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Das Bundes-Bodenschutzgesetz

Karin Jäger3. Oktober 2015

Der Boden ist eine endliche und nicht erneuerbare Ressource. Jedoch strapazieren Altlasten, Versiegelung und Verschmutzung unsere Böden. Auch infolge des Klimawandels benötigen sie besondere Aufmerksamkeit.

Symbolbild Deutsche Lösungen für Umweltprobleme - Kontaminierung des Bodens

"Verglichen mit den internationalen Gegebenheiten sind unsere Böden in einem guten Zustand", meint Frank Glante. Der promovierte Biologe ist Fachgebietsleiter für Bodenzustand und -monitoring im Umweltbundesamt (UBA). Und relativiert sogleich sein Urteil: "Die Böden in Mitteleuropa sind nicht so großen Naturgefahren ausgesetzt wie Monsun, Wirbelstürmen oder großer Dürre."

In Deutschland hätte die immense industrielle Produktion zwar teilweise auch zu Bodenproblemen größeren Ausmaßes geführt, so der UBA-Experte weiter, aber man sei hier dank der hohen Wirtschaftsleistung in der Lage, Altlasten zu sanieren.

Der Begriff "Altlasten" wurde von Umweltschützern Ende der 1970er Jahre geprägt. Er kennzeichnete 50.000 Deponien in der Bundesrepublik, auf denen schädliche Bodenveränderungen gefunden werden. Damals ahnte noch niemand, dass ein Jahrzehnt später ein giftiges Erbe hinzukommen würde: Viele Böden der DDR waren durch Industrieabfälle und Chemikalien extrem belastet. Nach heutigen Angaben des Bundesumweltministeriums hatte das Chemie-Zentrum um Bitterfeld "ein bis daher nicht gekanntes Ausmaß einer Altlastenfläche".

Auch Militärstandorte waren unter anderem durch Treibstoffverluste der Militärfahrzeuge massiv geschädigt. Die Ketten der Panzerfahrzeuge hinterließen Bodendellen, in dem Metalle, Treib- und Schmierstoffe versickerten. Durch Schießübungen explodierte Munition, deren Partikel die Böden kontaminierten.

Dr. Frank Glante: "Politik und Öffentlichkeit sensibilisieren"Bild: privat

Die Umweltprobleme waren gravierend, die Zeit längst reif für ein entsprechendes Gesetz, das die Bundesregierung unter Helmut Kohl 1985 angestoßen hatte - und damit fünf Jahre vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik.

Der lange Weg zum Bundes-Bodenschutzgesetz

Im Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) sind die Grundlagen festgeschrieben, um die Funktionen des Bodens nachhaltig zu sichern oder wiederherzustellen. Es ist der breiten Öffentlichkeit allerdings kaum bekannt und hat eine lange Entstehungsgeschichte.

Da es sich beim Boden um eine nicht vermehrbare Ressource und Gemeingut handelt, mussten die Gesetzgeber Rechte von Eigentümern und Nutzern sowie die jeweiligen Vermögenswerte berücksichtigen, denn Boden ist auch ein veränderbarer Produktionsfaktor wie Arbeit und Kapital. So kann der Boden privat sein, die Bodenleistungen wie Ernteerträge wirken sich aber kollektiv auf die Gesellschaft aus.

14 Jahre dauerte es, bis die politischen Parteien einen Konsens erzielten. Am 1. März 1999 trat das BBodSchG in Kraft. Darin wird der Boden explizit als Schutzgut ausgewiesen. Versiegelung, stoffliche Belastung, Anreicherung, Verdichtung und Erosion sollen verhindert oder zumindest vermindert werden.

Nur mit Mundschutz zu betreten: Gelände eines früheren DDR-MineralölwerkesBild: picture-alliance/dpa

Die Realität aber zeigt, dass unsachgemäße Nutzung auf Dauer zu erheblichen Belastungen führt. Schwermetalle, Rückstände aus Pflanzenschutzmitteln, organische Chemikalien und Radionuklide, Schadstoffe in Klärschlämmen oder Bauschutt können den Boden kontaminieren. Deshalb gibt es für viele dieser Produkte Grenzwerte für die Ausbringung in und auf Böden.

Der Boden - eine nicht erneuerbare Ressource

"Viele Schadstoffe können nicht abgebaut werden", sagt Frank Glante. "Sie können aber im Grundwasser abgelagert werden. Cadmium zum Beispiel wird von Pflanzen aufgenommen und so in die Nahrungskette eingeschleust." Zu hohe Konzentrationen von Cadmium können Nieren, Knochen und Nervensystem schädigen.

Selbst Komposte, übermäßige Gülleabgaben oder schädliche Abgase können auf Dauer zu erheblichen Schadstoffeinträgen führen. Benzol und Rußpartikel verteilen sich nach der Verbrennung von Kraftstoffen aus dem Auspuff in der Luft. Durch Niederschläge oder Sinkstaub gelangen sie in den Boden.

Stadtplaner nehmen daher vor dem Bau von Spielplätzen oder altlastengefährdeten Grundstücken Bodenproben. Anhand der Bewertung können Eigentümer oder Verursacher den Aufwand für Sanierung und Sicherung einschätzen.

International kein Konsens

Wie sensibel das Thema ist, zeigt die Tatsache, dass sich die EU-Staaten bisher auf keine einheitliche Bodenrahmenrichtlinie einigen konnten.

Auch die internationale Politik tue zu wenig für den Bodenschutz, bemängelt Franz Makeschin, Vorsitzender der UBA-Bodenschutz-Kommission. "Die Schäden und die Bodenverluste sind weltweit enorm. In Trockenregionen vieler afrikanischer Länder gefährdet dies bereits die Existenz der Menschen."

Als Folge des Klimawandels bricht die Landwirtschaft vielerorts als Einnahmequelle weg. Und China oder Indien kaufen großflächig gute Böden im Ausland. "Schlechte oder fehlende Regelungen begünstigen Korruption oder Land Grabbing", fügt Frank Glante hinzu. China hat Grund in der Ukraine gepachtet. Und Äthiopiens Regierung hat Land zur Bewirtschaftung unter anderem an indische Konzerne, sowie Investoren aus Saudi-Arabien, Südkorea und Ägypten verpachtet.

Energiepflanzen verdrängen den Gemüseanbau und der Wunsch, mehr Fleisch zu konsumieren, führt zu einer qualitativ und quantitativ höheren Beanspruchung an Bodenfläche. "Was Wasser oder Strom betrifft, kennt heute jeder Deutsche Sparmöglichkeiten. Aber wie spare ich Boden? Da bedarf es einer breiten Aufklärungskampagne." Daher fordert Franz Makeschin: "Weniger Fleisch essen, weniger Lebensmittel im Müll entsorgen."

Satellitenüberwachung zum Schutz des Bodens?

Zur Wahrung des Bodenschutzes schlägt Makeschin ein internationales Zertifizierungssystem vor:

"Es muss dem Konsumenten bestätigen, dass der Bodenschutz bei der Produktion gewahrt wurde. Die Satellitentechnik bietet sehr gute Möglichkeiten, um die Einhaltung der Kriterien zu überwachen."

Und Frank Glante sorgt sich um die Versiegelung der Böden. In Deutschland werden pro Tag 74 Hektar Flächen zubetoniert oder verbaut. Dabei strebt der Bund seit 2002 an, das Wachstum der Siedlungs- und Verkehrsflächen bis 2020 auf 30 Hektar täglich zu begrenzen. "Wir erreichen besseren Bodenschutz nur, wenn sich Politik und Öffentlichkeit der Brisanz des Themas bewusst werden."

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