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Politik

Indiens Bauern verkünden "großartigen Sieg"

9. Dezember 2021

Für Regierungschef Modi waren die Proteste gegen seine Agrarreform ein Desaster. Weil der Premier den Forderungen folgte, sind die Landwirte zufrieden.

Indien | Pressekonferenz zu Bauernreform
Samyukta Kisan Morcha, eine Koalition aus mehreren Bauernverbänden, erklärt in Neu Delhi das Ende der ProtesteBild: Mayank Makhija/NurPhoto/picture alliance

Nach dem Aus für die umstrittene Agrarreform der indischen Regierung haben die Bauern ihre monatelangen Massenproteste offiziell beendet. "Die Einigkeit, die Friedfertigkeit und die Geduld der Landwirte waren der Schlüssel zum Sieg, und wir werden unter keinen Umständen zulassen, dass diese Einigkeit verloren geht", erklärte Samyukta Kisan Morcha, eine Koalition aus mehreren Bauernverbänden. Einer ihrer Vertreter sprach von einem "großartigen Sieg".

Tausende Landwirte hatten seit November vergangenen Jahres vor den Toren der Hauptstadt Neu Delhi kampiert, um ihrer ablehnenden Haltung Nachdruck zu verleihen. Die Proteste waren eine der größten Herausforderungen für den seit 2014 regierenden Ministerpräsidenten Narendra Modi. An diesem Donnerstag begannen die Bauern damit, ihre behelfsmäßigen Lager abzubauen.

Von Ackerbau und Viehzucht abhängig

Ziel der im September 2020 verabschiedeten Agrarreform war es, den Markt für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu deregulieren. Bisher wird Getreide meist in staatlich organisierten Großmärkten zu garantierten Mindestpreisen gehandelt - eine seit Jahrzehnten geübte Praxis, die den häufig verarmten Landwirten das Überleben sichern soll. Mehr als die Hälfte der 1,3 Milliarden Einwohner des Landes sind von Ackerbau und Viehzucht abhängig. Die meisten von ihnen sind Kleinbauern ohne Erwerbsalternativen.

Nach der Kehrtwende der Regierung feierten Landwirte im November in der Millionenstadt Amritsar im Bundesstaat PunjabBild: Narinder Nanu/AFP/Getty Images

Die Regierung hatte angegeben, durch die Reform die Agrarwirtschaft effizienter machen zu wollen, da viele Produkte verrotten, bevor sie auf den Markt kommen. Die Demonstranten sagten hingegen, die Änderungen, die wegen der Proteste nie umgesetzt wurden, würden es Großkonzernen erlauben, den kleinbäuerlich geprägten Agrarsektor komplett zu übernehmen - und den schwächeren Marktteilnehmern ihre Bedingungen zu diktieren.

Rolle rückwärts vor dem Wahltermin

Im November kippte das indische Parlament schließlich die Gesetzesvorlage. Modi hatte die Reformpläne zuvor bereits zurückgezogen. Die Kehrtwende erfolgte im Vorfeld wichtiger Wahlen in Bundesstaaten wie Punjab - wo viele der Bauern herkommen - und Uttar Pradesh, dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat Indiens mit 220 Millionen Einwohnern.

Der Konflikt drehte sich vorwiegend um die ursprünglich geplante Abschaffung garantierter Mindestpreise (Archivbild)Bild: Manjunath Kiran/AFP/Getty Images

Auch nach dem Rückzieher gingen die Demonstrationen in kleinerem Rahmen weiter; die Landwirte forderten noch mehr Zugeständnisse. Die Regierung versprach unter anderem, eine Entschädigung für die Familien von mehr als 500 Bauern zu zahlen, die den Angaben der Landwirte zufolge bei den Protesten ihr Leben verloren hatten.

Zudem wird Landwirten in Neu Delhi, die zu Beginn des Winters Erntereste auf ihren Felder abbrennen, Straffreiheit zugesichert. Die Bauern tragen mit diesem Vorgehen zur starken Luftverschmutzung bei; über Neu Delhi hängt häufig dichter Smog.

Manche Wirtschaftsexperten sehen die jüngste Wende kritisch. Sie fürchten nach eigener Darstellung, dass die Entscheidung, die Reform aufzuheben, jede Aussicht auf eine Lösung der Probleme in der Agrarindustrie zunichtemacht. "Die Regierung wird politische Erwägungen wie Wahlen in den Bundesstaaten immer über vernünftige wirtschaftspolitische oder umweltpolitische Überlegungen stellen", sagte Mihir Swarup Sharma von der Denkfabrik Observer Research Foundation der Nachrichtenagentur AFP.

jj/rb (dpa, afp, rtr, ap)