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Politik

"Impfung wohl auch gegen Mutationen wirksam"

Konrad Busen
22. Dezember 2020

Der Chef des Mainzer Impfstoffherstellers BioNTech zeigt sich optimistisch: Die neuen Versionen des Coronavirus sollten der Immunisierung nicht im Wege stehen.

BioNTech-Chef Ugur Sahin vor der Firmenzentrale in Mainz
Gewissheit in den kommenden Wochen: BioNTech-Chef Ugur SahinBild: Andreas Arnold/dpa/picture alliance

Das Pharmaunternehmen BioNTech erwartet, dass sein Impfstoff auch gegen die in Großbritannien entdeckte Mutation des Coronavirus wirkt. Aus wissenschaftlicher Sicht sei die Wahrscheinlichkeit dafür sehr hoch, sagte Firmenchef Ugur Sahin vor der Presse. Der Impfstoff sei bereits gegen rund 20 andere Virusvarianten getestet worden. Stets habe die Immunantwort alle Virusformen inaktiviert. Ob dies auch für die jüngste Version gelte, dürfte sich nach Sahins Worten in den kommenden Wochen erweisen.

Für den Fall, dass der Impfstoff angepasst werden müsste, rechne man mit einer Entwicklungszeit von etwa sechs Wochen, sagte der BioNTech-Vorstandschef der Deutschen Welle. Danach müsste das Präparat allerdings noch getestet und behördlich genehmigt werden.

BioNTech-Zentrale im rheinland-pfälzischen Mainz (Archivbild) Bild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Die neue SARS-CoV-2-Variante breitet sich vor allem in Südostengland rasch aus. Der britische Premierminister Boris Johnson hatte am Wochenende erklärt, sie sei "bis zu 70 Prozent ansteckender" als die Ursprungsvariante. Zahlreiche Staaten beschränkten angesichts der Mutation ihren Grenzverkehr. Deutschland verhängte ein generelles Beförderungsverbot für Reisende aus Großbritannien und Nordirland wie auch aus Südafrika, wo ebenfalls eine bis dahin unbekannte Form des Coronavirus entdeckt worden war.

Reinhardt: "Mutationen nicht ungewöhnlich"

Der Präsident der Bundesärztekammer warnte unterdessen vor Panik. Mutationen seien bei Viren "nicht ungewöhnlich", sagte Klaus Reinhardt der "Passauer Neuen Presse". Er betonte: "Wir sollten ruhig und sachlich damit umgehen." Derzeit gebe es "noch keine klare wissenschaftliche Faktenlage" zur Frage, ob die Ansteckungsgefahr durch die neue Virusvariante tatsächlich viel höher sei.

Transport bei minus 70 Grad Celsius: der Wirkstoff der Unternehmen BioNTech und Pfizer (Symbolbild)Bild: Robbin Utrecht/picture alliance

Die EU-Kommission hatte dem BioNTech-Präparat am Montag eine Genehmigung erteilt, nachdem die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) die bedingte Zulassung des Impfstoffs mit dem Markennamen "Comirnaty" empfohlen hatte. Dem Start von Massenimpfungen in der EU ab Sonntag steht somit nichts mehr im Wege.

50 Millionen Impfdosen noch 2020

Das Mainzer Unternehmen will zusammen mit seinem US-Partner Pfizer noch in diesem Jahr 50 Millionen Dosen ausliefern. Alle EU-Staaten, die das Vakzin bestellt haben, sollen nach Herstellerangaben in den kommenden fünf Tagen die ersten Chargen erhalten. In Deutschland werde am Samstag eine Lieferung von mehr als 150.000 Dosen eintreffen, teilte die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit unter Berufung auf das Bundesgesundheitsministerium mit. Bis Jahresende folgten knapp 1,2 Millionen weitere Impfdosen. BioNTech plant, im Februar an einem zusätzlichen Standort im hessischen Marburg die Vakzinproduktion hochzufahren.

Der Impfstoff wird in Trockeneis bei minus 70 Grad Celsius transportiert. Er ist mit einem GPS-Chip ausgestattet, damit der Hersteller die Temperatur in Echtzeit überwachen kann. Im Anschluss ist das Präparat bei zwei bis acht Grad Celsius bis zu fünf Tage lang haltbar. Der Wirkstoff habe eine Immunisierungsrate von 95 Prozent, bestätigte BioNTech.

RKI: "Kontakte auf absolutes Minimum reduzieren"

Bis ein ausreichend großer Anteil der Bevölkerung in Deutschland durch eine Impfung geschützt ist, werden allerdings noch Monate vergehen. Gegenwärtig ist die Pandemie-Lage angespannt. Das Robert-Koch-Institut (RKI) bat die Bevölkerung in der Weihnachtszeit um Besonnenheit. "Reisen Sie nicht", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. Alle Bürger sollten die Festtage im kleinsten Kreis verbringen. Treffen sollten auf wiederkehrende Teilnehmer beschränkt und, wo es geht, ins Freie verlegt werden. "Reduzieren Sie Ihre Kontakte auf das absolute Minimum." Trotz der jüngsten Einschränkungen werde es noch dauern, bis sich eine Entspannung zeige. Es stünden "einige schwere Wochen" bevor.

"Einige schwere Wochen": RKI-Präsident Lothar Wieler (Archivbild)Bild: Tobias Schwarz/dpa/AFP/Pool/picture alliance

Das RKI verzeichnete 19.528 neue Corona-Fälle binnen 24 Stunden. Die Zahl der Todesfälle nach einem positiven Testergebnis stieg um 731 - auf insgesamt rund 27.000. Die sogenannte Sieben-Tages-Inzidenz beträgt in Deutschland nun 197,6. Dabei handelt es sich um die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in diesem Zeitraum. Ziel der Bundesregierung ist es, die Inzidenz unter 50 zu drücken; sie stieg zuletzt aber immer weiter an. Seit Mittwoch gilt in ganz Deutschland ein weitgehender Shutdown. Ein Großteil der Geschäfte ist geschlossen, ebenso die meisten Schulen und Kitas.

jj/wa (dpa, afp, rtr)

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