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In Weißrussland gibt es jetzt nur noch einen Präsidenten

28. Mai 2003

– Als Präsident darf in Minsk lediglich das Staatsoberhaupt bezeichnet werden

Köln, 27.5.2003, DW-radio / Russisch, Wladimir Dorochow aus Minsk

Der von Vizepremier Wiktor Sidorskij unterzeichnete Beschluss des Ministerrates sieht vor, dass ab jetzt die Leiter von Betrieben und Organisationen in Weißrussland lediglich als Direktoren, Generaldirektoren, Natschalniks, Vorsitzende oder Geschäftsführer bezeichnet werden dürfen, jedoch nicht als Präsidenten. Der Beschluss schreibt ferner den staatlichen Verwaltungsorganen vor, bis 1. August Vorschläge zur Änderung der entsprechenden Gesetze zu unterbreiten sowie dafür zu sorgen, dass entsprechende Änderungen an den Statuten der Organisationen vorgenommen werden.

Mit anderen Worten muss sich jetzt der Präsident einer Aktiengesellschaft oder eines Wohltätigkeitsfonds unbedingt in einen Vorsitzenden oder Direktor verwandeln und seine Organisation neu registriert werden. Neuregistrierung ist für einen Unternehmer in Weißrussland wahrscheinlich eines der schrecklichsten Worte. Der Präsident des Weißrussischen Unternehmerverbandes, Aleksandr Potupa, bezeichnete den Regierungsbeschluss in einem Interview für die "Deutsche Welle" als Anekdote von internationalem Niveau, als politische Geschmacklosigkeit und Erfindung politischer Speichellecker, die von einer dritten Amtszeit von Lukaschenka träumen. Auf diese Weise, so Potupa, wollen sie erreichen, dass alle das Wort Präsident lediglich mit einer konkreten Person verbinden. Der Chef des Unternehmerverbandes ist jedoch überzeugt, dass dieser, wie er sagte, primitive Schritt in der Wirklichkeit lediglich Ablehnung hervorrufen wird. Als Alternative schlug Potupa vor, für Lukaschenka den Titel Belarusbaschi einzuführen, damit die Tausenden übrigen Präsidenten in Ruhe gelassen werden. Dabei schließt Potupa nicht aus, dass die Neuregistrierung als Kampf gegen die nicht Genehmen betrachtet werden könnte.

Dmitrij Manejew ist Präsident der internationalen Fußballgesellschaft. Für ihn ist dieser Beschluss eine unangenehme Überraschung, da die Gesellschaft, über deren Kontrollpaket deutsches Kapital verfügt, erst kürzlich registriert wurde. Manejew zufolge wird eben der Eigentümer entscheiden, wie auf den Beschluss reagiert werden soll, der lediglich negative Folgen haben kann.

Aleksandr Sosnow, Präsident der Stiftung "Offene Gesellschaft", sieht den Grund für diesen Beschluss darin, dass Lukaschenka der informelle Respekt nicht genügt, dass er auch formell respektiert werden möchte. Was die Bezeichnung seines Amtes angeht, so ist Sosnow der Ansicht, dass man gezwungen sein wird, es in Vorsitzender des Aufsichtsrates umzubenennen, da die Funktionen der beiden sehr ähnlich sind. Als nächstes, so Sosnow, könnten die Machthaber anordnen, das Wort Präsident immer nur groß zu schreiben. (lr)