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In Kaliningrad soll ein Denkmal zu Ehren deutscher Soldaten entstehen

24. April 2003

- Jetzt wird das Vorhaben aber von der Vergangenheit eingeholt

Moskau, 19.4.2003, 1500 GMT, TWS, russ.

In Kaliningrad gibt es einen Skandal um den Bau eines Denkmals zu Ehren im Zweiten Weltkrieg getöteter deutscher Soldaten. Ausgelöst wurde er durch eine Reihe bisher geheim gehaltener Dokumente, die von der lokalen Gesundheitsbehörde veröffentlicht worden sind und die das Gelände betreffen, auf denen das Denkmal entstehen soll.

(Korrespondentenbericht von Marina Naumowa) Es hat sich herausgestellt, dass sich auf diesem Gelände in Königsberg einst ein Friedhof befand. Während des Krieges wurden auf diesem Friedhof Kriegsgefangene beigesetzt, die in Nazi-Konzentrationslagern ums Leben gekommen waren.

Es gibt Berichte, die durch Unterlagen aus Archiven des FSB (Föderaler Sicherheitsdienst - MD) belegt werden, wonach die Nazis in einem dieser Lager medizinische Experimente durchführten, indem sie Kriegsgefangene mit verschiedenen Mikroben und Viren infizierten. Krematorien gab es in diesen Lagern nicht und die Leichen wurden auf dem Friedhof begraben.

Kaliningrader Experten sind der Meinung, dass der Bau des Denkmals ausgesetzt werden sollte, um in Erfahrung zu bringen, welche Viren und Bakterien im Boden gefunden werden könnten und um Näheres über die Experimente von SS-Ärzten im Lager Domnau zu erhalten.

Das Konzentrationslager befand sich hier, am Rande der deutschen Stadt Domnau (Domnowo - MD). Die Baracken, in denen etwa 700 polnische, französische, belgische und sowjetische Kriegsgefangene festgehalten wurden, wurden nach dem Krieg fast vollständig zerstört. Nur wenigen heutigen Bewohnern von Domnowo ist bekannt, dass die Nazis Lagerinsassen dazu benutzten, die Wirkung neuer Medikamente auf den menschlichen Organismus zu testen. Es gibt nur wenige Zeugen, darunter deutsche Zivilisten, die etwas von den Experimenten in dem Lager wussten.

(Tamara Poskutschij, Leiterin der landwirtschaftlichen Administration von Domnowo) Ein ehemaliger Bewohner von Domnowo, dem ehemaligen Domnau, Fritz Schliwskij (ph.), erzählte uns, dass während des Krieges hier Experimente mit einer bestimmten Substanz durchgeführt worden seien. Während dieser Experimente sei die örtliche Bevölkerung über das Radio aufgefordert worden, zu Hause zubleiben oder Masken aufzusetzen. Welche Substanzen getestet wurden, wussten sie nicht.

(Korrespondentin) Experten vertreten die Ansicht, dass es sich in dem als Krankenhaus getarnten Lager möglicherweise um Experimente mit Pest-, Cholera- und Anthrax-Viren gehandelt habe.

(Jewgenij Gam, Vorsitzender der gesetzgebenden Versammlung der Stadt Kaliningrad) Es fanden Experiment statt, und dieser Virus könnte, wenn er aus dem Boden freigesetzt wird, sich über die ganze Stadt und das gesamte Gebiet verbreiten. Diese Befürchtungen gibt es. Wir haben den Bürgermeister der Stadt aufgefordert, seine Anweisung, dieses Gelände (für das Denkmal) zu bestimmen, zurückzunehmen. Wir haben uns auch an den Gouverneur des Gebiets Kaliningrad gewandt.

(Korrespondentin) Während die Stadtbehörden eifrig nach genauen Daten in den KGB-Archiven forschen und eine medizinische Kommission gebildet wird, die Bodenproben entnehmen soll, dauern auf dem Friedhof, den die örtliche Bevölkerung bereits in Pest-Friedhof umbenannt hat, die Arbeiten an dem Denkmal an. (TS)