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Gefahr im Libanon

Mareike Aden14. November 2006

Libanon steckt nach dem Rücktritt von sechs Ministern in einer Regierungskrise. Eine Eskalation der Kontroverse zwischen dem pro-westlichen Ministerpräsidenten und der Hisbollah könnte das Land erneut ins Chaos stürzen.

Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora.
Ministerpräsident Siniora will Frieden wahrenBild: picture-alliance

Der Konflikt schwelt seit dem 14. August 2006, als der israelische Feldzug gegen die Hisbollah im Libanon mit einem vorläufigen Waffenstillstand endete. Seitdem fordert die islamistische Hisbollah eine stärkere Regierungsbeteiligung für sich und die verbündete Amal-Bewegung. Sie rechtfertigt diesen Anspruch mit dem vermeintlichen Erfolg, mit dem sie Israel die Stirn geboten habe. Das Hisbollah-Lager will seinen Einfluss durch eine Regierungserweiterung um weitere Ministerien zu ihren Gunsten vergrößern. Mit 8 von 24 Stimmen könnte es dann mit einer Sperrminortität jede Kabinettsentscheidung blockieren.

Hisbollah will eigene Entwaffnung verhindern

Hisbollah-Anhänger feiern das Kriegsende im August 2006Bild: AP

"Unter dem Deckmantel einer Konsensdemokratie will die Hisbollah den Libanon an sich reißen", befürchtet der aus dem Libanon stammende Islamwissenschaftler Ralph Ghadban. Dabei sei die anfängliche Hisbollah-Begeisterung nach dem Krieg längst verflogen.

Die Sperrminorität soll verhindern, "dass die Regierung mit westlicher Rückendeckung und UN-Soldaten versuchen könnte, die Hisbollah zu entwaffnen", analysiert der Islamwissenschaftler Stephan Rosiny, der sich bis vor kurzem für Forschungsarbeiten im Libanon aufhielt. Er gibt zu bedenken, dass die Konsensdemokratie im Libanon "eine lange Tradition" habe und verweist darauf, dass nicht nur die Hisbollah, sondern auch der christliche Ex-General Michel Aoun, dessen Partei 21 der 128 Parlamentarier stellt, eine Regierungsumbildung verlangt.

Rücktritte vor Hariri-Sondersitzung

Beobachter vermuten, dass der Konflikt sich am vergangenen Wochenende zuspitzte, da der Libanon am Freitag ein Dokument erhielt, in dem die UN ihre Pläne für den Prozess um den vermutlich von Syrien verschuldeten Mord am Ex-Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri vorstellt. Am Montag billigte das Kabinett die UN-Pläne - allerdings in Abwesenheit der fünf schiitischen, pro-syrischen Minister. Die hatten am Sonnabend ihren Rücktritt aus der Regierung bekannt gegeben. Als offizielle Begründung führten sie an, dass Präsident Siniora sich nach wie vor weigere, der Hisbollah und der Amal-Bewegung die zusätzlichen Ministerposten zu gewähren.

Am Montag, kurz bevor das Kabinett zu der Hariri-Sondersitzung zusammen kam, verschärfte sich die Krise weiter. Auch der christliche, pro-syrische Umweltminister legte sein Amt nieder. Ein Kabinett ohne schiitische Beteiligung repräsentiere nicht die libanesische Gesellschaft, so der zurückgetretene Minister, der als Verbündeter der Schiiten gilt. Auch Rosiny bezweifelt dessen Legitimität in einer Situation wie dieser, "da rund 35 Prozent der Libanesen Schiiten sind".

Am Rand zum Bürgerkrieg

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah droht damit, den Regierungskonflikt auf die Straße zu tragen und hat seine Anhänger zu Massenprotesten aufgerufen - Gegenkundgebungen wurden bereits angekündigt. Der Verteidigungsminister hat bereits 20.000 Soldaten in die Hauptstadt abkommandiert, um Gewaltausbrüche zu verhindern. "Sobald ein Schuss fällt, sind wir am Anfang eines Bürgerkrieges. Dann muss die internationale Staatengemeinsschaf helfen", fordert Ghadban.

Die Erinnerungen an den Krieg sind noch wachBild: AP

Doch noch ist eine Lösung am Verhandlungstisch möglich. "Eine Einigung würde die Hisbollah erheblich schwächen und das könnte ihre Agressivität noch steigern", sagt Ralph Ghadban. Die Folgen einer Eskalation wären verheerend: Der Libanon liege nach dem Krieg immer noch am Boden. "Ein Bürgerkrieg wäre das Ende des Landes", sagt Ghadban. Und Kämpfe zwischen sunnitischen und schiitischen Moslems wären keineswegs eine innerlibanesische Angelegenheit. Ein solcher Konflikt würde auf die ganze Region ausstrahlen, meint Rosiny. Denn auch im Irak ist die Situation zwischen den beiden islamischen Konfessionen bereits eskaliert.

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