Die neuen Kardinäle
18. Februar 2012 Die 22 Geistlichen traten am Samstag (18.02.2012) im Petersdom in Rom einzeln vor Papst Benedikt XVI., der ihnen eine rote Kopfbedeckung aufsetzte: das Kardinalsbirett. Dann steckte er ihnen einen Ring auf den Finger, mit einem eingravierten Bild der Apostel Petrus und Paulus. Schließlich überreichte er ihnen eine Ernennungsurkunde und wies ihnen traditionell eine Titelkirche zu. Damit ist jeder Kardinal auch Pfarrer in Rom mit eigener Gemeinde - zumindest auf dem Papier.
Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Berlin, war an diesem Samstag die Nummer 17. Mit seinen 55 Jahren ist er der Jüngste im Kreis der nunmehr 213 Kardinäle - eine Blitzkarriere
Wohnen im Brennpunkt, feiern mit Obdachlosen
Erst im August 2011 ist Rainer Maria Woelki vom Kölner Weihbischof zum Erzbischof von Berlin aufgestiegen. Nur wenige Wochen im neuen Amt, empfing er bereits Papst Benedikt XVI. in der deutschen Hauptstadt. Seitdem wurde Woelki als Kardinals-Kandidat gehandelt.
Aufgewachsen ist er in Köln. Nach dem Abitur absolvierte Woelki seinen Wehrdienst und studierte anschließend Theologie. Seine Doktorarbeit schrieb er an der römischen Universität des Opus Dei. Rund zwei Jahrzehnte lang arbeitete er in unterschiedlichen Funktionen an der Seite des konservativen Kölner Kardinals Meisner.
Als Erzbischof von Berlin wohnt Woelki nicht, wie man vielleicht denken könnte, in einem repräsentativen Bau - sondern in einer Etagenwohnung im Berliner Arbeiterviertel Wedding. "Im Haus wohnen sehr viele Migranten", so Woelki. "Meine Brötchen hole ich beim türkischen Bäcker."
Vor seiner Ernennung zum Kardinal kündigte er an, arme Berliner zum Mittagessen einzuladen, sobald er wieder aus Rom zurück ist. Damit will er deutlich machen, "dass auch sie zu uns gehören und ein Recht darauf haben, mit uns zu feiern."
Öffentlichkeitsscheu
Im Petersdom kam Jesuitenpater Karl Josef Becker als letzter an die Reihe. Der 83-Jährige gilt als Überraschungskandidat. Wegen seiner Abneigung gegen öffentliche Auftritte und Interviews ist der Rheinländer weitgehend unbekannt.
Karl Josef Becker kam am 18. April 1928 in Köln zur Welt und trat 1948 dem Jesuitenorden bei. Von 1950 bis 1953 studierte er Philosophie an der Ordensschule der Jesuiten in Pullach und Theologie an der Philosophisch-technischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. 1958 wurde er zum Priester geweiht. Von 1963 bis 1969 lehrte er in Frankfurt Dogmatik bis er dann nach Rom wechselte, wo er dieses Fach 34 Jahre lang an der päpstlichen Universität Gregoriana unterrichtete. 2003 wurde er emeritiert.
Becker und der Papst kennern sich bereits seit den 1980er Jahren. An Beckers 75. Geburtstag hielt Benedikt, damals noch Kardinal und unter seinem bürgerlichen Namen Joseph Ratzinger bekannt, eine Festrede. Die Kardinalswürde erhält Jesuitenpater Becker, genau wie drei andere Geistliche gleichen Alters, für besondere Verdienste.
Beraten und wählen
Das Kardinalskollegium hat Papst Benedikt XVI. als "eine Art Senat" bezeichnet. Geleitet wird das Kollegium vom Kardinaldekan - derzeit von Angelo Sodano. Sein Vorgänger war Joseph Ratzinger.
Kardinäle sind aber nicht nur Papst-Berater, sie bilden auch das Gremium, das ein neues Kirchenoberhaupt wählt. Nach dem Tod eines Papstes bestimmen die Kardinäle aus ihrer Mitte einen Nachfolger. Wahlberechtigt sind allerdings nur Kardinäle unter 80 Jahren.
Europa überrepräsentiert
Die Hälfte der weltweit rund 1,2 Milliarden Katholiken lebt in Amerika, nur ein Viertel in Europa. In der Zusammensetzung des Kardinalskollegiums spiegelt sich das allerdings nicht wider: Es besteht aus 213 Mitgliedern, darunter 119 Europäer und nur 53 Amerikaner. Dieses Missverhältnis wird sich mit den neu ernannten Kardinälen nicht ändern: 16 der 22 "Neuen" kommen aus Europa.
Mit nunmehr neun Kardinälen stellen die Deutschen jetzt ebenso viele wie Frankreich. Davor liegen Brasilien und Spanien mit je zehn, die USA mit 19 und Italien mit 52 Kardinälen.
Autor: Marco Müller
Redaktion: Johanna Schmeller