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Durch optimiertes Strommanagement lassen sich die Netze stabil halten.

Bernward Janzing23. Juli 2012

Was zunächst bizarr klingen mag, hat durchaus seinen Sinn: Deutsche Unternehmen sollen Geld bekommen, wenn sie bei knappem Stromangebot - etwa bei Windflaute - ihre Produktion drosseln oder gar stoppen.

Die aufgehende Sonne taucht am 7.12.2001 das Bayer-Werk in Leverkusen mit seinen Schornsteinen in ein rötliches Licht. Bei trockenem und kaltem Wetter soll am Wochenende wieder die Sonne strahlen, die Temperaturen fallen auf null bis fünf Grad.
Bild: picture-alliance/dpa

Im Gegensatz zu den fossilen Energien und der Atomkraft sind die regenerativen Energien, also vor allem Wind und Solarkraft, starken Schwankungen unterworfen. Herrschen Flaute und Dunkelheit, ist weniger Strom vorhanden, scheint die Sonne und bläst der Wind, gibt es Energie im Überfluss - die nur leider von den vorhandenen Stromnetzen nicht transportiert werden kann. 

Diese Schwankungen können über Reservekraftwerke und Stromspeicher abgefedert werden. Allerdings sind das teure Vorhaben. Viel günstiger wäre es, den Stromverbrauch anzupassen, und hier sind gerade die energieintensiven Industrien gefragt.

Stromverbrauch um einige Prozent reduzierbar  

Das größte Potenzial für Stromreduzierungen bieten Chemieindustrie und Metallverarbeitung. Geeignet sind vor allem Heiz- oder Kühlprozesse sowie Elektrolysen und Pumpen, die nur zeitweise benötigt werden. Der Energiebedarf von zweieinhalb Großkraftwerken können in den Industriebetrieben in Deutschland für eine Stunde gefahrlos abgestellt werden, heißt es bei der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München.

Produktion auf Vorrat bei günstiger Energie

Ein Beispiel: Carbid ist ein Vorprodukt für chemische Prozesse. Die Produktion dieser Kohlenstoffverbindung braucht sehr viel Strom, aber es ist lagerfähig. Das heißt, es kann durchaus sinnvoll sein, Carbid auf Vorrat zu erzeugen - nämlich immer dann, wenn es gerade viel Strom im Netz gibt, wenn Energie also billig zu haben ist. Bei knappem Angebot von Strom kann die Carbidproduktion ruhen.

Ähnlich verhält es sich in der Zementindustrie und der Metallherstellung. Zementfabriken erzeugen in einem stromintensiven Prozess Klinker als Vorprodukt, und der lässt sich lagern. Und auch die stromfressende Elektrolyse in Aluminiumfabriken lässt sich bei Bedarf ohne Probleme für ein bis zwei Stunden vom Netz nehmen.

Bei viel Strom aus Wind- und Sonnenkraft im Stromnetz ist vor allem die Steuerung von Großverbrauchern sinnvoll

Produktlager statt Stromspeicher 

Dass Unternehmen durch Veränderung der Nachfrage das Stromnetz stabilisieren ist nicht neu. Bis zum Ende des letzten Jahrhunderts war dies auch in Deutschland der Fall. "Vor der Liberalisierung haben wir im Sommer, wenn im Land geringer Strombedarf herrschte, bestimmte stromintensive Produkte auf Halde erzeugt", sagt Christof Bauer, Leiter Chemical Energy Management vom Chemiekonzern Evonik. "Wir haben also unser Produktlager wie einen hocheffizienten Stromspeicher genutzt". Hocheffizient deshalb, weil "bei der Lagerung der Produkte keinerlei Verlust auftritt, während die Zwischenspeicherung von Strom in Pumpspeichern oder Batterien immer mit erheblichen Umwandlungsverlusten verbunden ist."

Doch so sinnvoll eine energieabhängige Produktion sein kann, in Deutschland werde sie heute kaum mehr praktiziert, weil der Anreiz fehle, bedauert Bauer. Das überrascht im ersten Moment, weil im Zuge der Energiewende viel vom großen Bedarf an Stromspeichern gesprochen wird. Doch es sind die Regeln des deutschen Strommarktes, die die Industrie hemmen, als Energiespeicher zu fungieren. Für die Firmen ist es derzeit finanziell attraktiv, ihren Stromverbrauch möglichst konstant zu halten, egal wie die Angebotssituation im Netz sich gerade darstellt.

Neue Regelung in Deutschland ab 2013?

Für die deutsche Energiewende ist die Steuerung des industriellen Stromverbrauchs jedoch sinnvoll und wirtschaftlich attraktiv. Bis zum Spätsommer soll eine Abschaltverordnung vorliegen, heißt es nun aus dem Wirtschaftsministerium. Zum Jahresbeginn 2013 könnte diese in Kraft treten. Zugleich räumt das Ministerium aber auch ein, dass das Thema "sehr komplex" sei - was man in der Praxis wohl so interpretieren darf, dass es auch deutlich länger dauern kann.

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