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Deutsche Produktion sinkt erneut

7. September 2023

Seit drei Monaten in Folge sinkt die Produktion der deutschen Unternehmen. Vor allem die Industrie ist angeschlagen. Doch wie sieht die Zukunft aus?

Mitarbeiter der Heidelberger Druckmaschinen AG vor einer Druckmaschine
Mitarbeiter der Heidelberger Druckmaschinen AGBild: Uwe Anspach/dpa/picture alliance

Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im Juli den dritten Monat in Folge heruntergefahren und tun sich schwer in der Konjunkturflaute. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 0,8 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang von 0,5 Prozent gerechnet, nach minus 1,4 Prozent im Juni.

"Das ist kein wirkliches Desaster, aber wieder eine Zahl, die das anhaltende Abbröckeln der Konjunktur unterstreicht", sagte LBBW-Analyst Jens-Oliver Niklasch. "Das dritte Quartal dürfte einen Rückgang der Wirtschaftsleistung bringen."

"Über der Industrie hängen weiter dunkle Wolken"

Die angeschlagene Industrie hat zu Beginn des zweiten Halbjahrs einen neuen Dämpfer hinnehmen müssen: Die Aufträge brachen im Juli mit einem Minus von 11,7 Prozent so stark ein wie seit über drei Jahren nicht mehr. Im Juni und im Mai gab es noch kräftige Zuwächse, für die vor allem Großaufträge sorgten - insbesondere aus der Luft- und Raumfahrtbranche. Diese fielen diesmal weg. Von Juni auf Juli produzierte die Industrie 1,8 Prozent weniger.

Die Industrieproduktion habe sich insgesamt "noch nicht von ihrer Schwäche erholt", erklärte das Wirtschaftsministerium. Wegen der eingetrübten Erwartungen der Unternehmen und der schwachen Entwicklung der Auftragseingänge sei zudem eine "spürbare Erholung der Industrieproduktion noch nicht absehbar".

"Über der Industrie hängen weiter dunkle Wolken", sagte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. "Der Schrumpfmodus hat den Sektor nach wie vor fest im Griff, tiefer war das Produktionsniveau zuletzt im Pandemie-Umfeld." Die Produktionsräder dürften vorerst langsamer laufen - "dies auch, weil der Bausektor noch Federn lassen wird". Die schwache Weltwirtschaft und hohe Energiepreise sorgten für einen düsteren Ausblick.

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Die Produktion von Investitionsgütern ging im Juli um 2,9 Prozent zurück, bei Konsumgütern sank sie um 1,0 Prozent, die Herstellung von Vorleistungsgütern fiel um 0,7 Prozent. Außerhalb der Industrie stieg die Energieerzeugung im Juli um 2,2 Prozent und die Bauproduktion um 2,6 Prozent.

Auch die maue Exportwirtschaft und die hohen Energiepreise befördern den Abschwung. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) erwartet, dass die deutsche Wirtschaftsleistung dieses Jahr um 0,5 Prozent schrumpfen wird.

Düsterer Ausblick auf kommende Monate

"Offensichtlich schlägt die schwache Nachfrage mehr und mehr auf die Produktion durch, auch weil die Unternehmen ihre Auftragsbestände eher als zu klein ansehen", beurteilt Ralph Solveen von der Commerzbank die Lage. „In den kommenden Monaten dürfte sich die Abwärtstendenz in der Industrie fortsetzen und mit dazu beitragen, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte schrumpft."

Der deutschen Industrie sind zu Beginn der zweiten Jahreshälfte die Aufträge so stark weggebrochen wie seit über drei Jahren nicht mehr, hatte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitgeteilt. Das Neugeschäft schrumpfte im Juli um 11,7 Prozent im Vergleich zum Vormonat,

Wenig optimistisch für die nahe Zukunft ist auch Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.  "Das ist kein guter Start ins dritte Quartal", meint er. "Gemessen am Auftragsbestand hätte eigentlich im laufenden Jahr bei der Industrieproduktion mehr drin liegen müssen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag der Auftragsbestand im Juni bei einer Reichweite von 7,2 Monaten und damit noch immer auf relativ üppigem Niveau."

Die Industrieproduktion würde nun seit mehr als zwei Jahren vor sich hindümpeln. Zwar fiele der Produktionsindex nicht deutlich, es zeige sich aber auch keine Aufwärtstendenz. "Anders sieht es hingegen beim Blick auf den Produktionsindex energieintensiver Branchen aus, dort sticht der bemerkenswerte Abwärtstrend sofort ins Auge", so Gitzel. Die insgesamt dahindümpelnde Industrieproduktion passe zur Entwicklung des deutschen Bruttoinlandsproduktes, dem ebenfalls jegliche Dynamik abhandengekommen sei. "Die Industrie wird im zweiten Halbjahr keine positiven Beiträge zum Bruttoinlandsprodukt liefern können", glaubt der Experte. "Die energieintensive Produktion bleibt ein Belastungsfaktor. Das zweite Halbjahr sollte deshalb recht schnell abgeschrieben werden. Die Hoffnungen beruhen jetzt schon auf einem besseren Jahr 2024."

iw/dk (afp, rtr)

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