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Politik

Immer mehr Migranten in Griechenland

11. September 2019

Steht der Flüchtlingsdeal der EU mit der Türkei vor dem Aus? Erdogan droht der EU mit einer Grenzöffnung und immer mehr Menschen erreichen die Ägäis-Inseln. Pro Asyl fordert Europa zum Handeln auf.

Ja, das ist in Europa: Im Flüchtlingslager Nea Kavala in Nordgriechenland wurden Anfang September 1000 auf Lesbos angekommene Migranten untergebracht
Ja, das ist in Europa: Im Flüchtlingslager Nea Kavala in Nordgriechenland wurden Anfang September 1000 auf Lesbos angekommene Migranten untergebrachtBild: picture-alliance/AP Photo/G. Papanikos

Angesichts steigender Ankunftszahlen von Migranten auf den griechischen Inseln in der Ägäis warnt der Migrationsforscher Gerald Knaus vor einem Scheitern des EU-Türkei-Abkommens. "Wenn es zusammenbricht, dann wegen des Scheiterns auf den griechischen Inseln", sagte Knaus, der das Abkommen 2016 mitentwickelt hatte, der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Es müsse dringend einen Plan zur Unterstützung der griechischen Behörden geben.

Asylanträge müssten innerhalb weniger Wochen bearbeitet und Migranten dann zeitnah zurück in die Türkei geschickt werden, sagte Knaus. Dabei sollten die griechischen Behörden etwa vom deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unterstützt werden.

Luftbild des Flüchtlingslagers Moria auf LesbosBild: DW/D. Tosidis

Nach Angaben der EU-Kommission wurden bislang nur gut 2400 Syrer zwangsweise zurück in die Türkei geschickt. Auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszustroms hatte sich die EU im März 2016 mit der Türkei unter anderem darauf geeinigt, dass Migranten, die illegal nach Griechenland übersetzen, künftig zurück in die Türkei verwiesen werden können. Die EU wollte der Türkei im Gegenzug bis zu 72.000 syrische Flüchtlinge abnehmen.

Deal gegen Geld

Zuletzt kamen auf den griechischen Inseln wieder deutlich mehr Migranten an. Im August setzten nach UNHCR-Angaben 8103 Menschen aus der Türkei über. Im August 2018 waren es noch knapp 3200. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Europa zuletzt mehrfach gedroht, den Flüchtlingen die Tore zu öffnen, wenn sein Land nicht mehr finanzielle Unterstützung erhalte.

Blick ins Flüchtlingslager MoriaBild: AFP/A. Messinis

Der Migrationsforscher Knaus gibt das Abkommen allerdings noch nicht auf. Er setzt seine Hoffnung in die neue konservative Regierung Griechenlands unter dem Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis. Zudem verweist er darauf, dass die Zahl der auf den Inseln ankommenden Migranten noch immer deutlich unter der vor März 2016 liegt. "Wir haben es mit einem Wachstum zu tun, und das ist ein ernstes Zeichen. Aber die Situation ist noch nicht außer Kontrolle."

"Besser vorbereitet"

Auch die Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), äußerte sich besorgt, dass die Türkei wieder mehr Flüchtlinge Richtung Europa ausreisen lassen könnte. Deutschland sei heute besser vorbereitet und das Asylsystem sei krisenfester als 2015, sagte sie der "Passauer Neuen Presse". Einen erneuten massiven Zustrom könne man aber nicht bewältigen, ohne den grenzfreien Schengen-Raum zu gefährden.

Der türkische Präsident Recep Tayyip ErdoganBild: picture-alliance/AP Photo/Presidential Press Service

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl forderte von Griechenland und den anderen EU-Staaten eine Entschärfung der Situation auf den Ägäis-Inseln. "Flüchtlinge in der Ägäis drohen zum Spielball der Machtinteressen der Türkei, Griechenlands und der EU-Staaten zu werden. Ihr Rechtsanspruch auf Schutz wird systematisch ignoriert", kritisierte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt in Frankfurt.

Pro Asyl forderte die Aufnahme Schutzsuchender von den griechischen Inseln sowie den Zugang zu einem fairen Asylverfahren innerhalb der EU. Besonders Minderjährigen müsse die Weiterreise in andere EU-Staaten ermöglicht werden.

Von türkischen Sicherheitskräften abgefangene Migranten in CesmeBild: picture-alliance/abaca/D. Guzel

Kritik übte die Organisation an laut Medienberichten geplanten Verschärfungen des griechischen Asylrechts und dem Vorhaben, auch vom Festland aus Schutzsuchende in die Türkei zurückzubringen. Eine Abschiebung in die Türkei könne eine Kettenabschiebung in die Herkunftsländer nach sich ziehen, kritisierte Pro Asyl. Die Türkei habe die Genfer Flüchtlingskonvention nur mit geografischem Vorbehalt ratifiziert und biete für afghanische und syrische Flüchtlinge keinen Schutz.

Vor allem syrische Flüchtlinge seien in der Türkei zuletzt zunehmend unter Druck geraten. Seit Mitte Juli seien hunderte Syrer abgeschoben worden, unter anderem in die weiterhin umkämpfte Region Idlib. Zudem sei die Möglichkeit der Inhaftierung Schutzsuchender ausgeweitet worden. Unter Androhung von unbegrenzter Haft würden Syrer in Abschiebehaft dazu genötigt, ihrer Rückkehr zuzustimmen. Dies sei ein "klarer Verstoß gegen das völkerrechtliche Abschiebungsverbot".

stu/ww (dpa, kna)

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