1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Impf-Nebenwirkungen: Zahlen falsch interpretiert

3. Dezember 2021

Daten der WHO zeigen angeblich, dass die Corona-Impfungen viel mehr unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen als andere Impfstoffe. Doch das stimmt so nicht. Ein Faktencheck.

Deutschland Corona-Impfung in einem Impfzentrum in Düsseldorf
Bild: Ying Tang/NurPhoto/picture alliance

Falschbehauptungen zu den Corona-Impfungen häufen sich in den sozialen Netzwerken zuletzt. Ihr aktuelles Ziel: Beweisen, dass die Impfstoffe viele Nebenwirkungen haben. Vor allem eine angebliche Tabelle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) macht gerade die Runde: Sie soll beweisen, dass nach der Zulassung der Corona-Impfungen schon knapp zweieinhalb Millionen Mal Nebenwirkungen aufgetreten seien. Das empört viele Nutzer in den sozialen Medien.

"Jeder Tierversuch wäre an dieser Stelle schon längst abgebrochen worden!", twittert ein Nutzerein anderer schreibt: "Zumindest bei globalen Nebenwirkungen übertreffen sie zugelassene Impfstoffe um ein Vielfaches." Doch die Daten sind aus dem Zusammenhang gerissen - und beweisen nicht, dass die COVID-19-Impfstoffe viel mehr unerwünschte Nebenwirkungen haben als andere Impfstoffe.

Kein bestätigter Zusammenhang zwischen Meldung und wirklicher Nebenwirkung

Die Zahlen in der verbreiteten Tabelle, datiert auf den 12. November, scheinen authentisch zu sein. Die aktuellen Daten zu möglichen Nebenwirkungen selbst sind auf der Webseite VigiAccess zu finden, die einen öffentlichen Zugang zu der WHO-Datenbank VigiBase liefert. In dieser Datenbank werden potenzielle Nebenwirkungen von medizinischen Produkten gelistet. Dabei werden beispielsweise Daten aller Impfstoffe je Krankheit zusammengefasst. Zum Beispiel "Masern-Impfungen" oder eben "COVID-19-Impfungen".

Auf DW-Anfrage stellt eine Sprecherin der WHO klar, dass die Zahl der Meldungen möglicher Nebenwirkungen nicht gleichzusetzen sei mit der Zahl der Nebenwirkungen, die wirklich kausal mit einer Impfung zusammenhängen. Es könne sich auch um Zufälle oder Fehlinterpretationen handeln.

So heißt es auch auf der Webseite VigiAccess: "Die Informationen auf dieser Webseite spiegeln keinen bestätigten Zusammenhang zwischen einem Arzneimittel und einer Nebenwirkung wider".

WHO: Nicht mehr Nebenwirkungen als bei anderen Impfstoffen

In den sozialen Netzwerken wird nicht nur behauptet, dass die Zahl der gemeldeten Nebenwirkungen extrem hoch sei - sie sei auch viel höher als bei Impfstoffen gegen andere Krankheiten. Es sei klar, dass für ein medizinisches Produkt, das viel häufiger genutzt wurde als andere Produkte, auch viel mehr potenzielle Nebenwirkungen gemeldet würden, erklärte die Sprecherin gegenüber der DW.

Man müsse die Zahlen im Verhältnis betrachten. Bisher wurden laut WHO mehr als acht Milliarden COVID-19-Impfdosen verabreicht - mehr als bei jedem anderen Impfstoff. Berücksichtige man dies, "sind die Berichte über mutmaßliche Nebenwirkungen von COVID-19-Impfstoffen nicht umfangreicher als bei anderen Impfstoffen". In Relation zu den verabreichten Dosen gebe es sogar weniger Ereignisse, schrieb die Sprecherin per Mail. Bei der weltweiten Corona-Impfaktion handelt es sich schließlich um die größte Impfaktion aller Zeiten.

Corona-Impfchaos in Deutschland

02:10

This browser does not support the video element.

Die Deutsche Welle fragte auch das Uppsala Monitoring Centre an, das die erwähnte Datenbank betreibt. Ein Sprecher schrieb der DW, dass in den vergangenen Monaten zahlreiche Falschbehauptungen in Zusammenhang mit ihrer Datenbank verbreitet wurden. Der Sprecher verwies zudem auf einen Bericht des Zentrums, der die zahlreichen Meldungen potenzieller Nebenwirkungen erläutert. Noch vor etwa zehn Jahren seien insgesamt wenige mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten an die Datenbank geschickt worden. Seit Februar 2021 seien die Meldungen millionenfach gestiegen.

"Die jüngste Phase des raschen Wachstums lässt sich zum großen Teil durch die Welle von Berichten über COVID-19-Impfstoffe erklären", heißt es auf der Webseite. Ziel der Datenbank ist es, die Einführung der neuen Impfstoffe durch Sammeln von Daten über ihre Sicherheit zu unterstützen.

Fazit: Die Zahlen der WHO und des Uppsala Monitoring Centres werden in den sozialen Netzwerken irreführend verbreitet. Sie beweisen nicht, dass die Corona-Impfstoffe viel mehr Nebenwirkungen haben als Impfstoffe gegen andere Krankheiten. Es handelt sich nur um potenzielle Nebenwirkungen, deren Zusammenhang mit den Impfstoffen nicht bewiesen ist. Einen kurzen Überblick über mögliche Nebenwirkungen der Impfstoffe liefert die WHO auf ihrer Webseite.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen