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Immer mehr Länder heben Impfpriorisierung auf

13. Mai 2021

Nach Bayern und Baden-Württemberg hat auch Berlin angekündigt, die bisherige Impfpriorisierung in Arztpraxen abzuschaffen. Derweil haben Corona-Experten düstere Nachrichten für Impfverweigerer.

Deutschland Neuburg | Impfen beim Hausarzt
Ein Hausarzt in Mecklenburg-Vorpommern verabreicht einer Patientin eine Corona-ImpfdosisBild: Tessa Walther/DW

In Bayern und in Baden-Württemberg dürfen ab nächster Woche alle verfügbaren Corona-Impfstoffe ohne Rücksicht auf die staatlich vorgegebene Rangfolge beim Arzt verimpft werden. Dies werde "im Laufe der nächsten Woche" passieren, sagte Ministerpräsident Markus Söder in München. In Baden-Württemberg können die Ärzte ab Montag vollständig selbst entscheiden, wer die Impfung gegen das Coronavirus zuerst bekommt. Auch Brandenburg kündigte diesen Schritt an. Zuletzt gab das Land Berlin bekannt, ab Montag die bisherige Reihenfolge nach Kriterien wie Alter, Vorerkrankung oder Berufsgruppe für alle verfügbaren Corona-Impfstoffe bei Haus- und Betriebsärzten aufzuheben.

Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und die Bundesregierung lehnen eine Entpriorisierung mit Blick auf Millionen bisher nicht geimpfte Angehörige der Risikogruppen dagegen zum jetzigen Zeitpunkt ab. Das Gesundheitsministerium verwies auf den nach wie vor knappen Impfstoff und reagierte skeptisch. Es teilte weiter mit, es werde trotzdem den mit den Ländern vereinbarten Zuteilungsschlüssel auf Impfzentren und Arztpraxen nicht verändern. Wie das Wirtschaftsmagazin "Business Insider" berichtet, gibt es immer noch nicht genug Impfstoff für jeden. Erst ab Juni sollen wöchentlich deutlich mehr Dosen zur Verfügung stehen.

Experten warnen Impfverweigerer

Auf Impfskeptiker und -gegner kommen unterdessen schwere Zeiten zu. Das Robert Koch-Institut (RKI) betonte, dass jede und jeder mit einer Coronavirus-Infektion rechnen müsse, der sich nicht impfen lasse. "Dieses Virus wird uns nicht mehr verlassen", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler in Berlin. "Dieses Virus wird auf Dauer jeden Deutschen infizieren, der nicht geschützt ist durch eine Impfung. Das wird auf Dauer so sein."

Ähnlich äußerte sich der renommierte Berliner Virologe Christian Drosten: "Wer sich jetzt beispielsweise aktiv dagegen entscheidet, sich impfen zu lassen, der wird sich unweigerlich infizieren." Denn das Virus zirkuliere in der Bevölkerung - zum Beispiel unbemerkt im Rachen von Geimpften und bei kleineren Kindern, die noch nicht geimpft werden können. "Das Virus wird unerkannter Weise unter einer Decke des Immunschutzes sich weiter verbreiten", warnte der Wissenschaftler der Charité Berlin im Podcast "Coronavirus-Update" des Norddeutschen Rundfunks. Eine Entscheidung gegen die Impfung sei eine Entscheidung für die Infektion.

Der Berliner Virologe Christian DrostenBild: picture-alliance/dpa/C. Gateau

Mehr als jeder Dritte in Deutschland ist mindestens einmal gegen das Coronavirus geimpft - zehn Prozent der Bevölkerung haben inzwischen mit einer zweiten Spritze den vollen Schutz.

Corona-Kennzahlen signalisieren Entspannung

In Sachen Corona-Pandemie stehen die Zeichen zunehmend auf Entspannung: Die Zahl der Neuinfektionen sinkt abermals. Die deutschen Gesundheitsämter meldeten dem RKI binnen eines Tages 17.419 Corona-Neuinfektionen. Zum Vergleich: Vor einer Woche hatte der Wert bei 21.953 Neuansteckungen gelegen. Bundesweit wurden binnen 24 Stunden 278 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 250 Tote gewesen.

Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, nähert sich nun der Schwelle von 100. Sie lag am Donnerstag bundesweit bei 103,6. Am Mittwoch betrug sie 107,8, vor einer Woche 129,1. Der Wert sinkt in allen Altersgruppen. Einen Höchststand hatte der Wert am 26. April mit 169,3 erreicht.

In mehr als der Hälfte der Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland liegt die Sieben-Tage-Inzidenz inzwischen unter 100. Nach Daten des RKI galt das zuletzt für 214 von 412 erfassten Kreisen und kreisfreien Städten. Auch die Hälfte der Bundesländer liegt mittlerweile unter dem politisch maßgeblichen Wert von 100. Am besten schneidet weiterhin Schleswig-Holstein mit 46 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche ab. Nur noch knapp über 100 liegen das Saarland und Bayern (beide 101). Schlusslichter sind weiterhin Sachsen (140) und Thüringen (163).

Ende Juni Inzidenz unter 50

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Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz geht seit etwa zwei Wochen kontinuierlich zurück. Auch andere Kennzahlen wie der R-Wert und die Belegung der Intensivbetten mit Corona-Patienten weisen auf Entspannung hin. Das kann am Verhalten der Menschen liegen, aber auch am Fortschritt beim Impfen. Zudem sind Effekte der sogenannten Bundes-Notbremse denkbar. Sie greift, wenn die Inzidenz auf Kreisebene an drei aufeinanderfolgenden Tagen über 100 liegt. Dann gelten automatisch strengere Regeln wie Ausgangsbeschränkungen.

Spahn mahnt zur Vorsicht

Die Bundesregierung mahnt gleichwohl zu Vorsicht. Gesundheitsminister Jens Spahn sagte, mit sinkenden Infektionszahlen und auf den Intensivstationen gehe "alles in die richtige Richtung". Es gelte nun aber, sehr aufzupassen, dass Zuversicht nicht zu Übermut werde und es kein Zuviel an Kontakten und Lockerungen gebe.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erwartet mit Blick auf die Corona-Maßnahmen ein baldiges Ende der Grundrechtseinschränkungen für alle Menschen. "Ich möchte, dass es nun Veränderungen für uns alle gibt, nicht nur für Geimpfte und Genesene", sagte die SPD-Politikerin dem "Handelsblatt". "Wir alle müssen Schritt für Schritt wieder die Möglichkeit bekommen, unsere Grundrechte wieder vollständig auszuüben." Dies sei "eine Frage von wenigen Wochen, teilweise auch nur von Tagen, aber ganz bestimmt nicht mehr von einem halben Jahr".

kle/sti (dpa, epd, afp, rtr)

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