Indien und USA: Neue Partner im Indopazifik?
22. März 2025
"Riesige Chancen" sieht Tulsi Gabbard, Direktorin der US-Geheimdienste, nach ihrer Indienreise für die Beziehungen zwischen beiden Ländern. Gabbard war die erste hochrangige Beamtin unter der neuen Präsidentschaft von Donald Trump, die Indien besuchte. Sie sagte diese Woche auf einer Sicherheitskonferenz in Neu-Delhi, Trumps "Engagements" für die Wahrung von Frieden und Sicherheit basiere auf der "Realpolitik" und dem "Pragmatismus". Genau wie der indische Premier Narendra Modi strebe Trump an, das eigene Land "an die erste Stelle" zu setzen, so Gabbard auf dem diesjährigen "Raisina Dialogue".
"'America First' bedeutet nicht "America alone'", sagte Gabbard. Dies dürfe nicht missverstanden werden. "Die Beziehungen, die wir gemeinsam aufbauen, sind entscheidend für die Sicherstellung unserer gemeinsamen Interessen."
In Europa allerdings hat der außenpolitische Alleingang von Gabbards Dienstherrn, US-Präsident Donald Trump, im Zusammenhang mit dem russischen Invasionskrieg auf die Ukraine für Verunsicherung gesorgt. Zuerst brüskierte Trump den ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Dann telefonierte er am Dienstag (18.03.25) mit dem russischen Präsident Wladimir Putin. Vermutlich will er der Ukraine die von ihm ausgehandelten Konditionen aufzwingen. Am Mittwochabend verkündete schließlich Selenskyj das Ende der Angriffe auf russische Energieanlagen.
Nun fragen sich die US-Verbündeten in Asien, ob sie sich auf Washington verlassen können, falls ein Konflikt mit der aufsteigenden Macht China drohen sollte. Gabbard, die 18 US-Geheimdienstorganisationen leitet, sagte auf der Strategiekonferenz, dass es notwendig sei, wenn um des lieben Friedens willen "Führungspersönlichkeiten die etablierte Sichtweise oder die Art und Weise, wie die Dinge immer gemacht wurden, herausfordern."
Indien als Trumps bester Freund in Asien?
In ihrer Rede bezeichnete Gabbard Modi und Trump als "große Freunde". Beide Politiker trafen zuletzt im Februar in Washington persönlich zusammen. Zu den Gesprächsthemen gehörten unter anderem Handel und Verteidigung. Nach dem Treffen mit Gabbard diese Woche kündigte dann Premier Modi an, Trump noch in diesem Jahr in Indien zu begrüßen. Als gute Geste eröffnete Modi am Dienstag (18.03.25) sein persönliches Konto auf dem "Truth Social", der Social-Media-Plattform von Donald Trump. Außerdem habe Modi nach eigenen Angaben mit Gabbard über den Kampf gegen den Terrorismus und eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Schifffahrt- und Cybersicherheit gesprochen.
Dennoch bleibt auch Indien von der geplanten Erhöhung der US-Importzölle nicht verschont. Der indischen Agentur ANI sagte Geheimdienstchefin Gabbard, dass es einen "direkten Dialog auf höchster Ebene" gebe und dass Trump und Modi an Lösungen arbeiteten, die die wirtschaftlichen Interessen beider Länder berücksichtigten.
Chietigj Bajpaee, Senior Fellow für Südasien bei der Denkfabrik Chatham House, sagt im DW-Interview, Gabbards Besuch zeige, welche Priorität Washington seinen Beziehungen zu Indien beimesse. "Trump legt weniger Wert auf traditionelle Partner und versucht, neue Koalitionen mit gleichgesinnten Ländern zu schmieden."
