Immer mehr Tote nach Nachtclub-Brand
7. November 2015Sieben Clubgäste erlagen an diesem Samstag ihren schweren Verletzungen. Zwei Patienten starben kurz nach ihrer Ankunft im niederländischen Rotterdam, wohin sie aus Bukarest ausgeflogen worden waren, erklärte der Katastrophenschutz-Staatssekretär Raed Arafat. Eines der Opfer war italienischer Staatsbürger. Die anderen starben in Bukarest.
Noch immer liegen 106 Verletzte in Bukarester Krankenhäusern, davon sind 47 in kritischem Zustand. Weil es in Rumänien nicht genügend Spezialbetten für Brandverletzte gibt, waren jeweils acht Patienten nach Rotterdam und Brüssel gebracht worden.
Das Feuer am vergangenen Freitagabend in der Disko "Colectiv" war nach Angaben des Staatsanwaltschaft durch eine pyrotechnische Show während eines Konzerts ausgebrochen, für die das Lokal keine Genehmigung hatte. Für die 400 Gäste – viel mehr als erlaubt – gab es nur einen Notausgang. Die drei Eigentümer des Lokals sind wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung in Untersuchungshaft. Auch Cristian Popescu Piedone, der Bürgermeister des Bezirks, in dem sich der Nachtclub befand, wurde inzwischen festgenommen. Er soll dem Club die Zulassung erteilt haben, obwohl er noch keine Autorisierung von Seiten der Feuerwehr erhalten hatte.
Erneute Proteste
Auch am Freitagabend protestierten erneut tausende Rumänen gegen Korruption und Machtmissbrauch. In mehreren großen Städten gingen insgesamt rund 15.000 Demonstranten auf die Straßen. In der Hauptstadt Bukarest rief die Menge "Zu viel Korruption, zu wenig Gerechtigkeit" und "Korruption tötet". Mehrere hundert Menschen gedachten zudem mit einem Schweigemarsch der Toten der Brandkatastrophe. Die Massenproteste dauern bereits seit vier Tagen an.
Ministerpräsident Victor Ponta war angesichts des öffentlichen Unmuts am Mittwoch samt Kabinett zurückgetreten. Er stand jedoch bereits vor der Brandkatastrophe stark unter Druck. Ihm werden Urkundenfälschung, Steuerbetrug und Geldwäsche in seiner Zeit als Anwalt in den Jahren 2007 bis 2011 sowie Vetternwirtschaft bei der Ausübung seines Amts als Ministerpräsident vorgeworfen. Am Freitag erschien der Sozialdemokrat zu einer ersten Voranhörung im anstehenden Korruptionsprozess gegen ihn vor dem Obersten Gerichtshof.
Parteien erwägen Neuwahlen und Technokratenregierung
Nach dem Rücktritt der Regierung liegen nach Angaben von Staatschef Klaus Iohannis vorgezogene Parlamentswahlen sowie die Bildung einer Regierung aus Fachleuten als Optionen auf dem Tisch. Bei Konsultationen hätten sich die meisten Parteichefs offen für Neuwahlen oder eine Regierung aus Technokraten gezeigt, sagte Iohannis bei einer Pressekonferenz in Bukarest. "Praktisch niemand möchte über eine politische Regierung diskutieren, was eine Premiere in Rumänien ist", führte der liberale Politiker aus. Namen eines potenziellen neuen Regierungschefs seien nicht genannt worden.
Neben seinen Gesprächen mit Parteivertretern hatte Iohannis am Freitag auch etwa 20 Vertreter der Zivilgesellschaft getroffen. Außerdem setzte er sich mit einigen der Demonstranten zusammen, die in den vergangenen Tagen die Korruption in Rumänien angeprangert hatten.
chr/wl (rtr, afp, dpa)