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In Myanmar gehört die Wirtschaft dem Militär

Julia Bayer | Naomi Conrad
10. April 2021

Die Armee in Myanmar kontrolliert große Teile der Wirtschaft. Das dichte Firmen-Netzwerk der Junta hat nur einen Zweck: das Militär, einzelne Generäle und ihre Familien reich zu machen.

Myanmar Sicherheitskräfte gehen mit Gewalt gegen die Demonstranten in Yangon vor / SPERRFRIST beachten!
Myanmars Sicherheitskräfte gehen mit Gewalt gegen Demonstranten vorBild: Min Htet San

Wenn es Nacht wird in Myanmar und die Junta das Internet abschaltet, kommen die Soldaten. Auf der Suche nach Aktivisten, Oppositionellen und Journalisten durchsuchen sie Wohnungen und Häuser. Seit sich die Generäle am 1. Februar im ehemaligen Burma wieder an die Macht geputscht haben, sind alle verdächtig, die nicht auf der Seite des Regimes steht. 

Zehntausende Menschen haben ihren Protest auf die Straße getragen. Hunderte von ihnen wurden getötet, oft mit gezielten Kopfschüssen. Viele weitere wurden verhaftet. 

Aktivisten müssen in geheimen Unterschlupfen schlafen, denn zuhause sind sie nicht mehr sicher. Viele benutzen nur noch Handys, die sie nach wenigen Telefonaten zerstören. Fotos und Videos ihrer Aktionen löschen sie jeden Abend aus Sicherheitsgründen von ihren Geräten.

Polizei und Armee haben den Auftrag, den Widerstand der Demonstrierenden zu brechenBild: Mar Naw

Während die einen auf die Straße gehen, sind andere in den Streik getreten. Beamte, Ärzte und Krankenschwestern haben die Arbeit niedergelegt. Viele zahlen ihre Steuern und Stromrechnungen nicht mehr, um die Militärregierung zu schwächen. Der Boykott richtet sich auch gegen das Wirtschaftsimperium der Armee. 

Das Imperium der Generäle

Im Mittelpunkt stehen zwei riesige Unternehmen, die in den 1990er Jahren gegründet wurden – auch damals war das südostasiatische Land eine Militärdiktatur: Die Myanma Economic Holding Limited (MEHL) und die Myanmar Economic Corporation (MEC). Beide werden ausschließlich von aktiven und ehemaligen Generälen geführt, der abgesetzten demokratisch gewählten Regierung waren sie nie Rechenschaft schuldig. Wie viel sie genau verdienen, weiß deshalb nur das Militär selbst.

Auf den Punkt: Putsch in Myanmar: Todesstoß für die Demokratie?

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Die beiden Holdings sind unter anderem im Bergbau, in der Öl- und Gasförderung, im Bankenwesen und in der Telekommunikation tätig. Wie die Vereinten Nationen 2019 ermittelten, gehören über 100 Unternehmen zu MEHL und MEC, viele weitere machen mit ihnen Geschäfte. 

Sowohl Großbritannien als auch die USA haben MEHL und MEC inzwischen mit Wirtschaftssanktionen belegt. Dies beinhaltet ein Einfrieren aller Vermögenswerte in beiden Ländern. Und es scheint, dass auch die EU bald dazu übergehen könnte, die Geschäftsinteressen des Militärs zu sanktionieren. 

Die Kinder von Armeechef Min Aung Hlaing

Viele der Firmen, die enge Beziehungen zu den beiden Holdings der Armee unterhalten, werden von Familienangehörigen der Generäle geführt. Oberbefehlshaber General Min Aung Hlaing macht da keine Ausnahme. Sein Sohn Aung Pyae Sone und seine Tochter Khin Thiri Thet Mon leiten mehrere Unternehmen – darunter ein medizinisches Importgeschäft, eine Kette von Fitnessstudios und einen Anbieter für TV-Unterhaltung.

Am 10. März wurden beide Kinder und sechs ihrer Firmen von den USA auf eine Sanktionsliste gesetzt. Das US-Finanzministerium begründet diesen Schritt in einer Pressemitteilung damit, dass sie eine Vielzahl von Firmen kontrollierten, "die direkt von der Position und dem bösartigen Einfluss ihres Vaters profitiert haben."

Armeechef Min Aung Hlaing ist auch GeschäftsmannBild: Tatmadaw True Information/AP Photo/picture alliance

Nach Recherchen der DW kontrollieren die beiden noch drei weitere Unternehmen. Warum diese bislang nicht sanktioniert werden, ließ das Außenministerium in Washington auf Nachfrage offen. Ein Sprecher teilte der DW aber mit, man werde "weitere Schritte ergreifen, um auf die brutalen Gewalttaten zu reagieren, die vom Militär in Myanmar ausgeübt werden."

Sendemasten für Mytel

Eines der drei bisher nicht sanktionierten Unternehmen ist Pinnacle Asia Company Limited, das im November 2016 registriert wurde und im Telekommunikationssektor tätig ist. Die DW hat Daten aus dem Firmenregister der DICA, Myanmars Directorate of Investment and Company Administration, ausgewertet. Diese wurden nach dem Putsch von DDoSecrets, einer Plattform für Whistleblower und Aktivsten, veröffentlicht.

Danach erhielt Pinnacle zum Beispiel im Mai 2020 von einer nationalen Bank einen Kredit, um für den Mobilfunkanbieter Mytel 17 Sendemasten zu bauen.

Mytel ist einer von vier Telekommunikationsanbietern und wurde als Joint Venture der Armeen von Myanmar und Vietnam gegründet. Aktivisten befürchten, dass mit Hilfe von Mytel Bewegungsprofile von Demonstranten erfasst werden könnten. 

Junge Demonstrierende wollen trotz der Gewalt weiter für die Demokratie kämpfenBild: AP/picture alliance

Am 17. März, nur eine Woche nach der Verhängung der US-Sanktionen gegen Pinnacle Asia, wurde Khin Thiri Thet Mon, die Tochter des Militärherrschers, als Geschäftsführerin abgesetzt, wie aus den Dokumenten der Firmenregistrierung hervorgeht. Anfragen der DW zu den Geschäftsinteressen und zu der Personalentscheidung ließ das Unternehmen unbeantwortet.

Auch die Botschaft Myanmars in Deutschland reagierte bis zur Veröffentlichung nicht auf die Fragen der DW zu den Geschäftsbeziehungen des Regimes von Armeechef Min Aung Hlaing und seinen beiden Kindern.

Seit dem Putsch sind alle Telekommunikationsanbieter in Myanmar angewiesen worden, den Zugang zum Internet stark einzuschränken. Doch das hält die Menschen bisher nicht davon ab, weiter auf die Straße zu gehen und ihr Leben zu riskieren. Er werde, erzählt ein junger Mann, solange weiter demonstrieren, "bis wir die Demokratie zurückbekommen."

Mitarbeit: Michael Hartlep und Anrike Visser 

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