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Gianni Infantino: Der Nachfolger

Marko Langer
5. Juni 2019

Als Sepp Blatter als FIFA-Herrscher auf Druck der Justiz weggespült wurde, hofften viele nach allen Skandalen auf einen Neuanfang an der Spitze des Fußballweltverbandes. Doch sie bekamen: Gianni Infantino. Nun bis 2023.

69. Fifa-Kongress in Paris | Infantino wiedergewählt
Nach seiner Wiederwahl per Akklamation: FIFA-Chef Gianni InfantinoBild: AFP/F. Fife

Wer ist Gianni Infantino? Auf diese Frage wird man viele Antworten bekommen, je nachdem, mit wem man spricht. Als der Schweizer neulich in Berlin mit dem FC Bayern den Gewinn des DFB-Pokals und damit das Double feierte, sagte Klubchef Karl-Heinz Rummenigge: "Ich finde es außergewöhnlich, dass er heute Abend da ist. Gianni, herzlich willkommen. Ich finde das toll, dass Du heute Abend mit uns feierst."

Das Verhältnis zwischen dem mächtigsten Mann im Weltfußball und den Deutschen ist ein spezielles, dazu später mehr. Der Antwort auf die Frage, wer eigentlich dieser Giovanni Vincenzo Infantino ist, geboren am 23. März in Brig in der Schweiz und Vater von vier Töchtern, kommt man zunächst näher, wenn man sein Porträt auf der Homepage des Fußball-Weltverbandes liest. Dort erfährt man, dass der Mann sieben Sprachen spricht und schon in seiner früheren Funktion "eine führende Rolle im Kampf gegen soziale Missstände und Gefahren für die Integrität des Fußballs in Europa" gespielt habe.

Der Scheich verlor

Ein Hinweis darauf, dass der glatzköpfige und nur selten ohne Krawatte auftretende Infantino vor seiner Wahl in das mächtigste Amt des Weltfußballs im Februar 2016 Generalsekretär des europäischen Verbandes UEFA war. Die "Süddeutsche Zeitung" erinnerte am Tag der jetzigen Wiederwahl Infantinos daran, dass die Korruptionsskandale im Weltfußball damals nicht nur FIFA-Präsident Joseph "Sepp" Blatter aus dem Amt trugen, sondern mit und nach ihm auch die jüngeren Funktionäre Michel Platini (UEFA) und Wolfgang Niersbach (DFB). Infantino, damals fast alternativlos? Nein, damals gab es mit Scheich Salman Bin Ibrahim aus Bahrain immerhin noch einen Gegenkandidaten. Doch der Scheich verlor.

Fatma Samoura, Generalsekretärin der FIFABild: picture-alliance/dpa/E. Baledent

Wer also ist dieser Infantino? Platini und Niersbach hätten sicherlich einige interessante Geschichten zu erzählen, wenn sie sich denn öffentlich dazu äußern würden. Als der smarte Manager-Typ aus der Schweiz ins Amt kam, installierte er als Generalsekretärin mit Fatma Samoura eine zwar sehr welterfahrene Frau aus dem Senegal, die als wichtiges Signal für den afrikanischen Kontinent gelten konnte. Die aber mit Fußball bis dahin nichts am Hut hatte und erkennbar dem neuen Mann an der Spitze kaum gefährlich werden kann. Kleines Handbuch der Machtpolitik, Grundregeln.

Kattner ging

Und außerdem: Der im Interregnum der Skandal-Vorgänge im Jahr 2015 aus dem Schatten hervorgetretene FIFA-Finanzchef Markus Kattner, in Bayreuth geboren, musste in der Organisation bald seinen Dienst quittieren. Von (zu) hohen Bonuszahlungen für den Finanzmann war die Rede, aber auch von einem angespannten Verhältnis zwischen Interimschef Kattner und Infantino.

Und spätestens damit wäre man wieder beim Verhältnis zwischen den Deutschen und Infantino. Vielleicht war es Pech, dass man beim Deutschen Fußball-Bund zwischenzeitlich keine bessere Idee hatte, als Reinhard Grindel zum Präsidenten und damit zum Vertreter in den internationalen Gremien des Fußballs zu machen. Grindels Schicksal wurde letztlich mit der Annahme einer protzigen Uhr besiegelt: Der ungeliebte Präsident musste am 2. April zurücktreten, nachdem die Kritik an seiner Amtsführung unüberhörbar geworden war und er zugab, dass er "durch mein wenig vorbildliches Handeln in Zusammenhang mit der Annahme einer Uhr Vorurteile gegenüber haupt- oder ehrenamtlichen Tätigen im Fussball bestätigt habe". Seit diesem Debakel in der DFB-Spitze sitzen die Deutschen trotz der Bedeutung der Fußball-Bundesliga international eher in der zweiten Reihe.

Im Abseits. Eine Falle

Dass Infantino zuletzt mit seinen Ideen für neue oder erweiterte Turnierformate wie die reformierte Klub-WM in die Kritik geraten ist, steht auf einem anderen Blatt. Mit einer dubiosen Investment-Offerte über 25 Milliarden Dollar von namentlich nicht genannten Geldgebern für Vermarktungsrechte konnte sich der Schweizer zuletzt nicht durchsetzen. So sehr er sich auch die Konsolidierung der FIFA-Finanzen als Erfolg anrechnen lässt. Sylvia Schenk von "Transparency International" sagte im DW-Interview, Infantino habe Fehler gemacht, seine Organisation aber auch vorangebracht. Auf dem Weg dorthin traf sich Infantino mehrfach diskret mit dem Schweizer Bundesanwalt und Chefermittler Michael Lauber, was von den Gegnern des FIFA-Chefs immer wieder ins Feld geführt wird. Doch bislang ohne Nachteile für den Funktionär. 

Dass er mit dem jetzigen UEFA-Präsident Aleksander Ceferin einen durchaus ernst zu nehmenden Gegenspieler gefunden hat, hat an der Wiederwahl Infantinos nichts geändert. Nicht einmal per geheimer Wahl wurde der Schweizer beim Weltkongress in Paris bis zum Jahr 2023 bestätigt. Eine Akklamation reichte am Ende. Einen Gegenkandidaten gab es sowieso nicht mehr. Infantino, nun wirklich fast alternativlos.

Reinhard Rauball (l.) spricht für den DFB, seit Präsident Reinhard Grindel (r.) abtreten mussteBild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Und der DFB? Hat zugestimmt im Pariser Messezentrum an der Porte de Versailles. Kaum noch vernehmbare Kritik an Infantino. Dem Ligachef und DFB-Interimspräsidenten Reinhard Rauball kam die Aufgabe zu, diesen Standpunkt zu erklären: "Wir sind hier nicht angetreten, um den DFB noch weiter ins Abseits zu stellen, als er ohnehin schon ist." Abseits - da ist ja im Sportreporter-Deutsch auch oft von einer Falle die Rede. Infantino sagte hingegen nach seiner Wiederwahl: "Heute ist ein glücklicher Tag, heute ist ein Feiertag." Er bedankte sich sicherheitshalber bei allen, " die mich lieben und die mich hassen - ich liebe alle heute."

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