1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

In Italien regieren die Euro-Gegner

Patricia Arnold8. Januar 2002

Nach dem Rücktritt von Außenminister Renato Ruggiero sitzen nur noch Euro-Skeptiker im italienischen Kabinett.

Die italienische 2- Euro-Münze zeigt ein von Raffael gemaltes Porträt des Dante Alighieri, das in dem von Papst Julius II. gestalteten Teil des Vatikanpalasts zu sehen ist.Bild: EZB

Die Regierung unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi macht es den Italienern wirklich nicht leicht, mit dem neuen Europa-Geld zurecht zu kommen. Kabinetts-Mitglieder äußerten sich skeptisch über den Erfolg des Euro. Reformminister und Lega Nord-Chef Umberto Bossi sagte, er pfeife auf die neue Währung.

Der Ministerpräsident stellte seinen Außenminister Renato Ruggiero öffentlich bloß, degradierte ihn zu einem reinen Verwalter der internationalen Geschäfte. Der 100prozentige Europäer Ruggiero gab daraufhin nach vielen Auseinandersetzungen mit Kabinettskollegen auf. Nach Ansicht linker Opositionspolitiker ging der vielgeachtete Diplomat nicht freiwillig. Er sei vom Regierungschef freundlich, aber bestimmt zum Rücktritt gezwungen worden, sagen sie.

Für Opositionsführer Francesco Rutelli haben sich im Kabinett nun die Euro-Skeptiker durchgesetzt: "Wehe", drohte er, "wenn statt der klaren Haltung Italiens zu Europa, nun die Linie von Bossi die Oberhand gewinnt und uns aus Europa ausbrechen läßt."

Die Opposition demonstriert

Der Protest der Oposition, die zu einer Großdemonstration gegen die Europa-Politik der Regierung aufgerufen hat, wird Silvio Berlusconi kalt lassen. Die linken Parteien sind schwach, untereinander zerstritten und haben es in den vergangenen sieben Monaten nicht geschafft, geschlossen aufzutreten.

Innenpolitische Diskussionen wird der Regierungschef im Moment nicht führen wollen. Er hat keine Zeit, denn er ist jetzt auch Außenminister. Wie es heißt, will er für mindestens ein halbes Jahr die Doppelrolle übernehmen. In seiner ersten Erklärung als neuer Chef des Außenamtes, versuchte er Zweifel an der Europatreue Roms auszuräumen. Silvio Berlusconi versicherte, dass die Außenpolitik Italiens überzeugt und von innen heraus europäisch bleibe: "Ich habe am Verhandlungstisch mit den Staats- und Regierungschefs Europas den Eindruck gewonnen, dass Italien europäischer ist als andere."

Eine kühne Behauptung, so Oppositionspolitiker. Silvio Berlusconi blockierte anfänglich den europäischen Haftbefehl und stieg aus dem europäischen Projekt für einen Airbus-Militärtransporter aus.

Das Bekenntnis des Regierungschefs zu Europa überzeugte den Linksdemokraten Piero Fassino überhaupt nicht: "Just zu dem Moment, in dem Italiener mit großen Enthusiasmus den Euro annehmen, schafft sich die Regierung aus Europa fort."

Die Stimmung ist gut

Dass euro- und europaskeptische Auftreten von Ministern steht im krassen Gegensatz zur Stimmung in der Bevölkerung. Landauf, landab gibt sie sich große Mühe, die Euro-Mathematik zu verstehen. Heiter, spielerisch gehen viele mit dem neuen Geld um: "Es gibt keine Probleme", sagte eine Frau. "Mit einem Euro-Umrechner läuft die Sache.
Klein sind die Münzen schon", fügt ein Mann hinzu, "aber es ist Geld. Ich mag es. Es ist sogar schön."

Lachend steckten viele heute die alte Lira wieder in die Tasche. Händlern und Wirten ist das Euro-Kleingeld ausgegangen und sie konnten sich kein neues besorgen.

Die Banken bleiben aus Protest zu

80.000 Bankangestellte streikten. Acht von zehn Kreditinstituten blieben geschlossen und Bankautomaten leer. Mit ihrem Ausstand protestieren die Banker gegen ihre Chefs, die ihrer Ansicht nach die Währungsumstellung schlecht vorbereitet haben. Außerdem sind ihre Tarifverträge ausgelaufen. Deshalb wollen sie auch keine Überstunden mehr machen.

Der Arbeitskampf hilft gewiss nicht, das Image Italiens innerhalb der Europäischen Union aufzumöbeln. Allen Umfragen zufolge versteht sich die Mehrheit der Italiener nach wie vor als überzeugte Europäer. Vom gemeinsamen Europa und vom Euro erhoffen sie sich vom innenpolitischen Schlamassel und von hausgemachten Wirtschaftsproblemen befreit zu werden. Kritik aus dem Ausland können die meisten allerdings überhaupt nicht vertragen. Sie stärke Silvio Berlusconi.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen