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Impfstoffe aus Afrika: Ein Anfang ist gemacht

Martina Schwikowski
21. August 2025

In Afrika gibt es seit der Covid-Pandemie Initiativen, Impfstoffe und Medikamente für eine bessere Gesundheitsversorgung selbst zu produzieren. Mit ersten Erfolgen - doch eine Finanzierung auf lange Sicht ist nötig.

Ein Kind liegt auf dem Arm der Mutter, eine Gesundheitshelferin hält die Spritze gegen Malaria
Afrikas Regierungen wollen Impfstoffe und Medikamente verstärkt vor Ort herstellen - noch kommt ein Großteil der Impfdosen aus dem AuslandBild: Sia Kambou/AFP

Zur Zeit der Corona-Pandemie ab 2020 ist die Abhängigkeit Afrikas von Impfstoffen aus dem Ausland auf bittere Weise ans Licht gekommen: Impfstoffe gegen COVID-19 galten zwar als wichtiger Meilenstein bei der Eindämmung der Pandemie, aber sie waren knapp, ungleich verteilt und standen afrikanischen Ländern mit geringerem Einkommen nur mit großen Verzögerungen zur Verfügung.

"Corona war ein Wendepunkt"

Damals beschlossen Regierungen auf dem Kontinent, für mehr Eigenständigkeit in der Herstellung von Medikamenten zu sorgen: "Corona war ein Wendepunkt - wir sind auf dem Weg", sagt Lenias Hwenda, Gesundheitsexpertin und Gründerin von Medicines for Africa, einer gemeinnützigen Organisation, die sich zum Ziel gemacht hat, die Gesundheitsversorgung in Afrika voranzutreiben.

Im Institut Pasteur in Dakar werden Impfstoffe gegen Gelbfieber hergestelltBild: Ute Grabowsky/photothek/picture alliance

"Vor der Pandemie war man sich nicht ausreichend bewusst, wie verwundbar der Kontinent war, da er zu 99 Prozent auf Importe von Impfstoffen und zu über 90 Prozent auf Importe von Medikamenten angewiesen war", sagt Hwenda im DW-Gespräch. "Die afrikanischen Regierungschefs gingen aus dieser Krise mit einem erneuten politischen Bekenntnis hervor, die lokale Produktion von Medikamenten und Impfstoffen auszubauen. Wir machen echte Fortschritte."

Nicht nur in den medizinischen Zentren Südafrikas und Ägyptens werden Arzneimittel gegen voranschreitende Krankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck hergestellt. In Senegal produziert das Institut Pasteur Impfstoffe gegen Gelbfieber. 

In Ghana, Nigeria und der Elfenbeinküste sind Produktionsstätten im Aufbau; Sambia entwickelt Cholera-Impfstoffe gemeinsam mit China. In Ostafrika fördern Kenias und Ruandas Regierungen den pharmazeutischen und biotechnologischen Sektor: das deutsche Unternehmen BioNTech hat in Ruanda Fabriken aufgebaut, noch in diesem Jahr soll mit der mRNA-Testproduktion begonnen werden: ein Leuchtturmprojekt für weitere mRNA-basierte Impfstoffproduktionsanlagen.

Trotz Fortschritten: Afrika hängt von Importen ab

Dabei geht es nicht mehr um den Corona-Impfstoff, sondern um Vakzine gegen andere Krankheiten wie Malaria, Mpox, HIV und Tuberkulose. Trotz nennenswerter Initiativen hängt der Kontinent aber stark von Importen ab - vor allem aus China oder Indien.  

Ostkongo: Bei einem Mpox-Ausbruch 2024 erhalten Patienten in den Behandlungsstellen Impfstoffe aus den Vereinigten StaatenBild: Moses Sawasawa/AP Photo/picture alliance

Regionale Organisationen wie die ostafrikanische Entwicklungsgemeinschaft EAC und die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS haben laut Hwenda strategische Überlegungen vorangebracht, wie Forschung und Herstellung künftig umgesetzt werden könnten. 

Schon während der Pandemie hatten sich afrikanische Regierungschefs verpflichtet, den Anteil der in Afrika hergestellten Impfstoffe von nur einem auf 60 Prozent bis 2040 zu erhöhen.

Dabei wird es auch darum gehen müssen, die mangelnde Infrastruktur und unzureichenden Gesundheitssysteme zu verbessern. Als großen Schritt bezeichnet Hwenda die Gründung der African Medicines Agency (AMA), die 2024 in Kigali ihre Arbeit aufgenommen hat. Sie soll einheitliche Maßstäbe bei der Regulierung von Medizinprodukten in Afrika garantieren, Expertise und Kapazitäten bündeln und ausgewählte Medizinprodukte überwachen.

