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In München "streiten bis nachts um drei"

4. Februar 2011

1962 begann sie bescheiden als Wehrkundetagung, heute ist die Münchner Sicherheitskonferenz das vielleicht wichtigste internationale Treffen zur Sicherheitspolitik. Dieses Jahr auf der Tagesordnung: Die Lage in Ägypten.

Das Hotel 'Bayerischer Hof' in München (Foto: Andreas Brenner)
Der Veranstaltungsort: das Hotel "Bayerischer Hof" in MünchenBild: DW

"Der Bayerische Hof platzt aus allen Nähten", konstatiert Wolfgang Ischinger, der Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz, noch nie sei der Ansturm so groß gewesen wie in diesem Jahr. Maximal 350 Teilnehmer kann Ischinger im Saal des altwehrwürdigen Tagungshotels in der Münchner Innenstadt unterbringen, die Zahl der Anfragen liege aber weit höher. "Ich musste in den letzten Tagen und Wochen leider relativ vielen Interessenten absagen, weil die Kapazität gesprengt wird."

Wolfgang Ischinger, Leiter der Münchner SicherheitskonferenzBild: picture-alliance/dpa

Das Gedränge hat einen einfachen Grund: Die Tagung in München gilt als die wichtigste sicherheitspolitische Konferenz in Deutschland, in Europa, vielleicht sogar weltweit. Hier versammelt sich die Creme de la Creme der internationalen Sicherheitspolitik alljährlich Anfang Februar zum informellen Gedankenaustausch - Staatschefs, Minister, Parlamentarier und Fachleute. Drei Tage lang wird viel diskutiert, aber nichts beschlossen. "Das Schöne an dieser Konferenz ist, dass wir unsere Zeit darauf verwenden können, nach Lösungen zu suchen", so Konferenzleiter Ischinger. "Wir können uns mit der Sache auseinandersetzen und uns streiten bis nachts um drei."

Neu auf der Tagesordnung: Die Lage in Ägypten

In den Hinterzimmern des Bayerischen Hofs sieht man den UN-Generalsekretär mit der US-Außenministerin Kaffee trinken oder den iranischen mit dem schwedischen Außenminister hitzig diskutieren. Die Möglichkeit solcher spontaner Begegnungen macht den Reiz der Konferenz aus, die von Gegnern und Demonstranten als Treffen von Kriegstreibern kritisiert wird. Daher schützen Hunderte Polizisten das Hotel, wenn im großen Saal über aktuelle Fragen der Sicherheitspolitik diskutiert wird.

In diesem Jahr werden die Umbrüche in der arabischen Welt kurzfristig auf die Tagesordnung gehoben. Außerdem soll unter der Überschrift "Cyberwar" darüber debattiert werden, wie kritische Infrastrukturen geschützt werden können.

Ein thematischer Dauerbrenner sind die transatlantischen Beziehungen und das Verhältnis zwischen der NATO und Russland, Afghanistan spielt ebenfalls eine große Rolle. Auch in diesem Jahr ist der afghanische Präsident Hamid Karsai zu Gast, der sich 2010 in München gegen den Vorwurf zur Wehr setzte, er regiere einen Drogenstaat. Diesmal geht es vor allem um den Abzug der NATO-Truppen, der 2011 beginnen soll. "Ich hoffe, dass wir langsam in die Post-Afghanistan-Zeit kommen, auch auf der Münchner Konferenz", sagt Christian Schmidt, Staatssekretär im Verteidigungsministerium.

Nahost-Konflikt und nukleare Abrüstung

Die größte Delegation ist wie immer die US-amerikanische, die in diesem Jahr von Außenministerin Hillary Clinton angeführt wird. Clinton hat in München viel vor: Sie nimmt am Rande der Konferenz an einem Treffen des Nahost-Quartetts teil und lässt den neuen START-Vertrag in Kraft treten, wenn sie gemeinsam mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow die Ratifizierungsurkunden austauscht. Der russischen Seite liegt außerdem das Thema Raketenabwehr am Herzen: Sie möchte in München noch einmal darauf drängen, dass die USA und die NATO hier keine Alleingänge unternehmen.

Die Gästeliste der 47. Münchner Sicherheitskonferenz ist lang und imposant, wenn auch ohne außergewöhnliche Highlights. Nach einer Pause im letzten Jahr ist Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder mit von der Partie und bringt das halbe Kabinett mit nach München. Aus Brüssel kommen EU-Ratspräsident Herman van Rompuy und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton nach München, aus New York reist UN-Generalsekretär Ban Ki Moon an. Zum ersten Mal ist ein britischer Premierminister dabei - David Cameron stellt sich in München vor. Ausdrücklich unerwünscht auf der diesjährigen Sicherheitskonferenz ist der weißrussische Außenminister: Ihm wurde die Einladung nach der manipulierten Präsidentenwahl kurzerhand wieder entzogen.

Autorin: Nina Werkhäuser
Redaktion: Kay-Alexander Scholz