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Politik

Indien: Tödliche Selfies

Murali Krishnan
11. Oktober 2016

Selfies in Indien werden nicht nur immer beliebter, sondern auch verrückter. Manche Inder bringen sich auf der Suche nach dem besten Schnappschuss sogar in tödliche Gefahr, wie Murali Krishnan aus Neu-Delhi berichtet.

Eid al-Adha Islamisches Opferfest in Kalkutta
Bild: Reuters/R. De Chowdhuri

Kürzlich versuchte ein Mann, ein Selfie von sich mit einer Riesenschlange zu machen. Die Schlange biss ihn in die Schulter. Der Mann konnte froh sein, mit dem Leben davonzukommen. Geschehen im Unionsstaat Rajasthan im Nordwesten.

Das Selfie-Fieber hat ganz Indien ergriffen - und zu einer Reihe von tragischen Todesfällen geführt. Die Statistiken zeigen eindeutig: Die Zahl der Todes-Selfies nimmt zu.

Manche Leute gehen ziemlich weit, um sich auf dem perfekten Selfie abzulichten, und begeben sich dabei ungerührt in große Gefahr. Beliebt sind zum Beispiel Aufnahmen vor herannahenden Zügen oder auf steil abfallenden Berggipfeln.

Im Mai starb ein Jugendlicher im Punjab. Er machte eine Selbstaufnahme, während er sich eine echte Pistole an die Schläfe hielt - versehentlich drückte er ab. Im Juli endete das Selfie eines Mannes, der dafür tief in den Ganges gewatet war, mit sieben Todesfällen - von Leuten, die den Mann vor dem Ertrinken retten wollten und selber ertranken.

Vor wenigen Wochen standen sechs Studentinnen auf einem Felsen über einem Stausee im Unionsstaat Telangana im Süden, um Selfies zu machen. Eine der jungen Frauen verlor das Gleichgewicht und fiel in den See; die anderen versuchten, sie zu retten, und kamen dabei ums Leben.

"Die Inder sind verrückt nach Selfies. Die jungen Leute wollen andere beeindrucken, Gefahren sind ihnen egal. Sie wollen als mutig dastehen", sagt der Soziologe Sanjay Srivastava von der Universität Neu-Delhi im Interview mit der Deutschen Welle.

Eine vielleicht eklige, aber eher harmlose Form der SelbstdarstellungBild: Getty Images/S.Panthaky

"Jeder will berühmt sein"

Untersuchungen haben gezeigt, dass die meisten Selfie-Toten zwischen 18 und 24 Jahre alt sind.

"Die sozialen Medien beherrschen unser Leben. Die jungen Leute, vor allem die in den Großstädten, wollen gesehen und wahrgenommen werden. In der heutigen Zeit will jeder berühmt sein. Für all das stehen Selfies", sagt der Verhaltenswissenschaftler Kuldip Singh der Deutschen Welle.

Nach dem amerikanischen Nachrichtenportal Newsgram führt der Wunsch, in den sozialen Medien mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, Leute dazu, Selfies von sich an gefährlichen Orten und in riskanten Situationen zu machen, manchmal sogar mit Raubtieren.

"Das hat bei manchen, die das ultimative Selfie suchten, schon zu schweren Verletzungen und sogar Todesfällen geführt", so Newsgram.

Selbst Indiens Ministerpräsident Narenda Modi ist vom Selfie-Bazillus befallenBild: picture alliance/AA/M. Aktas

Warnhinweise geplant

In Indien hängt der Selfie-Wahn auch mit dem steilen Anstieg der Smartphone-Verkäufe zusammen. In einem Bericht der amerikanischen Bank Morgan Stanley heißt es, durch starke Zuwachsraten werde Indien im kommenden Jahr wohl die USA von der Position als zweitwichtigster Smartphone-Markt der Welt verdrängen.  Ende dieses Jahres werde es in Indien mehr als 220 Millionen Smartphone-Benutzer geben.

Die indische Regierung plant unterdessen eine Reihe von Maßnahmen, um die Menschen vor gefährlichen touristischen Orten im Land zu warnen. Das Ministerium für Kultur und Fremdenverkehr will an diesen Stellen Warntafeln aufstellen und hat an die Regierungen aller Unionsstaaten geschrieben, damit auch sie Schutzmaßnahmen an besonders neuralgischen Punkten ergreifen.

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