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Politik

Hamburg vorm G20-Gipfel

Alexander Drechsel
7. April 2017

Brennende Autos, Stacheldraht und Homeoffice - der bevorstehende G20-Gipfel wirft schon jetzt lange Schatten auf die Gastgeberstadt Hamburg. An diesem Wochenende treffen sich Gipfel-Gegner, um ihre Aktionen zu planen.

Deutschland G20-Vorbereitungen in Hamburg - Polizeipräsidium
Bild: DW/A. Drechsel

Wer aufmerksam durch Hamburg läuft, dem fällt auf, dass die Stadt an der Elbe sich verändert. An wichtigen Punkten und vor einigen Sehenswürdigkeiten - wie etwa dem Konzerthaus Elbphilharmonie - stehen seit einigen Tagen Mannschaftswagen der Polizei. Bereitschaftspolizisten patrouillieren zu Fuss an den Messehallen. Und das Hamburger Polizeipräsidium ist auf einmal zusätzlich mit militärischem Stacheldraht geschützt.

Will das Gipfelgelände blockieren: der Radikale Nico BergBild: DW/A. Drechsel

Es sind die ersten wirklich sichtbaren Vorboten des G20-Gipfels, der am 7. und 8. Juli in Hamburg stattfinden soll. An diesen beiden Tagen sind nicht nur die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in der Stadt. Mit ihnen kommen Tausende Regierungsmitarbeiter, Sicherheitsleute und Journalisten.

Vor allem werden aber zehntausende – vielleicht sogar hunderttausende – Demonstranten in der zweitgrößten Stadt Deutschlands erwartet. Die in Deutschland und Europa heftig kritisierte Politik von US-Präsident Donald Trump genauso wie vom russischen Präsidenten Wladimir Putin oder vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan stellen die Proteste voraussichtlich auf eine viel breitere Basis als bei zurückliegenden Gipfeltreffen der G20.

Gipfelgegner machen mobil

"Wir werden uns die Stadt zurückerobern in diesen Tagen und klarmachen, dass Hamburg diesen Gipfel nicht will", sagt Nico Berg von der "Interventionistischen Linken", einem Zusammenschluss der radikalen Linken in Deutschland.

Für ihn und viele andere Kritiker steht das Kürzel G20 vor allem für neoliberale Finanzmarktpolitik, die vorhandene Strukturen zementieren will. "Wir machen den Protest nicht, um an die G20 zu appellieren, uns eine eine gerechtere Weltordnung zu schenken. Die werden wir uns selbst erkämpfen müssen. Die G20 sind Teil des Problems."

Schon Monate vor dem G20-Gipfel sind Sehenswürdigkeiten wie die Elbphilharmonie abgesperrtBild: DW/A. Drechsel

Berg organisiert gemeinsam mit einem Team die G20-Proteste. Ihr Ziel: Die Sabotage des internationalen Gipfeltreffens. Dafür richten Berg und seine Mitstreiter an diesem Wochenende eine sogenannte Aktionskonferenz aus. G20-Kritiker aus ganz Europa wollen kommen und einige von ihnen kennen wesentlich gewalttätigere Demonstrationen, als jene die man in Deutschland gewohnt ist.

Brandstiftung als Vorbote

Abgehalten wird die Aktionskonferenz im Fussballstadion des FC St. Pauli am Millerntor - nicht einmal zehn Gehminuten entfernt zu den Messehallen. Dort sollen im Juli die G20 tagen. Ein schwieriges Unterfangen, denn die Hamburger Messe grenzt unmittelbar an das Karo- und an das Schanzen-Viertel. Beide Quartiere sind für ihre linke und alternative Szene bekannt. Noch vor wenigen Jahren stießen in der "Schanze" gewaltbereite Autonome und Polizei regelmäßig aufeinander.

Hofft auf friedlichen Protest: Senatssprecher Jörn SchmollBild: Senatspressestelle Hamburg

Befürchtungen, dass anlässlich des G20-Gipfels die Proteste in Gewalt umschlagen, scheinen berechtigt zu sein.

Einen ersten Vorgeschmack gab es bereits: Im März zündeten Unbekannte mehrere Polizeiautos an – zuerst vor dem Wohnhaus des Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz und dann auf dem Parkplatz einer Polizeiwache mitten in der Stadt.

Damit sich solche oder ähnliche Szenen nicht wiederholen, werden zum G20-Gipfel aus ganz Deutschland 14.000 Polizistinnen und Polizisten zusammengezogen.

Stadt setzt auf die Polizei

"Wir vertrauen darauf, dass unsere Sicherheitsorgane die Situation jederzeit im Griff haben", sagt Jörg Schmoll, Sprecher des Hamburger Senats – wie die Landesregierung des Stadtstaats heißt. "Es ist gut, wenn der Protest friedlich bleibt." Hamburg rücke für zwei Tage in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Es sei eine Ehre, dass der G20-Gipfel in die Stadt komme, ergänzt Schmoll. "Mein Eindruck ist, das die Bürger Hamburgs sehr gelassen damit umgehen."

Auch auf das Hamburger Rathaus wird die Polizei während des Gipfels ein besonderes Auge habenBild: DW/A. Drechsel

Ganz so gelassen sehen es die Lokalmedien und viele Hamburger aber doch nicht. Einige Einwohner überlegen offenbar, für die Zeit des G20-Gipfels die Stadt zu verlassen. Und Medienberichten zufolge hat mit der Kosmetik-Firma Baiersdorf das erste große Unternehmen angekündigt, dass seine Mitarbeiter an den Gipfeltagen zu Hause bleiben sollen.

"Dass dieser G20-Gipfel in die Mitte einer der größten Städte Deutschlands gelegt wurde, ist  an sich sich ziemlich provozierend", gibt Christoph Bautz, Vorstand der Kampagnenplattform Campact, zu bedenken. Gemeinsam mit Gewerkschaften, Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie anderen Verbänden will Campact "bunte, kraftvolle und vor allem gewaltfreie Proteste" organisieren - und zwar schon in der Woche bevor die Staats- und Regierungschefs nach Hamburg kommen.

"Damit auch viele Familien oder ältere Leute auf die Straße gehen können". Campact setzt auf Dialog und will die G20-Politik beim Klimaschutz, beim Handel und im Sozialen beeinflussen.

Auch Familien sollten protestieren meint Christoph Bautz Bild: Campact/Sabine Vielmo

"Dort, wo die Polizei uns nicht will"

Nico Berg verfolgt mit dem von ihm mit organisierten Protesten eine andere Taktik. Diese Demonstranten sollen sich den Staats- und Regierungschefs an den Gipfeltagen in den Weg stellen: Die Zufahrten zum Messegelände würden sie verstopfen. "Verstopfen wird das einzige Wort sein, dass ein Trump und ein Erdogan mit nach Hause nehmen werden", kündigt Berg an. "Wir rufen zu Aktionen auf, die einen massenhaften Ungehorsam und einen kollektiven Regelübertritt darstellen. Dabei ist die Polizei nicht unser Gegner, aber wir werden da sein, wo die Polizei uns nicht haben möchte."

 

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