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Politik

"Das Auto wird gerade neu erfunden"

7. Juli 2017

Gleich fünf Ministerpräsidenten, drei von der Union, ein SPD-Mann und ein Grüner, wollen mehr Elektroautos in Deutschland. Zu Recht: Bislang hat das Land die Entwicklung verschlafen.

Ladestation für Elektroautos
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Das kommt nicht alle Tage vor: Fünf deutsche Ministerpräsidenten aus verschiedenen politischen Lagern machen sich für ein gemeinsames Ziel stark: Winfried Kretschmann (Grüne) aus Baden-Württemberg, Bayerns Horst Seehofer von der CSU, Volker Bouffier und Armin Laschet, beide CDU, und Stephan Weil, SPD-Regierungschef in Niedersachsen. Auf Anregung von Kretschmann stellten sich die Landeschefs am Freitag in Berlin vor die Presse und erklärten: Sie wollen mehr Elektroautos in Deutschland - und mehr Ladestationen. Kretschmann formulierte dazu einen einprägsamen Satz: "Das Auto wird zur Zeit neu erfunden." Und Stephan Weil ergänzte: "Wir haben in Deutschland das allergrößte Interesse daran, dass wir auch in Zukunft Spitzenfahrzeuge in alle Welt verkaufen können - und dass wir das Auto-Land Nummer Eins bleiben. Wir sind uns darüber einig: Dafür wird in den nächsten Jahren viel geschehen müssen."

Tesla 3 wird in Serie gebaut

Elektrisch in die Zukunft: Der erste Mittelklasse-Tesla kommt auf den MarktBild: picture-alliance/dpa/Tesla

Das sehen Experten auch so. Und ganz zufällig scheint der Zeitpunkt für die Initiative pro E-Auto nicht zu sein: Der amerikanische Elektroauto-Hersteller Tesla bringt gerade sein neuestes Modell (Tesla 3) in die Serienproduktion. Damit sollen E-Autos endlich erschwinglicher werden. Deutsche Hersteller konnten sich dagegen noch nicht so recht mit alternativen Antrieben anfreundem. Im Gegenteil: In Thüringen hat dieser Tage die letzte große, relevante Firma für Batteriezellen Insolvenz angemeldet. Die Konkurrenz aus Asien ist einfach zu stark.

"Die Zukunft ist elektrisch"

Dabei sind sich alle Parteien in Deutschland einig: Die Zeit des Benzin- oder Dieselantriebs geht zu Ende. "Die Zukunft des Automobils ist elektrisch", heißt es etwa im SPD-Programm zur Bundestagswahl.  Und die Grünen haben jüngst auf ihrem Parteitag gar beschlossen, schon bis 2030 ganz auf Benzinautos zu verzichten - was aber Kretschmann, der grüne Ministerpräsident, für reichlich naiv hält. Wohl auch deshalb hat er nun die Initiative ergriffen.

Das Auto neu erfinden - zusammen mit der Industrie: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried KretschmannBild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Er will vor allem bestimmte Gruppen von öffentlichen Fahrzeuge rasch auf Motoren mit elektrischem Antrieb umstellen: "Beispielsweise bei den sozialen Diensten. Das ist ein erheblicher Fahranteil in den Großstädten", sagte Kretschmann der Deutschen Welle. Ungehalten allerdings wird der Regierungschef aus Stuttgart, wenn er gefragt wird, bis wann das alles umgesetzt werden soll: "Wir haben gerade 45 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor und 35000 Elektrofahrzeuge. Da können die Ministerpräsidenten doch nicht aus dem hohlen Bauch heraus irgendwelche Daten festlegen."

Zuschüsse erzielen noch keine große Wirkung 

Das ist wohl auch so, weil die deutschen Autofahrer bislang nicht viel von E-Autos halten - vor allem, weil eine verlässliche Infrastruktur fehlt. "Von der Nordsee bis zum Bodensee: Immer eine Ladestation in Sichtweite", heißt es deshalb plakativ im Papier der Ministerpräsidenten. Seit dem vergangenen Jahr gibt es immerhin staatliche Zuschüsse für den Kauf von E-Autos, die in anderen Ländern wie Norwegen schon lange üblich sind. Dennoch haben in diesem Jahr in Deutschland bislang lediglich rund 23.000 Käufer solche Zuschüsse beantragt. Von dem ehrgeizigen Ziel, bis 2020 rund eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen, hat sich die Bundeskanzlerin auch angesichts solcher Zahlen vor kurzem ganz kühl verabschiedet.

Industrie soll Dieselautos umrüsten - auf eigene Kosten

Beim zweiten drängenden Verkehrsproblem dieser Tage wollen die fünf Ministerpräsidenten ebenfalls Einigkeit zeigen: bei der hohen Feinstaubbelastung in den Städten, verursacht durch Dieselfahrzeuge.

"Nicht zu Lasten der Kunden": Firmen sollen ältere Autos umrüsten und so die Feinstaubbelastung verringernBild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Die Regierungschefs setzen auf Umrüstungen älterer Fahrzeuge. Horst Seehofer: „Das ist möglich technisch, auch in überschaubarer Zeit. Wir legen Wert darauf, dass diese Umrüstung zu Lasten der Wirtschaft geht und nicht zu Lasten der Kunden." In einigen Städten, z.B. in Stuttgart, gibt es dazu schon Fahrverbote, wenn die Belastung zu sehr steigt. Trotzdem will Deutschland eher auf freiwillige Lösungen gemeinsam mit der Wirtschaft setzen - anders als Frankreich: Die Regierung in Paris plant, bis spätestens 2040 den Verkauf von Diesel- und Benzinautos zu verbieten.

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