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Politik

In Griechenland wird es immer wieder brennen

5. August 2021

Seit Monaten bricht in Griechenland ein Feuer nach dem anderen aus. Umweltschutz-Organisationen warnen: Waldbrände und Hitzewellen werden das Leben weiter bestimmen.

BdTD Griechenland | Waldbrände in Thessaloniki
Löschaktion im Seich Sou-Stadtwald, der grünen Lunge von ThessalonikiBild: Sakis Mitrolidis/AFP/Getty Images

Jeden Tag kommt Stergios Karavatos mit seiner Hündin Tara in den Seich Sou. Das riesige Waldgebiet von knapp 3000 Hektar ist die grüne Lunge Thessalonikis, Griechenlands zweitgrößter Stadt. Eine aggressive, lange Hitzewelle setzt das Land zurzeit außer Gefecht. Regelmäßig springt das Thermometer über die 40 Grad-Marke.

Während die Sonne die Stadt in einen Ofen verwandelt, können Karavatos und seine Hündin auf den Hügeln des Seich Sou ein wenig aufatmen. Heiß ist es auch hier, doch es weht ein leichter Wind, der trockenen Staub aufwirbelt. Schon ein kleiner Funke würde genügen, um auch dieses Stückchen Wald in Flammen aufgehen zu lassen. Vor wenigen Wochen war in unmittelbarer Nähe ein Feuer ausgebrochen, das die Feuerwehr jedoch nach ein paar Stunden unter Kontrolle bringen konnten. Warum der Brand ausbrach, ist unklar. "Wahrscheinlich ein Zigarettenstummel," mutmaßt ein Feuerwehrmann, der den Wald beobachtet.

Karavatos ärgert sich über das rücksichtslose Verhalten von Mitmenschen. In der Tat bescheinigt die Umweltschutz-Organisation World Wide Fund For Nature (WWF) Griechenland, dass 90 Prozent aller Waldbrände auf Unachtsamkeit zurückgehen. Vor wenigen Wochen wurde in Athen ein Imker verhaftet, der mitten im Sommer Laub verbrannt hatte - und nun im Verdacht steht, einen Großbrand ausgelöst zu haben. Für Karavatos aber beginnt die Verantwortung schon vorher: "Wir können ja zumindest darauf achten, keinen Müll in den Wald zu werfen. Ein Glas, eine Konserve, ein Stück Plastik: Bei dieser Hitze und dieser Sonnenintensität kann es allein dadurch zu Bränden kommen."

Er erinnert sich noch gut an den 7. Juli 1997: "Es war so heiß, dass man kaum atmen konnte. Dann stiegen vom Wald riesige Rauchwolken auf und innerhalb kürzester Zeit brannte es lichterloh." Mehr als die Hälfte des Waldes brannte an diesem Tag nieder. Das Klima in Thessaloniki habe sich über die Jahre merklich verändert, unterstreicht Karavatos. Heute fehlen gut 30 Prozent der ursprünglichen Waldfläche.

"Wir versuchen, den Wald sauber zu halten"

Stergios Xrysikos betreibt mit seinem Bruder ein Restaurant am Rande des nahegelegenen Ortes Oraiokastro. Hier gehen Wald und Stadt nahtlos ineinander über. Hinter der Gästeterrasse erstreckt sich ein Meer aus duftenden Pinienbäumen. Doch Xrysikos weiß von den vielen Bildern, auf denen die zahlreichen Brände überall in Griechenland über die Bildschirme flimmern, dass hier jederzeit Feuer wieder ausbrechen kann: "Wir haben Angst. Wir versuchen, den Wald sauber zu halten. Aber es bleibt gefährlich."

