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Politik

Immobilien eines Libanesenclans beschlagnahmt

Heiner Kiesel
19. Juli 2018

Diverse Häuser und Wohnungen sollen mit der Beute aus Überfällen bezahlt worden sein, sagt die Berliner Staatsanwaltschaft. Die Verdächtigen gehören zu einer libanesischen Großfamilie.

Symbolbild Polizei Absperrband
Bild: picture-alliance/dpa

"Das müssen Sie sich wie ein sehr kompliziertes Puzzle vorstellen", sagt Bernhard Mix. Er ist einer der Berliner Staatsanwälte, die in akribischer Kleinarbeit genügend Material zusammengebracht haben, um eine spektakuläre Aktion gegen Angehörige einer libanesischen Großfamilie auszulösen. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Staatsanwaltschaft 77 Immobilien im Wert von 9,3 Millionen Euro beschlagnahmt - die Häuser und Appartements sollen mit Mitteln erworben worden sein, die einen kriminellen Ursprung haben. "Wir sind durch einen Sparkassenüberfall im Jahr 2014 auf diese Spur gekommen", erklärt Mix. Damals sei eine Bankfiliale ausgeraubt und teilweise gesprengt worden. Ein Täter wurde verurteilt, aber die Beute blieb verschwunden: Etwas über neun Millionen Euro.

Der Berliner Ermittler Bernhard MixBild: DW/H. Kiesel

Doch als einer der Brüder des Verurteilten anfing, sich Eigentumswohnungen zu kaufen, wurden die Ermittler aufmerksam. "Dieser Angehörige hatte bisher nur von Sozialleistungen des Staates gelebt", sagt Mix. Der Staatsanwalt und seine Kollegen verfolgten daraufhin Kontobewegungen, überprüften Grundbucheinträge, der Kreis der Beteiligten wurde immer größer. Auch ins Ausland seien Gelder geflossen und von dort wieder in und um Berlin in Immobilien investiert worden. Mix spricht von "Strohleuten" im Libanon, die Häuser gekauft hätten.

Grundlage für die Maßnahmen der Behörden ist ein neues Gesetz im Strafrecht, das vor einem Jahr in Kraft getreten ist. Es erleichtert es den Behörden, "Vermögen unklarer Herkunft" einzuziehen. Wenn kein vernünftiger Zweifel besteht, dass das Geld aus einer Straftat stammt, müsse gar nicht mehr nachgewiesen werden, welche konkrete Straftat die Quelle ist. Es liegt jetzt in bestimmten Fällen an den mutmaßlichen Kriminellen zu zeigen, dass sie das Geld zu Recht besitzen.

10 Millionen Euro wurden 2014 aus dieser Sparkasse in Berlin-Mariendorf geraubtBild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Ermittlungen gegen Clan-Mitglieder wegen Geldwäsche 

Das Delikt, das den Beteiligten vorgeworfen wird, lautet Geldwäsche. Den darin Verwickelten drohen bis zu fünf Jahre Haft. "Es wird noch geraume Zeit vergehen, bis es so weit ist", sagt Mix. Das Verfahren sei sehr kompliziert, stellt er immer wieder klar. Die Ermittler wollten keine Angaben zur Staatsangehörigkeit der 16 Personen machen, gegen die derzeit ermittelt wird. Aber sie werden alle einer Großfamilie mit libanesischem Migrationshintergrund "und ihrem Umfeld" zugeordnet. 

Die Familie ist nach Medienberichten wiederholt mit teils spektakulären Verbrechen in Verbindung gebracht worden. Neben der Sparkasse im Berliner Stadtteil Mariendorf gehört der Raub einer 100 Kilo schweren Goldmünze im Wert von 3,7 Millionen Euro aus einem Museum dazu. Staatsanwalt Mix wollte den Museumseinbruch nicht direkt mit der Immobilienbeschlagnahmung in Verbindung bringen: "Aber er spielt natürlich im Hinterkopf eine Rolle."

Arabische Familienclans sind in Berlin ein Thema, das für viel Aufregung sorgt. Sie sollen große Teile des Rauschgifthandels in der Hand haben, zuletzt wurde darüber spekuliert, ob sie nicht auch die Berliner Polizeiakademie unterwandert hätten. Deutlich wird nach Aussagen aus Polizeikreisen, dass die Strukturen der bis zu 500 Mitglieder großen Familien schwer zu durchdringen sind und Ermittlungen nur sehr langsam vorankommen. Für konservative Kreise sind die mutmaßlich kriminellen Familien der Inbegriff gescheiterter Integration und gesellschaftszersetzender Parallelwelten.

Geraubt und möglicherweise eingeschmolzen: Die größte Goldmünze der Welt, "Maple Leaf"Bild: picture-alliance/dpa/M. Mettelsiefen

Signal im Kampf gegen mutmaßlich kriminelle Araber-Clans

Die Beschlagnahmungs-Aktion, bei der auch an 13 Orten Durchsuchungen durchgeführt wurden, ist von allen vier Abteilungen vorbereitet worden, die sich bei der Staatsanwaltschaft Berlin mit organisierter Kriminalität beschäftigen. "Das ist eines der größten Verfahren, die wir haben - diesen Umfang erreicht man sonst nicht so leicht", stellt Berlins Oberstaatsanwalt Jörg Raupach klar. Über weitere Ermittlungsschritte hüllt sich die Staatsanwaltschaft - "aus ermittlungstaktischen Gründen" - in Schweigen.

Der innenpolitische Sprecher und Fraktionsführer der oppositionellen CDU im Abgeordnetenhaus von Berlin, Burkard Dregger, freut sich über das entschiedene Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Man müsse aber berücksichtigen, dass das jüngste Vorgehen gegen den Familienclan erst durch ein neues Bundesgesetz möglich geworden sei. "Bei diesem Krebsgeschwür von organisierter Kriminalität hat sich die Berliner Regierung bisher naiv und leichtgläubig gezeigt", sagt Dregger.