Indopazifik: "Gravitationszentrum des 21. Jahrhunderts"
Geheimdienstchefin Gabbard weiß aus ihren Erfahrungen ganz genau, was die Region Indopazifik für ihr Land bedeutet. Der riesige Raum umfasst den Indischen Ozean, das Südchinesische Meer und den westlichen Pazifik insgesamt. Sie selbst wurde auf der Insel Amerikanisch-Samoa geboren, einem Außengebiet der USA im Südpazifik. Später wurde sie Kongressabgeordnete für den Bundesstaat Hawaii, der sich mitten im Pazifik befindet.
"Der Indopazifik ist das geopolitische Gravitationszentrum des 21. Jahrhundert", sagte die praktizierende Hindu. "Die Wahrung von Frieden und Stabilität in diesem Raum ist für unsere kollektive Sicherheit und unser Ziel der wirtschaftlichen Prosperität von wesentlicher Bedeutung. Wir müssen diese Herausforderungen gemeinsam angehen."
Bislang hat die neue Trump-Administration die Außenpolitik der Vorgängerregierung für den indopazifischen Raum fortgesetzt. Das US-Außenministerium betont die Notwendigkeit, dass der Indopazifik eine "freie und offene" Region bleiben müsse. Doch die Machtverhältnisse hier drohen zu kippen. Der "Spielverderber", den die USA und ihre Verbündeten als "Bedrohung" für die "freie und offene" Ordnung sehen, ist China.
Unter Präsident Xi Jinping hat China, gemessen an der Zahl der Kriegsschiffe, die größte Marine der Welt aufgebaut. Zwei Flugzeugträger kreuzen schon auf den Weltmeeren. Ein dritter wird vermutlich in diesem Jahr in Dienst gestellt. Noch im Februar und März kreiste eine Kriegsflotte der chinesischen Marine vor den australischen Kontinent - ohne Vorankündigung. Ein ungewöhnlicher Vorgang. Auf internationalen Gewässern vor Sydney führte sie Manöver mit scharfen Munitionen durch. Außerdem beansprucht Peking für sich den größten Teil des Südchinesischen Meeres, das als ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für den Welthandel gilt.
Die langfristige Strategie von Washington besteht darin, Peking daran zu hindern, den indopazifischen Raum vollständig zu dominieren und die freie Schifffahrt des internationalen Handels aufrechtzuerhalten. Hierfür brauchen sie Verbündete in der Region. Donald Trump ist nicht gerade dafür bekannt, in multilateralen Bündnisstrukturen zu denken und zu handeln. Neben klassischen Partnern in Asien wie Japan und Südkorea wirft er deswegen auch ein Auge auf Indien, in einer Allianz gegen China.
Unverbindliche Partnerschaft?
"Indien ist kein offizieller Verbündeter der USA, aber auch kein Gegner. Deswegen ist es im Gegensatz zu anderen US-Verbündeten nicht als eine 'Selbstverständlichkeit" zu verstehen, dass Indien alles auf die Waagschale wirft. Indien ist aber auch keine Gefahr für die globale Macht der USA, wie dies bei China der Fall ist", so Chatham House-Analyst Chietigj Bajpaee.
Indien ist Mitglied der sogenannten QUAD-Gruppe, eines Sicherheitsdialogs mit den USA, Australien und Japan. Die Plattform ermöglicht eine informelle Koordinierung strategischer Ansätze im indopazifischen Raum, jedoch ohne verbindliche Verpflichtungen.
"Es scheint, dass unter der Trump-Administration das Format Quad mit neuem Leben gefüllt werden wird. Diese Botschaft wurde deutlich nach dem Treffen der Quad-Außenminister kurz nach Trumps Amtsantritt", sagt Bajpaee. "Wenn überhaupt zieht die Trump-Administration lockerere Formate wie die Quad-Gruppe gegenüber offiziellen Bündnisverpflichtungen wie der NATO vor. Es gibt einige Anzeichen dafür, dass die US-Regierung versucht, sich im Rahmen der Quad-Gruppe auf die Sicherheitsdimensionen im Indopazifik zu konzentrieren."
Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan