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In fünf Tagen zum Gipfel - erfolgreicher Everest-Kurztrip

23. Mai 2025

Die Besteigung des Mount Everest schrumpft zum Wochentrip. Vier britische Bergsteiger stehen fünf Tage nach ihrem Aufbruch in London auf dem höchsten Punkt der Erde - dank eines neuen umstrittenen Konzeptes.

Nepalesische Südseite des Mount Everest
Die nepalesische Südseite des Mount EverestBild: Radek Kucharski/Zoonar/picture alliance

Lukas Furtenbach erhielt sogar Morddrohungen. So sehr polarisierte seine Idee, mit dem Einsatz von Xenon bei der Vorakklimatisierung die Zeit für eine Expedition zum Mount Everest radikal zu verkürzen, die Bergsteiger-Szene.

Jetzt darf sich der österreichische Expeditionsveranstalter bestätigt fühlen. Am Mittwoch (21. Mai 2025) erreichten vier britische Kunden seines Unternehmens Furtenbach Adventure - mit Flaschensauerstoff und Sherpa-Unterstützung - den höchsten Punkt der Erde auf 8849 Metern.

Garth Miller, Alistair Carns, Anthony Stazicker und Kevin Godlington, allesamt ehemalige Soldaten der britischen Streitkräfte, waren erst am vergangenen Freitag von London aus aufgebrochen. Ihr Ziel: Innerhalb von sieben Tagen wieder zurück in der britischen Hauptstadt zu sein, im Gepäck einen Everest-Gipfelerfolg. Das Vorhaben gelang: Nach sechs Tagen und 13 Stunden kehrten sie heim. Und Lukas Furtenbach darf sich, allen Anfeindungen und aller Kritik zum Trotz, bestätigt fühlen.

Der Österreicher ist ein Spezialist dafür, kommerzielle Besteigungen von Achttausendern zeitlich zu straffen. Bereits seit einigen Jahren bietet sein Unternehmen für rund 100.000 Euro pro Person sogenannte "Flash-Expeditionen" zum Everest an. Den Begriff hat sich der Unternehmer sogar schützen lassen. Der Trip dauert rund drei Wochen.

Zum Vergleich: Eine herkömmliche kommerzielle Expedition auf den höchsten Berg der Erde ist auf sechs bis zehn Wochen veranschlagt. Die britische Expedition im Jahr 1953, bei der der Neuseeländer Edmund Hillary und der Nepalese Tenzing Norgay als erste Menschen den Gipfel auf 8849 Metern erreichten, nahm sogar vier Monate in Anspruch.

Nach dem gelungenen Xenon-Experiment will Furtenbach den Wochentrip zum Everest vom kommenden Jahr an regelmäßig anbieten. Ein Preis von rund 170.000 Euro pro Bergsteigerin oder Bergsteiger steht im Raum.

Unter ärztlicher Aufsicht Xenon inhaliert

Die vier Bergsteiger, die es nun mit Xenon im Eiltempo zum Gipfel geschafft haben, sind allesamt ehemalige Mitglieder der britischen Armee. Sie hatten sich seit Anfang des Jahres auf ihre Everest-Expedition vorbereitet, dabei jeweils rund 500 Stunden in Hypoxie-Zelten verbracht und mit Hypoxie-Masken trainiert.

Diese Art der Vor-Akklimatisierung ist auch bei Furtenbachs Flash-Expeditionen üblich. Neu war, dass die Everest-Anwärter zusätzlich am 5. Mai - unter ärztlicher Aufsicht in einem deutschen Krankenhaus - ein Xenon-Sauerstoff-Gemisch inhalierten.

Das seltene und dementsprechende teure Edelgas Xenon wird bereits seit den 1950er Jahren in der Medizin verwendet, unter anderem als High-Tech-Narkosemittel. Die vier Briten hätten das Gasgemisch weniger als eine Stunde lang eingeatmet, der Xenon-Anteil sei dabei niedriger gewesen als bei Narkosen, sagte Furtenbachs medizinischer Berater Michael Fries, Chefarzt für Anästhesie und Intensivmedizin am St. Vincenz-Krankenhaus in Limburg an der Lahn, gegenüber der Washington Post.

Xenon - hier eine Produktionsanlage - wird nicht nur in der Medizin genutzt, sondern auch für Leuchtmittel oder den Antrieb von SatellitenBild: Sebastian Willnow/dpa/pBild: Sebastian Willnow/dpa/picture-alliance

Xenon bewirkt, dass die Nieren sprunghaft mehr Erythropoetin, kurz EPO, produzieren. Das Hormon sorgt für deutlich mehr rote Blutkörperchen - und die braucht man in großer Höhe, um mit der Hypoxie, der Sauerstoff-Unterversorgung des Körpers, klarzukommen.

"Es gibt kein gesundheitliches Risiko", sagte Lukas Furtenbach, der die Methode mehrfach an sich selbst getestet hatte. Insgesamt seien 15 Personen mit dem Xenon-Sauerstoff behandelt worden, so Fries. Bei allen sei ein höherer Hämoglobin-Wert, sprich mehr rote Blutkörperchen, festgestellt worden. Alle hätten sich anschließend gut gefühlt, niemand habe am Berg Symptome der Höhenkrankheit gezeigt.

Xenon steht auf der Dopingliste der WADA

Kritiker des Xenon-Einsatzes hatten unter anderem bemängelt, dass es noch keine umfangreichen Studien über die Wirksamkeit des Edelgases als Teil der Akklimatisierung gebe. Der Alpinismus-Weltverband UIAA hatte davor gewarnt, Xenon zu nutzen. "Eine unsachgemäße Anwendung kann gefährlich sein", hieß es in der Erklärung der UIAA.

Der Weltverband wies auch darauf hin, dass Xenon im Sport als Dopingmittel eingestuft sei. Das Edelgas steht seit 2014 bei der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) auf der Liste der verbotenen Substanzen. Damals war bekannt geworden, dass in Russland flächendeckend Sportlerinnen und Sportler Xenon inhaliert hatten, um ihre Leistung zu steigern.

Furtenbach hatte allen Kritikpunkten der UIAA widersprochen. Den Vorwurf, er unterstütze Doping am Berg, wollte er nicht gelten lassen: "Es stehen viele Substanzen und Praktiken auf der WADA-Liste, die regelmäßig von vielen Bergsteigern konsumiert bzw. praktiziert werden. Selbst Hypoxie-Zelte standen in Italien bis 2024 auf der Verbotsliste", sagte der Chef von Furtenbach Adventures. Es gehe auch um den Einsatzzweck.

"Wir verwenden diese Xenon-Behandlung zur Prävention von Höhenkrankheit, Höhenlungen- und Höhenhirnödem. Als eine zusätzliche Akklimatisation. Nicht zur Leistungssteigerung. Zudem befinden wir uns nicht im Wettkampfsport. Per Definition ist es also kein Doping."

In diesem Frühjahr hat die nepalesische Regierung für den Mount Everest 468 Besteigungsgenehmigungen für Bergsteigerinnen und Bergsteiger aus mehr als 50 Staaten ausgestellt. Dazu kommen zur Unterstützung in der Höhe pro Kundin oder Kunde im Schnitt noch einmal ein bis zwei nepalesische Bergsteiger.

Gleich fünf nepalesische Mitarbeiter von "Elite Exped", dem Unternehmen des nepalesischen Bergsteiger-Stars Nirmal Purja - halfen dem US-Amerikaner Andrew Ushakow auf dem Weg auf den Gipfel. Er erreichte den höchsten Punkt der Erde am Montag, nur vier Tage nach seinem Aufbruch in New York - allerdings ohne Xenon.

Jedoch hatte er sich, wie die Furtenbach-Kunden, mit ausgiebigem Hypoxie-Training vorbereitet. Und er benutzte bereits ab dem Basislager auf knapp 5400 Metern Höhe Flaschensauerstoff.

Der Artikel wurde am 23. Mai nach der Rückkehr der Briten nach London aktualisiert.

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