Restaurantbesitzer Stergios Xrysikos weiß: Ein Waldbrand kann ihn seine Existenz kostenBild: Florian Schmitz/DW

Die extremen Temperaturen hätten die Flora krank gemacht und ließen sie austrocknen. Dadurch steige die Feuergefahr immens. "Jedes Jahr pflanzen wir 20 bis 30 neue Bäume," erklärt Xrysikos und zeigt auf das frische Grün direkt hinter seinem Restaurant. Für ihn ist klar: In dieser Lage trägt jeder Verantwortung. Im 20 Kilometer entfernten Langadas wurden in den vergangenen Tagen 47 Grad gemessen. Seit Wochen hat es nicht geregnet. Fünf Autominuten von Xrysikos‘ Restaurant entfernt hat es vor wenigen Tagen gebrannt. Er hofft, dass alle Menschen verstehen, wie ernst die Situation ist.

Gemeinden benötigen Hilfe

Fest steht: Den Gemeinden in Griechenland steht ein harter Kampf bevor. Das weiß auch Pantelis Tsakiris. Für den Bürgermeister von Oraiokastro steht Brandschutz ganz oben auf der politischen Agenda. Die derzeitigen Bilder von den verheerenden Feuern in Rhodos, den brennenden Häusern auf der Halbinsel Peloponnes oder dicken Rauchschwaden über Athen bereiten ihm Sorgen.

Bürgermeister Pantelis Tsakiris fordert mehr staatliche Hilfe zur BrandpräventionBild: Florian Schmitz/DW

All dies erinnert an die Brandkatastrophe 2018 in Mati. Die ganze Stadt brannte nieder und 102 Menschen kamen ums Leben: "So etwas darf nie wieder passieren", unterstreicht Tsakiris. Er appelliert nicht zuletzt auch an die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger und plädiert für Bildungsprogramme, die Klima- und Waldschutz in den Vordergrund stellen: "Wir müssen alle verstehen, dass der Wald unser Zuhause ist."

Prävention und Schadensbegrenzung

Natürlich aber geht es auch um Geld. 1,5 Millionen Euro Fördergelder hat Bürgermeister Tsakiris für Oraiokastro bekommen, um sich mit neuester Technik auszurüsten. Thermalkameras und Drohnen werden ab dem kommenden Jahr zur Brandprävention im Einsatz sein. Doch das allein reicht nicht: "Wir brauchen dringend finanzielle Unterstützung, um den Wald sauber zu halten. Wir haben als Gemeinde nicht die Möglichkeit, all die trockenen Äste aufzusammeln." Dies aber sei wesentlicher Bestandteil der Brandschutzmaßnahmen. Es handle sich dabei um eine andauernd anfallende Arbeit, für die einfach kein Budget da sei: "Wir brauchen dazu Hilfe vom Staat."

Achtlos in den Wald geworfener Müll - nicht selten Auslöser für BrändeBild: Florian Schmitz/DW

Griechenland befindet sich im Ausnahmezustand. Die Menschen beginnen zu verstehen, was die Klimakatastrophe für ihr Land und ihr Leben bedeutet. Täglich brechen neue, schwere Feuer aus - über 100 in 24 Stunden. Für Takis Grigoriou von Greenpeace ist das keine Überraschung. Ihn enttäuscht angesichts der Lage vor allem die europäische Klimaagenda: "Wissenschaftler sagen, dass Europa die CO2-Emissionen um 65 bis 70 Prozent verringern muss." Das bisherige Ziel von 46 Prozent würden nicht ausreichen. "Es wird öfter und auch viel intensivere Feuer geben. Ein Großteil der Bemühungen richten sich also auf die richtigen Vorbereitungen."

Dabei ginge es um den intensiven Schutz und die Instandhaltung der griechischen Wälder. Dies geschehe nicht einmal ansatzweise genug. Dadurch sei die Brandgefahr im Sommer noch höher. Außerdem bräuchten die gut ausgebildeten Feuerwehrleute dringend mehr Fahrzeuge sowie die richtige Verwaltung: "Wir haben bei vergangenen Feuern schlechte Kommunikation und Missmanagement in den oberen Verwaltungsetagen beobachtet," berichtet Takis Grigoriou, "das hat zu schlimmen Folgen geführt.". Es sei an der Zeit, Führungsrollen nicht mehr aufgrund politischer Motivation, sondern auf Basis von Expertise zu vergeben.