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Kampf gegen Todesstrafe

Galina Petrowskaja / Markian Ostaptschuk17. Oktober 2012

Ljubow Kowaljowa weiß nicht, wo ihr in Belarus hingerichteter Sohn Wladislaw begraben liegt. Jetzt will sie die Europäer für den Kampf gegen die Todesstrafe in ihrer Heimat mobilisieren.

Porträt von Ljubow Kowaljowa (Foto: Nikolai Khalezin)
Ljubow KowaljowaBild: privat

"An einem Märztag im Jahr 2012 haben die belarussischen Behörden nach einem unfairen Gerichtsverfahren meinen Sohn Wladislaw Kowaljow getötet. Der Alptraum nimmt für mich kein Ende. Die Leiche meines Sohnes ist mir nicht überstellt worden. Ich weiß nicht einmal, wo er begraben liegt", heißt es in einem Aufruf von Ljubow Kowaljowa auf der Internet-Aktionsplattform "change.org". Sie habe sich bereits an alle Instanzen in Belarus gewandt. "Ich habe sogar persönlich an Präsident Alexander Lukaschenko geschrieben, aber Antwort habe ich von niemandem erhalten", sagte Kowaljowa im Gespräch mit der DW.

Die belarussischen Behörden hatten im März dieses Jahres Wladislaw Kowaljow und Dmitri Konowalow mit Genickschüssen hingerichtet. Den beiden 26-Jährigen wurde vorgeworfen, im April 2011 ein Attentat in der Metro in Minsk verübt zu haben. Dabei kamen 15 Menschen ums Leben, mehr als 160 wurden verletzt. Beobachtern zufolge war die Schuld der Männer nicht erwiesen. Die belarussische Justiz steht in der Kritik, Beweise zu manipulieren, Geständnisse unter Folter zu erzwingen und Willkürurteile zu fällen. Gegen die Exekutionen hatte die EU scharf protestiert. Belarus vollstreckt als einziges Land in Europa bis heute die Todesstrafe. Laut belarussischer Gesetzgebung werden die Familienangehörigen nach der Vollstreckung des Urteils informiert. Den Ort der Bestattung des Hingerichteten erfahren sie nicht. Dagegen kämpf Wladislaw Kowaljows Mutter.

Dmitri Konowalow und Wladislaw Kowaljow wurden hingerichtetBild: Reuters

Online-Petition gegen Todesstrafe

Ljubow Kowaljowa bittet die internationale Gemeinschaft, ihre Online-Petition zu unterstützten. Sie verlangt darin, dass die sterblichen Überreste ihres Sohnes ihr überstellt werden. Auch ruft sie dazu auf, sich ihrem Kampf gegen die Todesstrafe in Belarus anzuschließen. "Die Behörden haben meinen Sohn vier Monate nach dem Prozess getötet und uns damit das Recht auf Beschwerde genommen", beklagt die Mutter des Hingerichteten. Daher habe sie beschlossen, sich mit Aktionen an die Menschen in der EU zu wenden.

Aktionen in Amsterdam machen auf die Todesstrafe in Belarus aufmerksamBild: privat

Vor allem in den Niederlanden findet ihr Kampf Unterstützung. Bereits in mehreren niederländischen Städten fanden Flashmobs statt. An ihnen beteiligten sich meist Studenten und Künstler. Sie konfrontierten beispielsweise die Menschen auf ihrem Weg zur Arbeit an U-Bahnstationen mit Leichensäcken, in denen lebende Menschen lagen. Die Aktivisten verteilten dabei Einladungen zu dem Theaterstück "Trash cuisine", das vom belarussischen "Freien Theater" in Amsterdam aufgeführt wird.

Theaterstück soll aufrütteln

Nikolai Chalesin, Regisseur der Truppe, lebt im Londoner Exil. In Belarus wurde er politisch verfolgt und war gezwungen, nach der Präsidentenwahl im Jahr 2010 das Land zu verlassen. Seine gesamte Arbeit widmet er nun der Lage in seiner Heimat. "Trash cuisine" ist sein neuestes Stück. Es handelt von Todesurteilen und Hinrichtungen in verschiedenen Ländern. "Was mit dem Belarussen Wladislaw Kowaljow geschah, berichtete uns seine Mutter. Am Ende des Stücks tritt sie selbst auf die Bühne des niederländischen Königlichen Theaters und wendet sich ans Publikum", sagte der Regisseur.

Szene aus dem Stück "Trash cuisine" des belarussischen "Freien Theaters"Bild: Nikolai Khalezin

"Wir wollen, dass die Mutter ihren Sohn nach christlicher Tradition beisetzen kann. Außerdem wollen wir wissen, wo die Leichen verschwundener Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sind, darunter des ehemaligen Innenministers Juri Sacharenko, des Geschäftsmannes Anatoli Krasowski, des Vize-Parlamentsvorsitzenden Viktor Gontschar sowie des Journalisten Dmitri Sawadski", so Chalesin. Ihm zufolge ist heute das Leben aller politischen Gefangenen in Belarus in Gefahr.

Hilfe aus Deutschland gefordert

Einer der zahlreichen Menschen, die in Amsterdam Ljubow Kowaljowas Kampagne und das "Freie Theater" unterstützen, ist der Osteuropa- und Zentralasien-Koordinator der Internet-Plattform "change.org", Dmitri Sawelow. Ihm zufolge haben schon mehr als 100.000 Menschen aus aller Welt die Online-Petition gegen die Todesstrafe in Belarus unterzeichnet. "Diese Internet-Aktion wird die belarussischen Behörden ständig daran erinnern, dass die internationale Gemeinschaft die Lage in dem Land verfolgt ", sagte er.

Tobias Weihmann setzte sich gegen die Hinrichtung von Kowaljow und Konowalow einBild: privat

Auch der deutsche Menschenrechtsaktivist Tobias Weihmann hilft Ljubow Kowaljowa in ihrem Kampf gegen die Todesstrafe in Belarus. Schon im Dezember vergangenen Jahres hatte er sich mit einer Aktion am Brandenburger Tor in Berlin gegen die Hinrichtung von Wladislaw Kowaljow und Dmitri Konowalow eingesetzt. "Man kann die Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit und Politik auf die Probleme in Belarus auch mit dem Stück des 'Freien Theaters' lenken", glaubt Weihmann. Deshalb sollte eine Initiativgruppe gebildet werden, die ein solches Projekt auch in Deutschland umsetzt.

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