch-polnischen Regisseurs Roman Polanski. In sehr persönlichen Interviews erzählt er darin seinem Freund, dem Filmproduzenten Andrew Braunsberg, seine Lebensgeschichte. Dabei schildert er auch seine traumatischen Erlebnisse im Krakauer Ghetto und redet über die Deportation der Mutter nach Auschwitz.
Bild: picture alliance/kpa
"Korczak" (1990)
Janusz Korczak war Arzt und Leiter eines jüdischen Waisenhauses in Warschau, das 1940 ins Ghetto verlegt wurde. Als die SS das Ghetto räumte, bestieg Korczak mit 200 Waisenkindern den Zug ins Vernichtungslager Treblinka. EIn Kommandant wollte ihm das Leben schenken, doch der Arzt blieb bei seinen Schützlingen. In "Korczak" (1990) setzt Andrzej Wajda (Bild) die dramatische Geschichte in Szene.
Bild: picture alliance/PAP
"Jakob der Lügner" (DE/CZ/1975)
Die Buchvorlage stammt von dem jüdischen Schriftsteller Jurek Becker. DEFA-Regisseur Frank Beyer machte daraus einen tragikomischen Film, der den Opfern der Judenverfolgung im besetzten Polen ein Gesicht gab: Jakob, verkörpert von der tschechoslowakischen Schauspiellegende Vlastimil Brodsky (Bild). Der Film spielt im Jahr 1944 in einem Ghetto in Polen, kurz vor der Befreiung durch die Rote Armee.
Bild: ullstein bild - KPA
"Lauf Junge Lauf" (PL/DE/FR/2013)
Der deutsche Regisseur Pepe Danquart hat die Romanvorlage zu einem historischen Politdrama gemacht. Srulik, einem kleinen jüdischen Jungen, gelingt gerade noch rechtzeitig die Flucht aus dem Warschauer Ghetto. Um der SS und den Wachsoldaten zu entkommen, flieht der Neunjährige in das nahe gelegene Waldgebiet. Ganz auf sich allein gestellt, muss er lernen, in der Wildnis zu überleben.
Bild: Hagen Keller/NFP
Filmbiografie: "Mein Leben" (2009)
Die Lebensgeschichte des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki, der als Jude 1938 aus Berlin nach Polen deportiert wurde, wurde von Regisseur Dror Zahavi fürs Fernsehen verfilmt. Zusammen mit seiner Frau Teofila gelang Reich-Ranicki 1943 die Flucht aus dem Warschauer Ghetto. Den jungen Marcel spielt der Schauspieler Matthias Schweighöfer, Katharina Schüttler (re) die Teofila.
Bild: picture alliance/dpa/WDR/T. Kost
Zeichnungen aus dem Ghetto
Die Frau an seiner Seite: Teofila stand immer im Schatten des berühmten Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki. Sie hat ihre Erinnerungen an das Überleben im Warschauer Ghetto ganz für sich allein verarbeitet. Erst Jahrzehnte nach den Ereignissen in Polen holte sie die Bilder hervor, die sie 1943 im Ghetto gezeichnet hatte. Nur unter Lebensgefahr konnte sie die Bilder herausschmuggeln.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Kugler
"Ein Überlebender aus Warschau"
Der jüdische Komponist Arnold Schönberg (Foto) emigrierte 1933 in die USA. 1947 schrieb er das siebenminütige Stück "Ein Überlebender aus Warschau", das zu den wichtigsten musikalischen Auseinandersetzungen mit dem Holocaust zählt. Der Text basiert auf Berichten eines Warschauer Zeitzeugen, der dem Stück den Titel gab. Das Stück endet mit dem jüdischen Gebet "Schma Jisrael".
Bild: picture-alliance/IMAGNO/Votava
"Dem Herrgott zuvorkommen"
Die Journalistin und Schriftstellerin Hanna Krall überlebte das Warschauer Ghetto als Kind und verarbeitete die Erfahrungen 1979 in ihrem Roman "Dem Herrgott zuvorgekommen". Das Buch mischt Literatur und Reportage undbasiert auf Gesprächen mit Marek Edelman, dem letzten der überlebenden Anführer des Aufstands. Edelman wurde später Herzchirurg in Lodz.
Bild: picture-alliance/dpa/J.Ph. Strobel
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"Der Pianist", "Jakob, der Lügner" und "Lauf, Junge Lauf" sind die wohl bekanntesten Filme, die das Warschauer Ghetto auf der Leinwand wieder auferstehen lassen (s. Bildergalerie). Mehrere Regisseure, allen voran Roman Polanski, setzten die historischen Ereignisse in Szene. Sie erzählten die Geschichte des Ghettos anhand ergreifender Einzelschicksale. Polanski, der französisch-polnische Meisterregisseur, verarbeitete damit auch seine eigene Geschichte: Er überlebte das Krakauer Ghetto, seine Mutter wurde in Auschwitz ermordet. Polanskis Film "Der Pianist" erhielt drei Oscars und war auch kommerziell erfolgreich.
Andrzej Wajda erinnert in seinem Film "Korczak" an den polnischen Kinderarzt und Pädagogen Janusz Korczak, dessen jüdisches Waisenhauses 1940 ins Warschauer Ghetto verlegt wurde. Als die SS das Ghetto 1942 räumte, trieben ihre Schergen die 200 Waisenkinder zum Bahnhof. Doch obwohl Korczak sich hätte retten können, ließ er seine Schützlinge nicht im Stich: Mit "seinen Kindern" bestieg er den Zug ins Vernichtungslager Treblinka.
Der Kniefall von Willy Brandt
Vor 75 Jahren, am 19. April 1943, erhoben sich jüdische Ghetto-Bewohner in Warschau mit dem Mut der Verzweiflung gegen ihre Peiniger. Sie wollten sich nicht länger wie Lämmer zur Schlachtbank führen lassen. Im Juli 1942 hatten die Nazis begonnen, das Ghetto zu räumen. Bis April 1943 wurden 300.000 Menschen in Vernichtungslager deportiert. Am 19. April 1943 sollten die letzten aus dem Ghetto geholt und in Vernichtungslager gebracht werden. Fast vier Wochen dauerte es, bis die SS den Aufstand niederschlagen konnte.
Vor dem Ehrenmal des Warschauer Ghettos bat Bundeskanzler Willy Brandt im Dezember 1970 mit einem Kniefall um Vergebung für die von Deutschen begangenen Verbrechen. Das Bild ging um die Welt. Noch heute ist das Warschauer Ghetto Symbol für Elend und Vernichtung, zugleich aber auch Beleg für den jüdischen Widerstand gegen Hitler.