Ein weiteres Instrument ist der im Juni 2024 in Paris beschlossene African Vaccine Manufacturing Accelerator (AVMA): ein Finanzierungssystem, um die Impfstoffproduktion auf dem afrikanischen Kontinent voranzutreiben. Nach Informationen der internationalen Impfallianz Gavi werden dort bislang nur 0,1 Prozent aller Impfstoffe produziert, obwohl 20 Prozent der Weltbevölkerung in Afrika leben. 

Auch im Kampf gegen Mpox sind Afrika auf Unterstützung angewiesen - hier die Produktion in einer dänischen FirmaBild: abaca/picture alliance

Über den AVMA, eine gemeinsame Initiative von Gavi und der afrikanischen Gesundheitsbehörde Africa CDC, sollen in den kommenden zehn Jahren mehr als 800 Millionen in Afrika hergestellte Impfdosen eingekauft werden. Derzeit steht eine Summe von rund einer Milliarde Euro zur Verfügung.

So soll das Instrument zunächst auf zehn Jahre befristet die anfangs höheren Produktionskosten afrikanischer Hersteller abfedern und mittelfristig zu deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Konkurrenten vor allem aus Asien beitragen.

Gelder müssen auf lange Sicht fließen

Die EU kündigte an, die Initiative mit mehr als 750 Millionen Euro zu unterstützen. Doch die Stärkung von Afrikas Autonomie werde Jahrzehnte brauchen, mahnt Hwenda: "Eine Gesundheitsinfrastruktur aufzubauen, ist sehr kapitalintensiv, Gelder müssen auf lange Sicht fließen, damit die jetzt gesteckten Ziele ihr volles Potenzial entwickeln können." Dennoch zeigt sie sich optimistisch.

"Jetzt ist es an der Zeit, mit nachhaltigen Investitionen die Produktionskapazitäten zu erweitern, das Produktspektrum über Medikamente und Impfstoffe hinaus auf Diagnostika und medizinische Geräte auszuweiten und die langfristige Rentabilität bereits initiierter Produktionsprojekte sicherzustellen", sagt Hwenda.

"Es gibt einen politischen Willen", sagt auch Glenda Gray, die wissenschaftliche Leiterin des Südafrikanischen Medizinischen Forschungsrates (SAMRC). Doch auch wenn die afrikanischen Regierungen bereits Teil der verschiedenen Initiativen sind, müssten sie noch mehr in die Gesundheitsvorsorge und entsprechende Medikamentenherstellung investieren.

Biotechnologie-Unternehmen Afrigen in Kapstadt: WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus begrüßt Mitarbeiter des Technologiehubs, in dem Impfstoffe entstehenBild: Esa Alexander/REUTERS

Eine wesentliche Komponente für die Versorgungsunabhängigkeit sei zudem noch wenig vorhanden: "Wir brauchen unsere eigene Entdeckungen und mehr Technologietransfer", sagt Gray. Dies könne die Suche nach neuen Medikamenten und Therapien oder die Erforschung neuer Wege zum Verständnis oder zur Bekämpfung von Krankheiten sein. 

Mehr Forschung dringend notwendig

Südafrika habe das Glück, dass es nach wie vor das Zentrum für die Herstellung von Impfstoffen und Arzneimitteln im südlichen und östlichen Afrika sei. "Das größte Problem bei den Forschungs- und Entwicklungskapazitäten auf dem afrikanischen Kontinent ist der Mangel an vorgelagerten Forschungs-Arbeiten, was wiederum unsere Fähigkeit behindert, Technologietransfer zu betreiben und Arzneimittel aus pharmazeutischen Wirkstoffen herzustellen", so Gray.

Mehr Förderung von Wissenschaft, organischer Chemie und Ingenieurwesen ist laut Gray gefragt, um "Arbeitskräfte ausbilden, die in der Lage sind, den Bedarf an Arzneimitteln und Impfstoffen auf dem Kontinent zu decken."

Südafrika verfügt zwar mit Unternehmen wie Biovac und Afrigen in Kapstadt über große Kapazitäten zur Impfstoffherstellung, betont Gray. "Aber wir müssen weiterhin in die Impfstoffforschung und -entwicklung sowie in die Arzneimittelherstellung auf dem Kontinent investieren, um bei der nächsten Pandemie nicht ins Hintertreffen zu geraten."