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Im Gespräch: Rosa von Praunheim

16. Juli 2010

Vor 20 Jahren hat der Regisseur in "Überleben in New York" drei deutsche Frauen in der US-Metropole porträtiert. Nun erzählt er in seinem neuen Film "New York Memories" was aus ihnen geworden ist.

Rosa von Praunheim mit einem seiner Protagonisten in New Yorker Straße (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Seit 40 Jahren dreht Rosa von Praunheim Filme. Geboren 1942 als Holger Mischwitzky hat er sich als Aktivist der Schwulenbewegung immer besonders für die Belange von Homosexuellen engagiert. Zu seinen bekanntesten Filmen gehören "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt" (1970); "Ich bin meine eigene Frau" (1992) und sein bisher erfolgreichster Film "Überleben in New York", den 1989 immerhin 80.000 Zuschauer im Kino sahen.

DW-WORLD: Am Ende des Films erwähnen Sie, dass Sie New York mit Wehmut verlassen. Welche Liebesgeschichte verbindet Sie mit der Stadt New York ?

Rosa von Praunheim: Ich habe sehr viele Liebesgeschichten in New York erlebt, beruflich und auch privat. Ich war von 1971 bis 1995 sehr oft in New York und drehte dort viele Filme. Dann war ich 10 Jahre lange nicht dort. Das hatte viele Gründe. Ich fand die politische Situation nicht so interessant und New York ist teuer und zu einer Stadt der Reichen geworden. Wieder über eine Liebesgeschichte wurde mir eine neue Sicht auf New York eröffnet. Ich lebe mit einem jüngeren Freund zusammen, der von New York begeistert ist.

Wie spontan entsteht dann ein Film wie "New York Memories"? Gibt es ein Drehbuch, oder entsteht der Film erst beim Schnitt?

Spontan sind immer die Ideen. Die kann man jeden Tag haben. Das Schwierige ist immer Geld aufzutreiben. Wenn man dann auch eine Filmförderung bekommen will, heißt das auch Fernsehredakteure zu begeistern. Dafür muss man die Ideen ausfeilen und ein Script haben. Das ist dann ein Prozess von mindestens einem halben Jahr.

"New York Memories"Bild: BASIS Film Verleih

Wandel mit dem Bürgermeister Giuliani

Was hat sich für Sie in New York in den letzten 40 Jahren am meisten verändert?

New York ist eine Stadt, die sich ständig verändert, nie stehen bleibt. Das liegt daran, dass immer wieder neue Menschen und Sensationen kommen. Jede Straße sieht nach ein paar Jahren völlig anders aus. So kann man immer wieder etwas Neues entdecken. Seit 1995 hat - durch den Bürgermeister Giuliani - eine ungeheure Säuberung stattgefunden. Der Times Square, der früher eine Sexmeile war, auch mit vielen, interessanten Leuten, ist zu einem "Disney-Land" geworden - rein für Touristen. Das "East Village" mit seinen Underground-Galerien und Discotheken - und natürlich auch Drogen - ist nun ganz "clean". Die Superreichen haben dort die Häuser gekauft und die Armen, Studenten und Künstler vertrieben.

Wenn Sie ihr Leben als Filmemacher Revue passieren lassen. Was ist dann in diesen 40 Jahren geschehen?

Ich habe gerade ein Buch veröffentlicht. "Rosas Rache - 50 Jahre Tagebücher", da kann man das ganz gut nachlesen. Wenn man diese fünf Jahrzehnte durchguckt und merkt, dass man eigentlich immer der Gleiche geblieben ist, die gleichen Fehler gemacht hat und eigentlich wenig dazugelernt hat, dann freuen sich manche, wenn sie das hören. Aber ich glaube, den Anderen geht es auch so.

Tanzen auf den Dächern von New York: "New York Memories"Bild: BASIS Film Verleih

Ein Leben zwischen Berlin und New York

Sie leben seit Jahren in Berlin. Wie würden Sie ihr Verhältnis zu Berlin auch im Vergleich zu New York beschreiben? Leben in Berlin, schwärmen für New York?

Berlin ist leichter. Arm und sexy. New York ist sehr prüde geworden durch die Gesetze von Giuliani. Sehr viele Schwulendiscos oder Sexbars sind geschlossen worden. In Berlin kannst du rundum die ganze Nacht Sex haben. Aber Berlin ist nicht so kosmopolitisch. Du hast nicht das Gefühl, dass Du in der Welt bist. In New York gibt es in einem Wohnblock 130 Nationen. In dieser Form hat man das in Berlin nicht. Es gibt ein paar Türken und Araber, auch mal ein paar Exoten in der U-Bahn. Aber die meisten sind doch weiß und mittelständisch. Das macht es auch ein Stück langweiliger.

"New York Memories" und auch der Film "Meine Mütter", der vor ein paar Jahren entstand, sind sehr persönliche Filme, in denen man Ihnen als Person sehr viel näher kommt. Spielt das in ihrem Filmschaffen jetzt eine stärkere Rolle?

Nein. Das habe ich immer gemacht. Ich drehte schon sehr früh sehr persönliche Filme, in denen ich mich auch einbezog. Mein Privatleben habe ich auch immer öffentlich und somit für das Publikum gemacht. Das zieht sich eigentlich durch meine ganze Biografie durch.

Paradiesvogel von PraunheimBild: presse

In welchem Land außerhalb Deutschlands kennt man Sie am Besten?

Ich habe ja in Amerika länger gelebt. Insofern gab es da schon viele Filmaufführungen. Aber in Deutschland bin ich am etabliertesten. Hier habe ich auch mit dem Fernsehen und den Filmförderungen zusammengearbeitet. Das ist meine kulturelle Heimat. Ich könnte mich nirgendwo anders kommerziell behaupten.

Das Gespräch führte Jörg Taszman

Redaktion: Jochen Kürten

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