Indien und Pakistan: Wie Experten die Waffenruhe bewerten
11. Mai 2025
Vier Tage lang eskalierten die Feindseligkeiten zwischen Indien und Pakistan, beide Seiten hatten viele Tote zu beklagen. Es wuchs die Sorge, dass die beiden Atommächte in einen umfassenden Krieg eintreten könnten. Bei der Vermittlung des Waffenstillstands spielten die USA eine entscheidende Rolle.
Experten und Diplomaten beider Länder sind der Ansicht, dass dies zwar ein vorläufiges Ende der schlimmsten militärischen Konfrontation zwischen den beiden Ländern seit 25 Jahren bedeuten könnte, der von ausländischen Vermittlern ausgehandelte Waffenstillstand jedoch nicht ohne Weiteres zu einem dauerhaften Frieden führen wird.
Die Argumente der USA
"Die USA haben eine hilfreiche Rolle dabei gespielt, Pakistan zu einem Waffenstillstand zu bewegen", sagte Meera Shankar, ehemalige indische Botschafterin in den USA, der DW. Ajay Bisaria, ehemaliger indischer Hochkommissar in Pakistan, erklärte: "Die USA nutzten die Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und vieles mehr, um das Ende der Feindseligkeiten zu beschleunigen." Zudem unterstützten die USA Indiens Doktrin der Nulltoleranz gegenüber dem Terrorismus, so Bisaria.
Auslöser des jüngsten Konflikts zwischen Indien und Pakistan war ein Anschlag auf Touristen im indisch kontrollierten Teil Kaschmirs Mitte April, den Neu-Delhi als Terrorakt wertete.
Überwinden der Vorbehalte
Nach Ansicht von Husain Haqqani, ehemaliger pakistanischer Botschafter und derzeit Senior Fellow am Hudson Institute in Washington DC, wollte Indien Pakistan klar machen, dass terroristische Vorfälle nicht ignoriert werden. Pakistan wollte Indien zeigen, dass es sich nicht einfach so geschlagen geben wird. "Beide Seiten haben ihren Standpunkt klar gemacht", erläuterte Haqqani.
"Pakistan und Indien brauchten beide einen Waffenstillstand, aber aufgrund des Nationalstolzes und des Egos ihrer Staatschefs wollte keine Seite den ersten Schritt machen. Die USA halfen dabei, diese Vorbehalte zu überwinden", erklärte Haqqani gegenüber der DW.
Der ehemalige Botschafter glaubt auch, dass beide Länder die militärische Eskalation genutzt haben, um die Entschlossenheit des anderen zu testen und die Stärken und Schwächen ihrer Verteidigung auszuloten. "Beide sind sich bewusst, dass sie einen Krieg nicht gewinnen können, ohne massive Zerstörungen zu verursachen und zu erdulden", so Haqqani.
Vermittler: USA, Saudi-Arabien und Iran
Maleeha Lodhi, Expertin für internationale Angelegenheiten und ehemalige pakistanische Botschafterin in den USA und bei den Vereinten Nationen, glaubt, dass es länger dauern wird, bis sich die Spannungen auflösen. "Der Waffenstillstand wird halten, da beide Länder ihn vereinbart haben und keinen Vorteil davon hätten, ihn zu brechen. Die Entspannung der Grundsituation wird jedoch viel länger dauern", fügte sie hinzu.
An den Waffenstillstandsverhandlungen nahmen nicht nur die USA teil. Aufgrund ihrer starken wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen zu Indien und Pakistan traten auch Saudi-Arabien und der Iran als wichtige Vermittler in Erscheinung.
Für die ehemalige indische Diplomatin Deepa Gopalan Wadhwa seien jedoch auch die jüngsten Kontakte zwischen den Generaldirektoren für Militäroperationen (DGMOs) Indiens und Pakistans wichtig für die Bewältigung der Spannungen gewesen.
Zu den vereinzelten Verletzungen der Waffenruhe sagte sie: "Die Eskalation trotz des von der DGMO vermittelten Waffenstillstands unterstreicht die Fragilität solcher Vereinbarungen vor dem Hintergrund tiefsitzenden Misstrauens und der komplexen Dynamik der zivil-militärischen Beziehungen, insbesondere in Pakistan." Damit meint sie eine "übermäßige Macht der pakistanischen Armee im Regierungssystem des Landes".
Wie nachhaltig ist der Frieden?
Analysten gehen davon aus, dass der Waffenstillstand trotz gegenseitiger Vorwürfe von Verstößen kurzfristig halten dürfte, vor allem aufgrund des internationalen Drucks und der Erkenntnis beider Länder, dass eine Eskalation mit hohen Kosten verbunden wäre.
"Ich hoffe, dass der Waffenstillstand stabil bleibt und hält", sagte der ehemalige indische US-Botschafter Shankar. "Ein größerer militärischer Konflikt ist weder im Interesse beider Länder noch im Interesse des Friedens und der Stabilität in der Region. Die Beziehungen zu Pakistan werden wahrscheinlich weiterhin schwierig bleiben."
"Der Waffenstillstand hat die Feindseligkeiten zwar vorübergehend beendet, aber grundlegende Probleme wie Kaschmir, Terrorismus und gegenseitiges Misstrauen bestehen weiterhin", sagte der ehemalige indische Hochkommissar in Pakistan, Bisaria. "Indiens Aussetzung des Indus-Wasserabkommens und Handelsverbote sowie Pakistans wirtschaftliche Zwänge werden die Beziehungen weiterhin belasten." Dennoch fügte er hinzu: "Mittelfristig ist eine Stabilisierung möglich."
Derzeit bleiben beide Streitkräfte in höchster Alarmbereitschaft, doch das Risiko weiterer Eskalationen - beispielsweise durch Fehlinterpretationen von Drohnenaktivitäten oder Artilleriefeuer - bleibt hoch, insbesondere in umkämpften Gebieten entlang der Kontrolllinie (LoC).
Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert von Sabine Faber.