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PolitikIndien

Indiens Premierminister Modi auf Stimmenfang

Murali Krishnan
3. Mai 2024

Bei den Parlamentswahlen setzt der indische Premierminister Narendra Modi auf Hindu-Nationalismus und die Spaltung der Wählerschaft. Indiens Muslime bezeichnet er als "Eindringlinge".

Narendra Modi auf einer Wahlveranstaltung
Narendra Modi möchte zum dritten Mal in Folge Premierminister werdenBild: Vishal Bhatnagar/NurPhoto/picture alliance

Mitten in den Parlamentswahlen, die sich in Indien über mehrere Wochen ziehen, wird Premierminister Narendra Modi vorgeworfen, mit anti-muslimischen Parolen um hinduistische Wähler zu werben.

Ende April hielt Modi auf einer riesigen Wahlveranstaltung in Banswara, im Bundesstaat Rajasthan im Westen des Landes, eine Rede, die gleich in mehrfacher Hinsicht polarisierend war. Käme die wichtigste Oppositionspartei, die Kongresspartei, an die Macht, behauptete er, würde sie den Reichtum Indiens unter "Eindringlingen" verteilen. Seine provokanten Äußerungen werden von vielen als Versuch gewertet, die mehrheitlich hinduistische Wählerschaft der Partei zu mobilisieren.

Wahlkampf mit den Spannungen zwischen Hindus und Muslimen

"Als sie (die Kongresspartei) an der Macht waren, sagten sie, die Muslime hätten als erste Anspruch auf den Reichtum des Landes", sagte Modi in seiner Rede. "Sie werden all euren Wohlstand nehmen und ihn unter denen verteilen, die mehr Kinder haben, unter den Eindringlingen." 

"Sollte euer schwer verdientes Geld Eindringlingen gegeben werden? Würdet ihr das akzeptieren?", fragte Modi seine Zuhörer.

Trotz der Empörung, die auf seine Äußerungen folgte, wiederholte Modi seine Aussagen wenige Tage später bei Wahlkampfveranstaltungen in Malda in West-Bengalen und Araria in Bihar. Die Spaltung zwischen Hindus und Muslimen ist damit wieder Teil des politischen Diskurses.

Die Bharatiya Janata Party (BJP), die Partei des Premierministers, wird voraussichtlich an der Macht bleiben. Doch viele Beobachter sind schockiert über Modis aggressive Polemik und die Behauptung, die Kongresspartei plane eine Umverteilung sozialer Güter an Muslime.

Die Rhetorik gegen Muslime sei Teil einer Strategie, Hindu-Wähler zu mobilisieren, glauben politische Analysten, denn die Führung der BJP ist beunruhigt: Bislang war nicht nur die Wahlbeteiligung in den ersten beiden Wahlphasen mäßig, auch die allgemeine politische Stimmung richtet sich momentan gegen die gegenwärtigen Machthaber.

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Die Wahlen, die am 19. April begannen und bis zum 1. Juni dauern werden, finden in sieben Phasen statt. Die Wahlergebnisse sollen drei Tage später veröffentlicht werden. Modi hofft darauf, zum dritten Mal in Folge Premierminister zu werden.

Seine Reden seien ein Zeichen dafür, dass die BJP sich Sorgen mache, potentielle Wähler zu verlieren, vermutet die erfahrene politische Kommentatorin Neerja Chowdhury im Gespräch mit der DW. "Auf meinen Reisen kann ich nicht feststellen, dass es bei diesen Wahlen um Hindus gegen Muslime geht. Aber angesichts der Wahlbeteiligung hat die BJP einen Gang hochgeschaltet. Sie hatten das Gefühl, es müsse etwas geschehen, um die Wähler zu begeistern. So sind wir bei diesem politischen Thema angelangt", stellt sie fest.

Verletzt Modi die Regeln des Wahlkampfs?

Immer mehr Oppositionsführer und Angehörige der Zivilgesellschaft reagieren auf Modis Polemik. Das lenkt die Aufmerksamkeit auf die Regeln der indischen Wahlkommission (ECI).

Der Verhaltenskodex der ECI verbietet es Politikern, auf der Grundlage von "Kasten" oder dem Gefühl kommunaler Zugehörigkeit um Wählerstimmen zu werben. Wahlkampagnen sollen außerdem Differenzen zwischen den Gemeinschaften nicht verschärfen oder gegenseitigen Hass oder Spannungen schüren.

Doch die ECI hat es bisher abgelehnt, sich zu äußern oder zu handeln.

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Mallikarjun Kharge, Präsident der Kongresspartei, beschreibt Modis Äußerungen als "Hassrede" und eine "gut durchdachte Strategie". Er drängt die ECI, "diese neueste Beschwerde zur Kenntnis zu nehmen und umgehend ein Verfahren gegen Narendra Modi und die Bharatiya Janata Party einzuleiten".

Der Generalsekretär der marxistisch-kommunistischen Partei Indiens CPI (M), Sitaram Yechury, forderte, offiziell Klage gegen Modi zu erheben wegen der "Anstiftung zu Ablehnung und Hass zwischen den Gemeinschaften".

Mehr als 90 ehemalige Beamte haben ebenfalls beim ECI Beschwerde eingereicht. Sie fordern Maßnahmen gegen Modi, weil seine Aussagen Feinseligkeiten gegen Minderheiten provozieren würden. Und sie warnten, weitere Äußerungen würden das Umfeld für eine freie und faire Wahl beeinträchtigen.

Die Hindu-nationalistische Agenda der BJP

Seit die BJP im Jahr 2014 an die Macht kam, verfolgt sie eine hinduistisch-nationalistische Politik, die religiöse Minderheiten isoliert. Hassreden und Gewalt gegen die 210 Millionen Muslime des Landes haben seitdem stark zugenommen.

Seit 1989 lautet die zentrale Ideologie der BJP "Hindutva". Ihr zufolge bilden die Werte des Hinduismus die Eckpfeiler der indischen Gesellschaft und Kultur. Kritiker beklagen, dass Angehörige religiöser Minderheiten durch die aggressive Hindutva-Politik der BJP als "Bürger zweiter Klasse" behandelt würden.

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"Eine anti-muslimische Rhetorik gehört schon lange zur BJP, aber während des aktuellen Wahlkampfs wurde ein neuer Tiefpunkt erreicht", kommentiert Journalistin und Autorin Saba Naqvi im Gespräch mit der DW.

Der politische Kommentator und Schriftsteller Salil Tripathi verfolgt die Wahlen von seinem Wohnort New York aus. Er ist der Meinung, die "Verzweiflung" habe die BJP dazu getrieben, es mit der alten Strategie der Polarisierung zu versuchen und die Angst vor einer muslimischen Übernahme Indiens zu schüren. "Die Äußerungen nähren die Ängste und sollen die Hindus aufschrecken. Sie sind gefährlich und offen spalterisch", sagt Tripathi zur DW.

Die ersten beiden Phasen der Wahlen sind abgeschlossen, es bleiben noch fünf weitere. Ob sich die Wähler von Modis Worten beeinflussen lassen, ist noch nicht klar. In der Vergangenheit haben Versuche, die Wählerschaft zu polarisieren der BJP keine Wahlvorteile gebracht.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

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