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Immer noch Krieg im Irak?

Markus Wendler23. April 2004

Im Mai 2003 hat US-Präsident Bush die "Kampfhandlungen" im Irak für beendet erklärt. Dennoch gibt es fast täglich Meldungen über getötete Iraker. Völkerrechtler sagen deshalb: Es ist immer noch Krieg im Irak.

Verheerende Bilanz des "Friedens" im IrakBild: AP

Vor der Polizeistation des Stadtteils Saudia in Basra klafft ein zwei Meter tiefes Loch. Es lässt die Wucht der Detonation erahnen, die sich am Mittwochmorgen (21.4.) ereignete. Nahezu zeitgleich gab es vor drei weiteren Polizeiwachen in Basra sowie in der nahe gelegenen Ortschaft Subair Explosionen. Wenig später schlugen Terroristen wieder in Basra zu: Zwei Bomben detonierten vor der Polizeiakademie. Insgesamt starben bei den Anschlägen mindestens 55 Menschen. Mindestens 200 wurden verletzt.

Tausende Tote selbst nach "Kriegsende"

Der Anschlag in Basra ist nur der jüngste Höhepunkt in der Welle der Gewalt, die den Irak seit dem offiziellen Ende der "Hauptkampfhandlungen" im Mai 2003 überrollt. Mehrere hundert Menschen kamen allein bei Anschlägen ums Leben. Besonders schlimm traf es heilige Stätten der Schiiten beim Aschura-Fest am 2. März. Bei zeitgleichen Anschlägen in Bagdad und Kerbala wurden schätzungsweise 200 Menschen getötet. Am 10. Februar explodierte eine Autobombe in El Iskandarijah. 53 Menschen starben bei dem Attentat in der südlich von Bagdad gelegenen Stadt.

Weitaus mehr Menschen starben bei den Angriffen der technisch gut ausgestatteten Kriegs-Koalition. Offiziell wurden die "Hauptkampfhandlungen" zwar schon im Mai 2003 für beendet erklärt. Doch seitdem kamen mehrere Tausend irakische Zivilisten ums Leben. Von Frieden kann angesichts dieser Ereignisse nicht gesprochen werden. Herrscht im Irak also immer noch Krieg?

"Neue Kriege" haben kein Ende

Der klassischen wissenschaftlichen Definition zufolge ist ein Krieg eine militärische Auseinandersetzung zwischen Staaten, die durch einen Friedensvertrag beendet wird. Doch diese Definition trägt heute nicht mehr, so der Politikwissenschaftler Herfried Münkler in einem Essay für den Berliner Tagesspiegel: "Seitdem die Staaten nicht mehr die ausschließlichen Herren des Krieges sind, sind die alten, scharf gezogenen Grenzen zwischen Krieg und Frieden porös geworden." In diesen "neuen Kriegen" versuche die militärisch unterlegene Seite den Krieg möglichst lange hinauszuzögern, denn "eine Entscheidungsschlacht, der Kulminationspunkt des klassischen Staatenkrieges, würde die deutlich schwächere Seite auf jeden Fall verlieren". Sie versuche daher, die "auf niedrigem Niveau fortdauernden Kriege" endlos auszudehnen.

Ähnlich sieht es Aziz Alkaza, Irak-Experte des Deutschen Orient-Instituts: "Der klassische Krieg entspricht dem Denken des 19. Jahrhunderts; das ist heute nicht mehr zeitgemäß." Im Irak müsse man weiterhin von Krieg sprechen, wenn auch in einer äußerst ungleichen Konstellation: "Was wir hier erleben, ist der Krieg einer industriellen Supermacht gegen ein Dritte-Welt-Land." Für Friedensverhandlungen gebe es derzeit keine Ansprechpartner mehr - und daran seien die USA schuld. Für einen Fehler hält er vor allem die Auflösung der irakischen Armee. Diese hätte bei der Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine wichtige Rolle spielen können. Ihre Aufgabe wäre die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit, um damit die Rahmenbedingungen für freie Wahlen unter UNO-Aufsicht zu schaffen.

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