1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Merkel soll sich für Assange einsetzen

12. Juli 2021

Nach dem Willen zahlreicher Unterstützer soll die Kanzlerin bei ihrem voraussichtlich letzten Treffen mit US-Präsident Biden für eine Freilassung des Wikileaks-Gründers eintreten.

Julian Assange
Bild: Java

Rund 120 Politiker, Künstler und Journalisten haben an Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, sich bei ihrem Besuch von US-Präsident Joe Biden in dieser Woche für die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange einzusetzen. "Wir bitten Sie inständig, helfen Sie, im Fall Julian Assange Brücken zu bauen", heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden gemeinsamen Schreiben an Merkel vom 11. Juli. Die Kanzlerin will Biden am Donnerstag bei ihrem wohl letzten USA-Besuch vor dem Ausscheiden aus dem Amt nach der Bundestagswahl in Washington treffen.

Schriftsteller Günter Wallraff als Initiator

Zu den Unterzeichnern des von dem Enthüllungsjournalisten und Schriftsteller Günter Wallraff initiierten Briefes an Merkel gehören parteiübergreifend Abgeordnete von CDU, SPD, FDP, Linke und Grünen, mehrere Ex-Minister wie Sigmar Gabriel (SPD), Gerhart Baum (FDP), Oskar Lafontaine (Linke), die Schriftstellerin Elfriede Jelinek sowie die Herausgeberin der Frauenzeitschrift "Emma", Alice Schwarzer.

Kanzlerin Angele Merkel und US-Präsident Joe Biden beim G7-Gipfel im Juni in Cornwall Bild: Jack Hill/Getty Images

Assange hatte kürzlich im Londoner Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh seinen 50. Geburtstag gefeiert. Die US-Justiz wirft Assange vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan sowie eine riesige Zahl diplomatischer Depeschen gestohlen und auf der Internet-Plattform Wikileaks veröffentlicht zu haben. Damit sei das Leben amerikanischer Informanten in vielen Ländern in Gefahr gebracht worden. Für die US-Ermittler ist Assange ein Spion, sie fordern seine Auslieferung.

"Eine starke, bleibende humanitäre Geste"

Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten. Die Unterzeichner bitten Merkel in dem Schreiben, in ihren Gesprächen mit Biden deutlich zu machen, "wie wichtig es im Sinne der Verteidigung der Pressefreiheit ist, die Klage gegen den Wikileaks-Gründer fallen zu lassen, damit er in Freiheit im Kreise seiner Familie gesundheitlich genesen kann". Die Kanzlerin wird zudem gebeten, für Assange "eine humanitäre und für den US-Präsidenten eine gesichtswahrende Lösung zu finden", heißt es weiter. "Es wäre eine starke, bleibende humanitäre Geste zum Ende Ihrer Amtszeit und für Präsident Joe Biden schließlich Gelegenheit, die Ära Donald Trump auch im Sinne des Schutzes von Presse- und Meinungsfreiheit gänzlich hinter sich zu lassen."

Anlässlich des 50. Geburtstages von Assange am 3. Juli fordern Unterstützer in London seine Freilassung Bild: Hasan Esen/AA/picture alliance

Der Umgang mit Assange sei "mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht zu vereinbaren, die schlimmen Haftbedingungen sind ein humanitärer Skandal", heißt es in dem Brief an die CDU-Politikerin weiter. Angesichts der bedrohlichen gesundheitlichen Verfassung von Assange bestehe dringender Handlungsbedarf. Es liege in der Hand von Biden, das von dessen Amtsvorgänger gestartete juristische Verfahren gegen Assange zu beenden und die Klage fallen zu lassen.

Es drohen bis zu 175 Jahre Haft

Assange war 2012 vor der Auslieferung in Ecuadors Botschaft in London geflüchtet. Dort bekam er Asyl - bis sich in dem südamerikanischen Land der Wind drehte. 2019 konnte die ganze Welt dabei zusehen, wie Assange trotz heftiger Gegenwehr aus der Botschaft gezerrt wurde. Ein Gericht in London hatte den Auslieferungsantrag der USA im Januar wegen der schlechten psychischen Gesundheit Assanges und der zu erwartenden Haftbedingungen in den Vereinigten Staaten abgelehnt. Assange kam aber dennoch nicht auf freien Fuß, weil die USA Berufung einlegten. Der High Court in London hatte erst in der vergangenen Woche die Berufung in "beschränkter Weise" zugelassen.

Stella Morris, die Verlobte von Assange, und ihre Kinder bei einer Solidaritätskundgebung nahe dem britischen ParlamentBild: Jonathan Brady/PA via AP/picture alliance

Nun muss Assange auf den Ausgang dieses Verfahrens warten. Dem Australier drohen nach Angaben seiner Verlobten Stella Morris weiterhin die Auslieferung an die USA und eine Verurteilung zu 175 Jahren Haft. Morris setzt darauf, dass die neue US-Regierung unter Biden die Anklage gegen ihren Partner fallen lässt.

sti/ehl (dpa, kna)