Die Inflation in Deutschland liegt weiter deutlich über der Sieben-Prozent-Marke. Der Preisauftrieb verliert aber den zweiten Monat in Folge etwas an Tempo.
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Die hohe Inflation in Deutschland hat sich im Juli den zweiten Monat in Folge leicht abgeschwächt. Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich nur noch 7,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit 7,4 Prozent gerechnet. Im Juni hatte die Jahresinflationsrate noch bei 7,6 Prozent gelegen und im Mai bei 7,9 Prozent. Die Zahlen scheinen zu bestätigen, was das Münchner Ifo-Institut am Vormittag vermeldet hatte: Dass die Inflation in Deutschland ihren Höhepunkt aller Voraussicht nach erreicht hat.
Neueste Daten deuten laut Ifo-Institut auf ein Abklingen der Inflation hin. Laut jüngster Umfrage der Münchner Forscher hat der Anteil der befragten Firmen weiter abgenommen, die in den kommenden drei Monaten ihre Preise erhöhen wollen. Die Preiserwartungen der Unternehmen seien im Juli das dritte Mal in Folge gesunken.
Der Indikator sank auf 47,4 Punkte, von zuvor 52,9, wie das Institut am Donnerstag weiter mitteilte: "Die Preise dürften zwar weiter steigen, allerdings wird sich das Tempo verlangsamen. Damit hat die Inflation ihren Hochpunkt voraussichtlich erreicht und wird im Verlauf der zweiten Jahreshälfte allmählich zurückgehen", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
Lebensmittelhandel gegen den Trend
Die Preiserwartungen der Unternehmen schlagen sich laut dem Experten in der Regel mit ein paar Monaten Verzögerung in den Verbraucherpreisen nieder. Spürbar gesunken sind die Preiserwartungen vor allem in den Wirtschaftszweigen, deren Produktion dem Konsum vorgelagert ist. Dazu zählen unter anderem das Baugewerbe und die Industrie. Aber auch bei den konsumnahen Dienstleistungen (Gastgewerbe, Freizeit, Kultur, Unterhaltung) dürften die Preise laut Ifo langsamer steigen.
Lediglich im Lebensmitteleinzelhandel ist noch kein Ende der spürbaren Verteuerung in Sicht. Wie bereits in den Monaten zuvor gaben alle vom Ifo befragten Händler an, ihre Preise anheben zu wollen.
Inflation: Wenn alles teurer wird
Alles wird teurer! Wohl selten hat das in Deutschland so gestimmt wie in diesen Monaten. Verbraucher leiden unter einer massiven Teuerungswelle. Wir zeigen die am stärksten betroffenen Produkte.
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Energie wird knappes Gut
Größter Treiber der Teuerung ist der massive Anstieg bei den Energiepreisen. Nach Angaben des Vergleichsportals Check24 haben die im Jahresvergleich um 58 Prozent zugelegt. Angesichts der nach wie vor unsicheren Lage dürfte da keine Entspannung in Sicht sein. Das belastet Industrie und Verbraucher gleichermaßen.
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Der Preis der Wärme
Verbraucher müssen sich auf einen teuren Winter einstellen, zumindest laut den offiziellen Zahlen der Regierung: Die zeigen, dass Heizöl im Juni 2022 bereits 89 Prozent teurer ist als im Juni letzten Jahres. Laut Statista war Heizöl mit rund 123 Cent pro Liter so teuer wie noch nie in Deutschland. Zum Vergleich: Noch vor sechs Jahren kostete der Liter 49 Cent.
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Auch Autofahrer leiden
Auch herkömmliche Kraftstoffe sind stark betroffen: Diesel kostete im März 2,14 Euro - ein historisches Hoch. Der Anstieg der Spritpreise belastet Verbraucher direkt und trägt zur Teuerung vieler Importgüter bei, da oft in Dollar bezahlt werden muss. Für etwas Entlastung an der Zapfsäule sorgt der "Tankrabatt", aber nur noch bis Ende August.
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Stromaufwärts
Auch Strom wird immer mehr zum Luxusgut. Laut dem Vergleichsportal Verivox legten die Stromkosten innerhalb eines Jahres um 32 Prozent zu auf 40,64 Cent pro Kilowattstunde. Maßnahmen, wie die Abschaffung der sogenannten EEG-Umlage, entlasten Verbraucher zwar kurzzeitig, werden aber vom steigenden Grundpreis praktisch aufgefressen.
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Volle Schränke, leere Geldbörsen
Auch in den Supermärkten ist die Inflation angekommen - mit bedenklichen Folgen vor allem für Menschen mit schmalem Geldbeutel. Insgesamt kosten Lebensmittel laut dem Statistischen Bundesamt ca. 12,7 Prozent mehr als im letzten Jahr. Obwohl es Anzeichen gibt, dass die Teuerungswelle in den nächsten Monaten wieder abnimmt, hält sich Optimismus derzeit noch in Grenzen.
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Butter-Krise
So mancher muss sich In den kommenden Monaten auf Brot ohne Butter einstellen. Denn viele Buttermarken knacken die Drei-Euro-Marke. Milchbauern leiden unter den Folgen des Ukraine-Kriegs, der Importkosten für Futter und auch sonstige Herstellungskosten stark in die Höhe treibt. Verbraucher greifen daher verstärkt zu den Eigenmarken der Discounter.
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Die kleine Ölkrise
Nicht nur Erdöl wird durch den Ukraine-Krieg knapp: Weltweit kommen 65 Prozent des Sonnenblumenöls aus der Ukraine und Russland. Durch die russische Invasion ist der Transport vor allem aus den Häfen am Schwarzen Meer stillgelegt. Mit merkbaren Folgen: allein von April bis Mai wurden Sonnenblumen- und Rapsöle um 23,2 Prozent teurer.
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Ohne Mehl kein Brot
Auch Weizenmehl ist von der Teuerungswelle betroffen. Und da gehen Preise besonders senkrecht in die Höhe: Ein Kilo Weizenmehl kostet zum Halbjahr 2022 um die 93 Cent - eine Steigerung um ganze 127 Prozent zum Vorjahr. Damit ist zu erwarten, dass viele andere Waren, vor allem Brot, sich ebenfalls weiter verteuern werden.
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Das gibt's billiger!
Ist denn wirklich alles teurer geworden? Nein, Bahnfahren ist, dank des zeitlich befristeten 9-Euro-Tickets, günstiger geworden, nach Angaben des Statischen Bundesamtes um zehn Prozent. Sogenannte "kombinierte Personenbeförderungsleistungen" wurden sogar um 62 Prozent günstiger.
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ul/hb (rtr, dpa, afp)
Der Artikel wurde mit der aktuellen Inflationsrate aktualisiert.