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Immer mehr Afrikanerinnen nutzen Verhütungsmittel

Martina Schwikowski
15. Februar 2021

Aufklärung, Beratung, Kondome per SMS: Eine steigende Zahl afrikanischer Frauen nutzt Angebote zur Familienplanung. Ein Erfolg für Regierungen und internationale Partner. Trotzdem sind die Geburtenraten noch immer hoch.

Eine Frau in der Zentralafrikanischen Republik erhält kostenlose Kondome
Bild: picture-alliance/Wildlife/M. Harvey

Afrikas Bevölkerung wächst rasant: Bis 2050 soll sich die Einwohnerzahl nach Berechnungen der Vereinten Nationen auf zwei Milliarden verdoppeln. Doch die hohen Kinderzahlen machen es immer schwieriger, die nachfolgenden Generationen mit Arbeitsplätzen zu versorgen.

Es gibt aber auch positive Trends: Immer mehr Frauen nutzen moderne Verhütungsmittel. Laut dem jüngsten Bericht von "Family Planning 2020" (FP2020) ist die Zahl seit 2012 um 66 Prozent gestiegen - von 40 Millionen auf über 66 Millionen Frauen und Mädchen.

Als die Initiative aus Regierungen, UN-Organisationen und privaten Stiftungen vor acht Jahren ins Leben gerufen wurde, setzten sie sich ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2020 sollten in den 69 einkommensschwächsten Ländern der Welt 120 Millionen Menschen mehr als bisher moderne Verhütungsmittel nutzen.

Auch Teenager werden in Aufklärungskampagnen einbezogenBild: Getty Images/AFP/S. Heunis

Die Bilanz: Es sind nur 60 Millionen neu dazugekommen.  In Zentral- und Westafrika hat sich laut FP2020 die Zahl der Nutzerinnen  verdoppelt. Im östlichen und südlichen Afrika ist sie sogar um 70 Prozent gestiegen.

Mehr Zugang zu Verhütungsmitteln

Was ist der Schlüssel zum Erfolg? "In den meisten Ländern sind konkrete Hebel angesetzt worden", sagt FP2020-Direktorin Beth Schlachter im DW-Interview. "Die Lieferketten für Verhütungsmittel zu den Kliniken oder Gemeindezentren sind erweitert worden." Zu Beginn starteten Mitarbeiterinnen mit der Ausgabe von Antibaby-Pillen, Kondomen und Hormonspritzen.

Inzwischen sei das Angebot stark verbessert: "Gesundheitsberater in den Gemeinden helfen Frauen bei der geeigneten Auswahl für ihre gesundheitliche Versorgung." Ein wichtiger Aspekt stehe aber laut Schlachter noch aus - der Wandel kultureller und religiöser Glaubensvorstellungen, damit Frauen über ihre Körper selbst bestimmen können.

Gerade in ländlichen Regionen braucht die Bevölkerung Zugang zu InformationenBild: Getty Images/AFP/G. Guercia

In dieser Hinsicht habe Malawi einen guten Job gemacht: "Das Land hat den Blick auf die jungen Mädchen und Frauen und ihre Bedürfnisse gerichtet", sagt Schlachter. Der arme südafrikanische Staat hatte noch vor wenigen Jahren eine der höchsten Raten an Kinderehen weltweit. 2018 setzte die Regierung dem ein Ende, in dem sie das Mindestalter auf 18 Jahre heraufsetzte.

Kleinere Familien durch mehr Bildung

Gemeinsam mit der Regierung hat FP2020 verschiedene andere Maßnahmen entwickelt. Das Thema Verhütung spielt eine wichtige Rolle: Besonders die Jugendlichen selbst seien durch Gespräche über soziale Normen, Verteilung von Verhütungsmitteln in Schulen und die Beratung in Dörfern und Gemeinden sensibilisiert geworden. "Die Gesundheitsvorsorge liegt mehr in den Händen der Frauen, so müssen sie nicht immer in die Kliniken zurückkehren", fügt Schlachter an.

"Der Kinderwunsch verändert sich in den meisten Ländern mit gutem Zugang zur Familienplanung", sagt Catherina Hinz, Geschäftsführerin des Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Auch ihre Studie "Afrikas demografische Vorreiter" bestätige diesen Trend. Dabei  spielten stets mehrere Faktoren eine Rolle. "Je gebildeter die Mädchen sind, desto kleiner die Familien", sagt Hinz im DW-Interview.

Experten fordern, dass Verhütungsmittel einfach erhältlich sein müssenBild: picture-alliance/dpa/H. Heine

Dabei müssten de Strategien immer parallel laufen: Mehr Einkommen sei wichtig, damit die Menschen nicht mehr auf Kinder als Altersversorgung setzen müssten. Wichtig sei auch der politischer Wille um den notwendigen Wertewandel einzuläuten. "In den Städten vieler Länder hat dieser Wandel bereits eingesetzt." Auf dem Land sei das Thema aber noch wichtiger.

Kondom-Lieferung per Moped

In Ruanda gab es laut Hinz eine findige Idee: Das junges Start-Up Kasha liefert Kondome und Verhütungsmittel per Moped bis in die Dörfer. Sie können – wie auch in Kenia - per SMS bestellt werden. 20.000 Menschen nutzen den Service bereits.

"In Äthiopien ist das Angebot der Verhütung für die Jugendlichen gewachsen", sagt Hinz. Außerdem habe die Regierung 40.000 Gesundheitshelferinnen ausgebildet, die in Gesundheitsstationen in ländlichen Regionen arbeiten. "Familienplanung richtet sich nicht nur an Verheiratete, die Helferinnen sind in den Gesundheitszentren auch für junge Leute ansprechbar", so Hinz.

Auch die Bekämpfung von Kinderehen gilt als wichtigBild: picture-alliance/AP Photo/S. Alamba

Im westafrikanischen Niger machen Ringkämpfer per Radio-Spot auf die Bedeutung von Verhütung aufmerksam: "Prominente Sportler machen dort Werbung für Kondome. Der Präsident hat das Thema Bevölkerungsentwicklung erkannt und unterstützt Verhütungskampagnen, Gelder fließen auch von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)", sagt Hinz.

Jugendliche frühzeitig einbeziehen

Ihre Kollegin Beth Schlachter von FP2020 betont auch die Erfolge in Burkina Faso. Die Regierung habe die Ausgaben um 30 Prozent erhöht und auch mehr Spendengelder angelockt, um die hohe Zahl an Schwangerschaften zu senken. Jugendliche sollen frühzeitig in Beratungen zur Familienplanung integriert und Verhütungsmittel frei verteilt werden.

Die Covid-19-Pandemie hat den Zugang zu Verhütung wieder erschwert. "Wir haben dennoch festgestellt, dass die Zuwächse im Gebrauch von Verhütungsmittel in Afrika höher sind als in asiatischen Ländern", sagt Schlachter. Doch dafür gibt es einen einfachen Grund: Afrika lag mit seinen Programmen weiter zurück.

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